Der Fall
Der BFH hatte über die Revision einer Kirchengemeinde mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts zu entscheiden. Sie wurde mit Errichtungsurkunde des Bischofs durch Vereinigung mehrerer Kirchengemeinden nach Anerkennung der bischöflichen Urkunde durch den zuständigen Regierungspräsidenten als Körperschaft des öffentlichen Rechts errichtet, die damit faktisch die Rechtsnachfolge der Kirchengemeinden im Gebiet der bisherigen Kirchengemeinden antrat.
Zum Zeitpunkt der Zusammenlegung der Kirchengemeinden waren zwei der Kirchengemeinden zu 80% und zu 20% an einer grundbesitzenden GmbH beteiligt.
Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass durch den Übergang des Kirchenvermögens auf die Kirchengemeinde 100 % der Anteile an der GmbH in der Hand der neu errichteten Kirchengemeinde vereinigt worden seien. Dabei handle es sich um einen nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgang. Das Finanzgericht bestätigte dies – wir berichteten.
Hiergegen wendet sich die Kirchengemeinde im Rahmen der Revision vor dem BFH.
Die Entscheidung
Der BFH hat die Revision der Kirchengemeinde als unbegründet zurückgewiesen. Die Vereinigung aller Anteile an einer grundbesitzenden GmbH in der Hand einer durch Vereinigung von Kirchengemeinden neu errichteten Kirchengemeinde unterliege der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG zu dem Zeitpunkt, an dem die staatliche Anerkennung gemäß § 6 KathKiGemVbgBek NW wirksam erteilt werde. Für die Erfüllung des Tatbestands des § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG sei es ausreichend, dass die Anteilsvereinigung Folge des innerkirchlichen Umstrukturierungsvorgangs ist. § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG setze seinem Wortlaut nach gerade keinen Rechtsvorgang bürgerlichen oder öffentlichen Rechts voraus. Maßgeblich sei allein der fiktive Erwerb der Grundstücke aufgrund der Vereinigung der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft.
Die Besteuerung nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG als Folge der staatlich anerkannten Bildung oder Veränderung von Kirchengemeinden verstoße auch nicht gegen das kirchliche Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV, da die Besteuerung nicht in dessen Schutzbereich eingreife. Das kirchliche Selbstbestimmungsrecht garantiere den Kirchen die Freiheit, ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes selbständig zu ordnen und zu verwalten. Die Regelungen des materiellen Steuerrechts gehörten jedoch zu dem für alle geltenden Recht, das auch die Kirchen als juristische Personen des öffentlichen Rechts zu beachten hätten.
Auch griffen Steuerbefreiungstatbestände nicht. Von der Besteuerung sind gemäß § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG unter anderem Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes ausgenommen. Zwar sei § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG dem Grunde nach auch anwendbar, wenn eine schenkweise Übertragung von Gesellschaftsanteilen zu einer Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG führe. Es liege jedoch keine schenkweise Übertragung von Geschäftsanteilen vor, da die neu errichtete Kirchengemeinde die Geschäftsanteile nach can. 121 CIC und damit aufgrund gesetzlicher Anordnung und nicht aufgrund einer Leistung der vereinigten Gemeinden erhalten habe. Eine freigebige Zuwendung liege nicht vor.
Der Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 1 GrEStG liege ebenfalls nicht vor. § 4 Nr. 1 GrEStG nehme unter den weiteren Voraussetzungen Erwerbsvorgänge von Grundstücken durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts von der Besteuerung aus, wenn das Grundstück aus Anlass des Übergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben oder aus Anlass von Grenzänderungen von der einen auf die andere juristische Person übergehe. Anteilsvereinigungen oder -übergänge nach § 1 Abs. 3 GrEStG begünstige sie jedoch nicht.
Praxis-Hinweis
Immer häufiger werden Kirchengemeinden zu größeren Kirchengemeinden zusammengelegt. Die Entscheidung des BFH stellt klar, dass in diesem Zusammenhang ein besonderes Augenmerk auf die Verwirklichung von Grunderwerbsteuer auslösenden Tatbeständen zu legen ist.