Finanzgericht Münster weist Klage gegen durchgeführte Feststellung erneut ab
Kommt es durch die Fusion von Kirchengemeinden zu einer Anteilsvereinigung bei einer grundbesitzenden Gesellschaft, fällt Grunderwerbsteuer an – so hat das Finanzgericht (FG) Münster entschieden (Urteil vom 17. Juni 2021 – 8 K 364/21 GrE).
Der konkrete Fall
Im vorliegenden Fall hatte der Bischof im Jahr 2007 mehrere Kirchengemeinden – allesamt Körperschaften des öffentlichen Rechts – durch kirchliches Dekret unter Übergang und Zuführung des gesamten Vermögens der Kirchengemeinden fusioniert und mittels Errichtungsurkunde eine neue Kirchengemeinde, ebenfalls eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, errichtet. Diese wurde dann auch staatlicherseits durch die Bezirksregierung anerkannt. Zwei der Kirchengemeinden hielten Anteile – zusammen 100 % – an derselben (steuerbegünstigten) Gesellschaft, die nunmehr sämtlich der neuen Kirchengemeinde gehörten. Das Finanzamt hat eine Anteilsvereinigung im Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 GrEStG angenommen und einen Steuerbescheid erlassen. Nachdem in einem ersten Rechtszug der Bundesfinanzhof den Bescheid und die bestätigenden Urteile wegen eines falschen Stichtages aufgehoben hatte (BFH, Urteil vom 4. März 2020 – II R 35/17), hat das FG Münster die Klage gegen den Bescheid nun erneut abgewiesen.
Die Urteilsbegründung des Finanzgerichts Münster
Das FG hat eine Anteilsvereinigung angenommen, da mindestens 95 % der GmbH-Anteile in der Hand eines Gesellschafters vereinigt wurden (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG). Dabei sei es unerheblich, auf welcher Rechtsgrundlage dies erfolgte – hier einem bischöflichen Dekret als „einer hoheitlichen Maßnahme im Rahmen des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts, die dem Vollzug einer kirchlichen Organisationsentscheidung diene.“ Denn nach Auffassung des FG kommt es auf den zivilrechtlich wirksamen Rechtsübergang an, und auch kirchliche Rechtsträger unterliegen diesen staatlichen Regelungen. Die Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrssteuer knüpfe an den Rechtsträgerwechsel an und sei im Übrigen auch unabhängig von Gemeinnützigkeit und Gemeinwohlorientierung.
Auch andere Tatbestände, die eine Steuerfreiheit rechtfertigen würden, lägen nicht vor: Da das Vermögen nach kanonischem Recht übergegangen sei, liege keine freigebige Zuwendung im Sinne von § 3 Nr. 2 GrEStG vor. Die Ausnahme von der Besteuerung nach § 4 Nr. 1 GrEStG – der Erwerb eines Grundstücks durch eine juristische Person öffentlichen Rechts, wenn das Grundstück aus Anlass des Übergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben oder aus Anlass von Grenzänderungen übergeht – sei ebenfalls nicht einschlägig. § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG fingiere nämlich einen Grundstücksübergang auf die Klägerin als Anteilserwerberin von der GmbH, nicht jedoch den Rechtsverkehr zwischen zwei Körperschaften des öffentlichen Rechts.
Fazit
Bei der Fusion von Kirchengemeinden ist darauf zu achten, ob es dadurch auch zu einer Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzhaltenden GmbH kommen kann. In diesem Fall hätte die Grunderwerbsteuer beispielsweise vermieden werden können, wenn 6 % (heute: 11 %) der Anteile zuvor an einen fremden Dritten gegeben worden wären. Kritisch ist zukünftig die neue Rechtslage nach dem zum 1. Juli 2021 geänderten Grunderwerbsteuergesetz: Hier kommt es nach § 1 Abs. 2b GrEStG nicht mehr nur auf die Anteilsvereinigung an, sondern es genügt bereits, wenn 90 % oder mehr der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft „übergehen“ und „neue“ Gesellschafter die Anteile erhalten – wie hier zu 100 % die neu entstandene Kirchengemeinde.