Verwaltung des Zivildienstes kann Zweckbetrieb sein

Nach einer aktuellen Entscheidung des Bundesfinanzhofs stellt die entgeltliche Verwaltung des Zivildienstes durch einen gemeinnützigen Verein einen Zweckbetrieb § 65 AO dar, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden.

Gemäß Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 15. März 2022 – V R 46/19 – stellt die entgeltliche Verwaltung des Zivildienstes durch einen gemeinnützigen Verein einen Zweckbetrieb nach § 65 AO dar, wenn sie den satzungsmäßigen Zwecken des Vereins unmittelbar dient, diese Tätigkeit für die Zweckverwirklichung notwendig ist und ein schädlicher Wettbewerb zu Dritten nicht vorliegt.

Damit widerspricht der BFH der im Anwendungserlass zur Abgabenordnung niedergelegten Auffassung der Finanzverwaltung, wonach die entgeltliche Verwaltung des Zivildienstes für das Bundesamt für den Zivildienst nach § 5a Abs. 2 Zivildienstgesetz (ZDG) einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb begründet (BMF-Schreiben vom 18. August 2015 – IV C 4 - S 0184/11/10001 :001; III C 3 - S 7175/08/10003). Hierbei beruft sich das Bundesfinanzministerium (BMF) auf das BFH-Urteil vom 29. Januar 2009 – V R 46/06, wonach die entgeltliche Übernahme von allgemeinen Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen steuerpflichtig ist.

Der BFH begründet seinen oben genannten Beschluss damit, dass alle drei Voraussetzungen für den Zweckbetrieb nach § 65 AO kumulativ erfüllt waren. Die Tätigkeit des Vereins diente im Rahmen der entgeltlichen Verwaltung des Zivildienstes unmittelbar seinen gemeinnützigen Zwecken nach § 65 Nr. 1 AO. Zu diesen gehörte, dass er sich zugunsten von Menschen in Not „für die Entwicklung, Bereitstellung und Vorhaltung bedarfsgerechter Hilfestrukturen“ einsetzte. Die Übernahme dieser speziellen Verwaltungsaufgaben erfolgte insoweit auch im Rahmen der satzungsmäßigen Zwecke des Vereins, als die Zivildienstleistenden in Beschäftigungsstellen tätig wurden, die Familien- oder Jugend(aus)bildungsstätten unterhalten. Die satzungsmäßigen Zwecke des Vereins umfassten alle Aufgaben sozialer und caritativer Hilfe. Dabei diente die Tätigkeit des Vereins seinen steuerbegünstigten Satzungszwecken, indem er den Zivildienst organisierte und betreute. Er war insoweit in die Zivildienstverwaltung als „unerlässliches Bindeglied“ zwischen den Zivildienstleistenden und den Beschäftigungsdienststellen eingebunden.

Eine schädliche lediglich mittelbare Zweckverwirklichung des Vereins durch die entgeltlichen Verwaltungstätigkeiten im Rahmen des Zivildienstes lag nicht vor, denn der Satzungszweck wurde arbeitsteilig in Zusammenarbeit mit anderen Körperschaften (hier: Zusammenwirken mit den jeweiligen Beschäftigungsstellen) erreicht. Damit förderte der Verein gleichzeitig seine eigenen steuerbegünstigten Zwecke, zu denen die Bereitstellung und Vorhaltung bedarfsgerechter Hilfestrukturen gehörte.

Die gemeinnützigen Zwecke konnten auch nur durch die Tätigkeit der Verwaltung des Zivildienstes verwirklicht werden (§ 65 Nr. 2 AO). Durch seine Betätigung als Beratungs-, Betreuungs- und Fürsorgeeinrichtung für die Zivildienstleistenden und auch für die Einrichtungen der ihm angeschlossenen Vereine sei der Verein weit über die Tätigkeiten einer bloß formal verwaltenden Geschäftsstelle hinausgegangen und habe damit Dienste erbracht, die für eine effektive Durchführung des Zivildienstes unerlässlich waren, aber durch die Hilfseinrichtungen selbst nicht erbracht werden konnten.

Auch sei das BFH-Urteil von 2009, auf das sich das BMF-Schreiben von 2015 (s. o.). stützte, nicht mit dem vorliegenden Fall zu vergleichen, weil es damals um allgemeine Verwaltungsleistungen ging, während es sich hier um spezielle Verwaltungsleistungen handelte, die sachlich auf das Engste mit dem sozialen Einsatz von Zivildienstleistenden verbunden waren. Schließlich verneinte der BFH auch das Vorliegen eines schädlichen Wettbewerbs zu Dritten (§ 65 Nr. 3 AO), der wegen einer hoheitlichen Beleihung nicht gegeben war.

Praxis-Hinweis

Losgelöst vom obigen Sachverhalt können Verwaltungsdienstleistungen für steuerbegünstigte Dritte nunmehr als Kooperation nach § 57 Abs. 3 AO dem Zweckbetrieb zugeordnet werden. Dies erfordert jedoch eine Satzungsänderung aller Beteiligten.

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