Kliniken dürfen Patienten im Notfall bis zum Beginn der Reha zu Lasten der GKV weiterbehandeln
Das Bundessozialgericht (BSG) befasst sich in seinem Urteil vom 19. November 2019 – B 1 KR 13/19 – mit der Frage, wer die Kosten für eine stationäre Weiterbehandlung in einem Akutkrankenhaus zu tragen hat, wenn ein Patient nur noch stationärer Reha-Leistungen bedarf, ein Platz für die geplante Reha jedoch nicht rechtzeitig verfügbar ist. Im dem zugrunde liegenden Streitfall hatte ein Krankenhaus einen Patienten wegen einer chronisch-obstruktiven Lungenkrankheit mit akuter Exazerbation behandelt. Auf Antrag bewilligte die Krankenkasse eine stationäre Anschlussheilbehandlung zur medizinischen Rehabilitation in einer Lungenfachklinik und informierte das Krankenhaus anschließend über den Termin, zu dem ein Platz in der Rehaklinik frei sei und eine Aufnahme des Patienten erfolgen könne. Da der Patient beatmet werden musste, behandelte das Krankenhaus den Patienten bis zu diesem Tag weiter stationär, um ihn dann nahtlos in die Reha-Einrichtung zu entlassen.
Die Krankenkasse vergütete die Kosten der Krankenhausbehandlung zunächst vollumfänglich, rechnete jedoch später einen Teil dieser Kosten gegenüber unstreitigen Vergütungsforderungen des Krankenhauses auf. Sie war der Ansicht, die Krankenbehandlung des Patienten sei in den letzten zehn Tagen nicht mehr erforderlich gewesen. Dass die Rehaklinik nicht ausreichend und zeitnah Plätze anbiete, dürfe nicht
zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung gehen. Nachdem bereits die Vorinstanzen die Krankenkasse zur Rückzahlung verurteilt hatten, wies nun auch das BSG die Revision der Krankenkasse ab. Das BSG kommt zu dem Ergebnis, dass der Träger einer Rehabilitationsmaßnahme für die Kosten einer vollstationären Weiterbehandlung des Patienten aufkommen muss, wenn nach einer Krankenhausbehandlung ein Platz für die geplante Reha nicht rechtzeitig verfügbar sei.
Es handele sich insoweit um einen Notfall, für den der Reha-Träger aufkommen müsse. Insoweit gälten die Rechtsgrundsätze über die ärztliche Notfallversorgung entsprechend. Voraussetzung sei allerdings, dass sich das Krankenhaus um eine nahtlose Anschlussrehabilitation bemühe und eine vorübergehende Entlassung des Patienten aus medizinischen Gründen nicht in Frage komme. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass vorliegend eine stationäre Versorgung des Patienten mit Beatmung aus medizinischen Gründen erforderlich gewesen sei. Dies habe das Krankenhaus aufgrund der Notfallsituation in Vertretung für die Rehaklinik sichergestellt, weil kein zugelassener Leistungserbringer für die unmittelbar im Anschluss an die Krankenhausbehandlung erforderliche Leistung verfügbar gewesen sei. Folglich sei die Aufrechnung der Krankenkasse mangels Erstattungsanspruch ins Leere gegangen, so dass dem Krankenhaus der geltend gemachte Vergütungsanspruch für die Behandlung des Patienten vollumfänglich zustehe.
Fazit: Weiterbehandlung bis zum Beginn der Reha zu Lasten der GKV
Die Entscheidung des BSG schließt die bestehende unbewusste Regelungslücke in SGB V und SGB IX hinsichtlich stationärer medizinischer Reha im Notfall und schafft somit Klarheit bezüglich der Kostentragung in solchen Fällen.