Bestandsaufnahme frühzeitig starten
Der Lagebericht soll in Zukunft detaillierte Informationen zu Nachhaltigkeitsaspekten wie Umweltrechten, sozialen Rechten, Menschenrechten und Governance-Faktoren einschließen. Hierbei ist es essenziell, dass die nachhaltigkeitsbezogenen Ziele, Maßnahmen und Ergebnisse klar und verständlich für die Adressaten des Lageberichts dargestellt werden. Bei diesem Prozess müssen die umfassenden Richtlinien der EU-Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (European Sustainability Reporting Standards – ESRS) unbedingt berücksichtigt werden.
Die Informationsbeschaffung und die Implementierung der standardkonformen Berichterstattung werden erfahrungsgemäß einen erheblichen zeitlichen Vorlauf in den Bereichen Beschaffung, Controlling, Küche, Personal, Technik und Finanzbuchhaltung benötigen. Nachhaltigkeitsbeauftragte und Geschäftsführung sollten daher folgende Hinweise berücksichtigen:
- Legen Sie frühzeitig Verantwortlichkeit, Strategie und Kommunikation fest.
- Führen Sie frühzeitig eine Wesentlichkeitsanalyse der Nachhaltigkeitsaspekte durch.
- Identifizieren Sie die wesentlichen Handlungsfelder (z. B. Emissionsreduzierung, Gebäude, Lebensmittel); wie hoch sind die CO2-Einsparungen und welche Maßnahmen sind notwendig?
- Klären Sie die Datenerfassung und die Berichtsabläufe mit Ihrem Abschlussprüfer.
Vor dem Hintergrund der knappen Zeitschiene und der Komplexität einer CSRD-konformen Berichterstattung empfehlen wir, bereits in den nächsten Monaten eine Bestandsaufnahme und eine Wesentlichkeitsanalyse umzusetzen.
Ausgangspunkt Wesentlichkeitsanalyse
Die Wesentlichkeitsanalyse ist ein wichtiger Bestandteil der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Sie ist der Ausgangspunkt für die Identifizierung der wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte eines Unternehmens. Diese Aspekte sind dann in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu berücksichtigen. Die Erkenntnisse aus der Wesentlichkeitsanalyse ermöglichen hierbei eine entsprechende Identifikation der nachhaltigkeitsbezogenen Risiken bzw. der notwendigen Anpassung des Risikomanagements.
Negative oder positive Auswirkungen, die das Unternehmen – in Bezug auf ESG-Aspekte (Environment, Social und Governance) – auf die Umwelt und die Menschen hat oder haben könnte (sog. „Impact Materialität“), müssen in der Analyse näher betrachtet werden. Auch ist die finanzielle Materialität zu prüfen. Demnach ist ein ESG-Aspekt zu betrachten, wenn er wesentliche finanzielle Auswirkungen auf das Unternehmen nach sich zieht (oder dies erwartet wird). Risiken und Chancen, die sich innerhalb von kurz-, mittel- und/oder langfristigen Zeithorizonten unter anderem wesentlich auf Cashflows, Kapitalkosten oder Immobilien auswirken, müssen näher betrachtet werden.
ESRS 1 legt fest, dass das Unternehmen für die wesentlichen Aspekte seine Richtlinien, Maßnahmen und Ziele zur Bewältigung dieser Auswirkungen offenlegen muss. Falls das Unternehmen noch keine Richtlinien oder Ziele umgesetzt hat, ist darzulegen, wann und wie eine Umsetzung erfolgt. Am Ende der Wesentlichkeitsanalyse sollten daher immer eine Definition und eine Priorisierung der wesentlichen Handlungsfelder stehen, die entsprechend Eingang in die Implementierungsstrategie finden. Im Fokus aktueller Projekte stehen hierbei insbesondere die Themen
- Dekarbonisierungsstrategie,
- Abfall- und Wasserreduktion,
- Bewohner- bzw. Patientensicherheit,
- Mitarbeiterzufriedenheit sowie
- Compliance und Digitalisierung.
Strategische Chancen nutzen
Gesundheits- und Sozialunternehmen sollten bereits heute die zukünftige Nachhaltigkeitsberichterstattung berücksichtigen. Insbesondere in den Themenfeldern Immobilie und Personal ergeben sich in den nächsten Jahren enorme Chancen, aber auch Risiken durch die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Entsprechende Weichenstellungen sollten bereits heute erfolgen.
Um beispielsweise die anspruchsvollen Energieeffizienz- und Klimaziele zu realisieren, wurden in den letzten Jahren die Rechtsvorschriften zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden verschärft. Darüber hinaus sind die Betreiber von Gesundheitseinrichtungen dazu verpflichtet, die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit der Patienten bzw. Bewohner sowie den Betrieb zu evaluieren. Dies beinhaltet auch die Analyse potenzieller Anpassungslösungen wie Gebäudekühlung und Sonnenschutzsysteme.
Die Vorgaben sollen sicherstellen, dass Immobilien einen hohen Energiestandard erfüllen und eine geringe Umweltbelastung verursachen. Zusätzlich wird erstmals eine ökologische Bewertung über den gesamten Lebenszyklus der Immobilien durchgeführt. Hierbei werden alle Umweltauswirkungen, die mit dem Bau, dem Betrieb und der Entsorgung der Immobilie im Zusammenhang stehen, vollumfänglich berücksichtigt. Die umfassende Betrachtung ermöglicht es den Trägern, Transparenz zu schaffen und die finanziellen Möglichkeiten und Risiken einer nachhaltigen Immobilie zu evaluieren.
Nach den Vorgaben der CSRD werden Unternehmen zukünftig verpflichtet, Angaben über Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf Mitarbeiter in der Wertschöpfungskette näher zu beleuchten. In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Information, ob eine systematische Analyse der Lieferanten (z. B. Einhaltung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten) erfolgt bzw. ein Verhaltenskodex für Lieferanten existiert, von zentraler Bedeutung. Dies betrifft insbesondere Arbeitnehmergruppen, die in Branchen mit hohem Kosten-, Leistungs- und Zeitdruck arbeiten.
Außerdem müssen Unternehmen Angaben über die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten auf ihre eigenen Beschäftigten machen. Dies betrifft insbesondere die Aspekte „Gesundheitsschutz und Sicherheit“ (z. B. Maßnahmen zur Vermeidung von Arbeitsunfällen), „Arbeitsbedingungen“ (z. B. Arbeitszeiten) sowie „Soziale Beziehungen“ (z. B. Angaben zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie).
Die Implementierung der Governance-Faktoren in die Nachhaltigkeitsberichterstattung bedingt eine Überprüfung bestehender Abläufe des internen Kontroll- und Risikomanagementsystems sowie der personellen Zusammensetzung der Leitungs- und Aufsichtsorgane.
Wirtschaftlicher Druck und Klimaschutzfahrplan
Die Implementierung des ESRS E1 „Klimawandel“ nimmt eine zentrale Position in der umfassenden Transformation ein. Dieser Standard definiert eine Vielzahl von Leistungsindikatoren, die erstmals offen kommuniziert werden müssen. Die Betreiber sind ab dem Jahr 2025 angehalten, in sich wiederholenden Fünfjahreszeiträumen klare Ziele zur Reduktion von Emissionen zu formulieren und Meilensteine sowie den Grad der Zielerreichung transparent darzulegen. Dies beinhaltet auch die Ausarbeitung konkreter Aktionspläne. Der initiale Zielzeitraum (z. B. 2026 bis 2030) wird als Ausgangsbasis ein aktuelles Referenzjahr zwischen 2022 und 2025 haben. Die aus betrieblichen Aktivitäten resultierenden Treibhausgasemissionen werden standardisiert in CO2-Äquivalenten (in Tonnen) angegeben. Schrittweise sollten die Betreiber eine trägerspezifische Klimaneutralität anstreben und diesen Prozess in einem langfristigen Klimaschutzfahrplan dokumentieren, der auch für externe Parteien verständlich ist. Es ist von Bedeutung, die finanziellen Auswirkungen der notwendigen Maßnahmen im Zusammenhang mit den angestrebten Emissionseinsparungen zu berücksichtigen.
Die umfassende Betrachtung der laufenden und investiven Aufwendungen verdeutlicht den langfristigen finanziellen Handlungsspielraum des Betreibers. Daher ist es für Unternehmen wesentlich, bereits im Vorfeld Investitionsbedarfe, potenzielle Finanzierungslücken und mögliche Anpassungen des Geschäftsmodells strategisch zu analysieren. Gegenwärtige Förderprogramme im Bereich Klimaschutz weisen häufig Limitierungen auf, weshalb es erforderlich ist, alternative Finanzierungsoptionen zu identifizieren.
Grundsätzlich gilt es zu berücksichtigen, dass die Transformation zu einem nachhaltigeren Geschäftsmodell zunächst (regelmäßig) mit erhöhten Investitionskosten verbunden ist. Angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen ist es daher von entscheidender Wichtigkeit, eine umfassende Kosten-Nutzen-Analyse durchzuführen, um die langfristigen finanziellen Auswirkungen besser einzuschätzen. Mit Hilfe von Szenarioanalysen lassen sich unterschiedliche Transformationspfade betrachten und optimierte Strategien entwickeln.
Fazit
Bereits ab 2025 müssen zahlreiche Unternehmen eine prüfungspflichtige Nachhaltigkeitsberichterstattung vorlegen und offenlegen. Zur Vermeidung von Haftungsrisiken und Reputationsschäden müssen die Unternehmen zeitnah einen laufenden ESG-konformen Überwachungs- und Berichterstattungsprozess implementieren. Hierbei können, soweit schon vorhanden, bestehende Prozesse und Richtlinien (z. B. Compliance, Beschaffungsrichtlinie, EMAS) entsprechend integriert werden.