Coronavirus: Krankenhausentlastungsgesetz und seine Auswirkungen auf Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen

COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz – Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit von Krankenhäusern

Am 25. März 2020 wurde das Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Über die Inhalte haben wir im Rahmen der Entwurfsfassung des Bundesgesundheitsministeriums mit Information vom 23. März 2020 bereits berichtet.

Im Kern lässt sich feststellen, dass die Entlastung der Krankenhäuser auf Grundlage des bestehenden Systems der Krankenhausfinanzierung vorgenommen wird, das wiederum im Jahr 2020 eine wesentliche Anpassung mit der Einführung des Pflegebudgets erfahren hat.  

Die verabschiedeten Maßnahmen zielen darauf ab, auf der einen Seite eine verminderte stationäre Belegung für eine bestimmte Zeit finanziell auszugleichen und auf der anderen Seite zusätzliche stationäre Kapazitäten für Intensivpatienten zu schaffen. Die Maßnahme Erlösausfall „freies Bett“ kann nicht eine eventuell verminderte Fallschwere bei den tatsächlich belegten Betten berücksichtigen. Auf der anderen Seite sieht die Kalkulation des Erlösausfalles „freies Bett“ die Berücksichtigung von z. B. entfallenden ärztlichen und nichtärztlichen Wahlleistungen vor. In den Bereichen der Erlöse aus ambulanten Leistungen, Nutzungsentgelte der Ärzte sowie sonstigen betrieblichen Erträgen dürften Umsatzvolumina wegbrechen. 

Die gesetzlichen Vertreter von Krankenhausträgern haben grundsätzlich dafür Sorge zu tragen, dass die Zahlungsfähigkeit ihrer Organisationen erhalten bleibt. Hierfür müssen sie fortlaufend entsprechende Planungsrechnungen vornehmen. Dabei gilt es, sowohl die individuellen Verhältnisse der einzelnen Einrichtungen aktuell zu bewerten als auch die oben aufgeführten Stützungsmaßnahmen der Bundesregierung zu berücksichtigen. Die Anfertigung von Planungsrechnungen, die die aktuellen Rahmenbedingungen vollständig abbilden, dürfte dabei teilweise sehr komplex sein.

Neben dieser grundsätzlichen Verpflichtung der gesetzlichen Vertreter ist für die Jahresabschlüsse zum 31. Dezember 2019 mit Lageberichten die Notwendigkeit gegeben, dass insbesondere im Rahmen der Prognoseberichterstattung die aktuelle Entwicklung mit einbezogen wird, da die Realisierung der Planannahmen für das Jahr 2020 nicht mehr gegeben sein dürfte. Ziel sollte es sein, dass die absehbaren wesentlichen Veränderungen in Bezug auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage dargestellt werden.

COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz: Liquiditätsbetrachtung – Simulationsrechnung

Krankenhausverantwortliche werden aktuell mehr denn je beim Balanceakt zwischen Zahlungsfähigkeit und freien Behandlungskapazitäten herausgefordert. 

Vor dem Hintergrund des Erfordernisses, fortlaufende Planungsrechnungen vorzunehmen, hat die Solidaris in interdisziplinärer Zusammenarbeit der Fachbereiche Wirtschaftsprüfung und Unternehmensberatung ein Simulationstool entwickelt, mit dessen Hilfe sich präzise und plausible Entwicklungsszenarien für die betreffenden Krankenhäuser abbilden lassen. So können zum Beispiel valide Aussagen zum prognostizierten Leistungsrückgang und den damit einhergehenden Auswirkungen auf die Ergebnis- und Liquiditätssituation abgeleitet werden. Zudem können mit dem Tool wichtige Erkenntnisse  zur Verhandlungsstrategie beim Pflegebudget und zum Deckungsbeitrag aus den Ausgleichszahlungen im Rahmen des Krankenhausfinanzierungsgesetzes gewonnen werden.

Auf der Grundlage entsprechender Kosten- und Leistungsdaten, welche den einzelnen Krankenhäusern grundsätzlich vorliegen (Datensatz gem. §21 KHEntgG und Wirtschaftsplanung), sowie gemeinsam erarbeiteter weiterer Annahmen, wie z.B. Dauer des Krisenzeitraumes, prozentualer Belegungsrückgang und Veränderung der Case-Mix-Struktur, werden unterschiedliche Szenarien für die Entwicklung der Erlöse aus Krankenhausleistungen und der sonstigen Erlöse, der Personalaufwendungen sowie des Lebensmittel- und des medizinischen Sachbedarfs simuliert. Diese Szenarien werden stets in Abhängigkeit von individuellen Struktur- und Leistungskennzahlen (Fallzahlen, Pflegetage, Case-Mix, Pflegepunkte etc.) betrachtet.

Das Kalkulationstool der Solidaris nimmt dabei alle für das Krankenhaus wesentlichen Aspekte aus dem COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz auf. Somit werden neben den Fördermitteln für die Vorhaltung von Bettenkapazitäten für COVID-19-Patienten sowohl die zusätzliche Vergütung von Schutzkleidung und die strukturbedingten Mehraufwendungen als auch die Erhöhung des Pflegeentgeltwertes berücksichtigt.

Das Tool ermöglicht außerdem die Integration der aktuellen Wirtschaftsplanung. Durch das bewusst hoch angesetzte Aggregations- und Auswertungsniveau (andere Berechnungsschemata erfordern eine Abweichungsanalyse auf Ebene der einzelnen DRG) lassen sich schnell steuerungsrelevante Informationen generieren, welche einen aufwandsgerechten Erkenntnisgewinn garantieren. Bei Bedarf kann auf Basis des Simulationsprogramms ein entsprechendes Management-Cockpit erstellt werden, welches die Entwicklungsszenarien in adressatengerechter Form darstellt.

Wir unterstützen Sie gerne bei der systematischen Analyse der Entwicklung Ihrer Zahlungsfähigkeit unter Einbeziehung der individuellen wirtschaftlichen Entwicklung und der aktuellen Stützungsmaßnahmen der öffentlichen Hand. Gerne stellen wir Ihnen hierfür unser Simulationstool auf Anfrage zur Verfügung und entwickeln mit Ihnen gemeinsam in einem persönlichen Video- bzw. Telefongespräch die möglichen Szenarien. Sprechen Sie uns an.

COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz: Checkliste für die Planungsrechnung

Ausgehend von der Corona-Pandemie und nach Einführung des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetzes hat die Solidaris eine Checkliste mit wesentlichen Aspekten aus dem genannten Gesetz entwickelt. Die Checkliste soll Ihnen bei der Anpassung Ihrer Planungsrechnung nach Einführung des COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz dienen. Alle genannten Aspekte finden ebenfalls Anwendung im Kalkulationstool der Solidaris. Bitte sprechen Sie uns bei Fragen zu einzelnen Aspekten oder dem Wunsch nach weitergehenden Informationen an. 

COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz – Rettungsschirm für die ambulante und stationäre Pflege

erstellt durch Matthias Appel und Tobias Winterhalter

 

Die fortschreitende Pandemie wirkt sich zunehmend auch auf den gesamten Pflegesektor aus. Derzeit ist zu beobachten, dass am Coronavirus erkrankte Pflegekräfte quarantänebedingt ausfallen, Einsätze bei Klienten, die virale Symptome aufweisen, länger andauern oder Pflegeeinsätze aus Angst vor Ansteckung von Seiten besorgter Klienten bzw. deren Angehörigen ganz abgesagt werden. Darüber hinaus führen Corona bedingte Schließungen von Tagespflegeeinrichtungen und das Verbot von Neuaufnahmen zu erheblichen Umsatzeinbrüchen in den Pflegeeinrichtungen. 

Vor dem Hintergrund der aktuellen Gefährdungslage hat die Bundesregierung im März 2020 die Sicherstellung der pflegerischen Versorgung mit allen Mitteln als Primärziel vorgegeben. Durch das „Gesetz zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen (COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz)“ wurden deshalb insbesondere Grundlagen zur finanziellen Absicherung der gesamten Pflegebranche getroffen. Im Kern wird die bestehende Pflegeinfrastruktur durch den neu eingeführten § 150 SGB XI unterstützt. 

Erstattung Corona bedingter Mehrausgaben und Mindereinnahmen 

Die von der vom Coronavirus ausgelösten Pandemie betroffenen Pflegeeinrichtungen können einen Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber der Pflegeversicherung für ihre außerordentlichen Aufwendungen und Mindereinahmen im Rahmen ihrer Leistungserbringung geltend machen, soweit die entstandenen Kosten nicht anderweitig (z.B. über Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz, Kurzarbeitergeld) abgedeckt werden können. Gemäß den aktuellen Verlautbarungen des GKV-Spitzenverbandes und des Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung können die folgenden Aufwendungen unbürokratisch geltend gemacht werden: 

  • Zusätzliche Schutzausrüstung: Mehrausgaben für Sachmittel wie Schutzkleidung, Mundschutz, Schutzbrillen und Desinfektionsmittel
  • Zusätzliche Personalkosten: erhöhte Personalausgaben (z.B. durch vorübergehend eingestelltes Fremdpersonal, Mehrarbeitsstunden und Personalaufstockung); von den gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben und Rahmenbedingungen zur Personalausstattung kann abgewichen werden
  • Ausgleich von Mindereinnahmen: Dieser bezieht sich auf die Leistungsbeträge der Pflegeversicherung und die finanziellen Anteile der Pflegebedürftigen wie Unterkunft, Verpflegung und den Einrichtungseinheitlichen Eigenanteil (EEE), die der Einrichtung Corona-bedingt fehlen 

Anzeigepflicht im Falle wesentlicher Beeinträchtigung der Leistungserbringung

Es besteht die Verpflichtung, eine wesentliche Beeinträchtigung der Leistungserbringung umgehend gegenüber einer Pflegekasse anzuzeigen. Hierbei genügt die Anzeige an eine als Partei des Versorgungsvertrages beteiligte Pflegekasse. Hiermit soll die pflegerische Versorgung sichergestellt werden, indem gemeinsam mit den Pflegekassen ein flexiblerer Personaleinsatz abgestimmt wird. Dies kann beispielsweise dadurch erfolgen, dass Kooperationen mit anderen Pflegeinrichtungen geschlossen bzw. Personal aus anderen Bereichen („Tagespflege“) eingesetzt werden kann. Die Möglichkeit dieses flexibleren Personaleinsatzes kann insbesondere Einrichtungen dienen, die eine (derzeit geschlossene) Tagespflege betreiben bzw. aufgrund eines Rückgangs der Nachfrage von Seiten der Klienten freie Kapazitäten aufweisen. Als wesentliche Beeinträchtigungen, die eine Anzeigepflicht auslösen, gelten beispielsweise

  • nicht kompensierbare krankheits- oder quarantänebedingte Ausfälle des Personals der Pflegeeinrichtung,
  • höherer Aufwand bei der Versorgung von durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 erkrankten Pflegebedürftigen,
  • pandemiebedingte Mindereinnahmen im Rahmen der Leistungserbringung,
  • erhöhte Anforderungen durch eine behördlich angeordnete Isolation bzw. Quarantäne.

Praxis-Hinweis

Es ist den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen dringend anzuraten, die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen überschlägig prüfen und den Rettungsschirm in Anspruch nehmen. Bei der Prüfung der Voraussetzungen und der Ermittlung der Corona-bedingten Mehrausgaben und Mindereinnahmen unterstützen wir Sie gern.

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