Trägerwechsel eines Krankenhauses: Der Versorgungsauftrag darf keine Lücke haben

Das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf hat geurteilt, dass die Berechtigung zur Führung von Budgetverhandlungen eines Krankenhausträgers für das einzelne Krankenhaus nicht von den Einzelregelungen eines zivilrechtlichen Übernahmevertrages des früheren Krankenhausträgers mit dem neuen Krankenhausträger abhängt. Insbesondere soll es nicht entscheidend sein, ob eine umfassende Rechtsnachfolge stattgefunden habe (VG Düsseldorf, Urteil vom 19. April 2023 – VG 21 K 3261/20). Voraussetzung für die Verhandlungsberechtigung sei letztlich der faktische Weiterbetrieb des Krankenhauses und zusätzlich die – gegebenenfalls auch zeitlich nachfolgende – Zuweisung der Rechte und Pflichten aus dem Versorgungsauftrag des Krankenhauses an den betreibenden Krankenhausträger.


Der Fall

Streitgegenständlich vor dem Verwaltungsgericht war die Genehmigung der Festsetzung eines Krankenhausbudgets für ein Krankenhaus im Schiedsstellenverfahren.

Über das Vermögen des vormaligen Krankenhausträgers wurde am 2. Mai 2016 ein Insolvenzverfahren eröffnet und sodann ein vorläufiger Sachverwalter, später ein Insolvenzverwalter bestellt. Im Verlauf des Jahres 2016 erwarb der neue Krankenhausträger Teile des insolventen Krankenhauses. Am 22. August 2016 wurde der bevorstehende Trägerwechsel angekündigt. Mit notariellem Kauf- und Übertragungsvertrags wurden diejenigen Vermögensgegenstände, die durch den Kauf und Übertragungsvertrag dem insolventen Krankenhaus zugeordnet waren, mit Zustimmung des Insolvenzverwalters auf den neuen Rechtsträger übertragen. Die Veräußerung erfolgte als sogenannter Asset Deal. Der Kauf- und Übertragungsvertrag wurde vollzogen; seit dem  2. Januar 2017 betrieb der neue Krankenhausträger das Krankenhaus am Ort der vormaligen Einrichtung.

Mit Feststellungsbescheid vom 2. März 2017 wurde das Krankenhaus mit dem neuen Krankenhausträger ab dem 2. März 2017 in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen. Der vorgehende Feststellungsbescheid vom 21. Dezember 2016 wurde ab dem 2. März 2017 durch diesen Bescheid geändert. Am 20. Dezember 2018 forderte der neue Krankenhausträger die Kostenträger zu Budgetverhandlungen für den Entgeltzeitraum 2017 auf. Kostenträger und Krankenhausträger konnten sich während der Verhandlung im Jahr 2019 nicht über den Budgetzeitraum mit Auswirkung auf die damit korrespondierenden Fallzahlen und die Höhe des Hygiene- und Pflegezuschlags sowie des Ausbildungszuschlags einigen. Der neue Krankenhausträger legte einen Budgetzeitraum vom 1. Januar 2017 bis 31. Dezember 2017 zugrunde, die Kostenträger wollten jedoch lediglich einen Budgetzeitraum vom 2. März 2017 bis 31. Dezember 2017 vereinbaren.

Der neue Träger begründete, dass er der Betreiber des Krankenhauses sei, also derjenige, der das Krankenhaus eigenverantwortlich mit allen Risiken und Nutzen führe. Die Aufnahme oder Nichtaufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausplan habe lediglich deklaratorische Bedeutung. Der Anspruch des Krankenhausträgers, mit den Kostenträgern Pflegesatzverhandlungen zu führen, setze nicht voraus, dass der Krankenhausträger im Feststellungsbescheid als solcher bereits ausgewiesen sei. Krankenhausträger sei nicht derjenige, der im Feststellungsbescheid „als solcher" ausgewiesen sei, sondern wer das Krankenhaus eigenverantwortlich mit allen Risiken und Nutzen führe.

Die Kostenträger argumentierten dagegen, dass der Versorgungsauftrag erst durch den Feststellungsbescheid erteilt werde, insoweit also konstitutive Wirkung habe. Bisherige Bescheide gegenüber dem früheren Krankenhausträger wirkten nicht gegenüber dem Erwerber bzw. dem neuen Rechtsträger. Im Übrigen habe es der neue Rechtsträger selbst in der Hand gehabt, durch frühzeitige Vorlage der notwendigen Prüfunterlagen zur Ausstellung des neuen Feststellungsbescheides rechtzeitig darauf hinzuwirken, dass ein Feststellungsbescheid zum 1. Januar 2017 hätte erstellt werden können. Tatsächlich habe er derartige Unterlagen erst am 19. Januar 2017 vorgelegt.

Die Schiedsstelle schloss sich der Auffassung des neuen Rechtsträgers an. Der neue Rechtsträger habe mit Betriebsaufnahme des Krankenhauses über einen Versorgungsauftrag verfügt . Aus § 16 Abs. 4 KHGG NRW folge unmittelbar, dass die Krankenhausträgereigenschaft unabhängig davon bestehe, ob der Krankenhausträger im Feststellungbescheid ausgewiesen sei. Ein Wechsel in der Trägerschaft des Krankenhauses sei der zuständigen Behörde anzuzeigen. In der Interimszeit bis zur Erstellung des neuen Feststellungsbescheides am 2. März 2017 sei der Versorgungsauftrag des Krankenhauses bestehen geblieben, da dieser sich auf das Krankenhaus selbst und nicht auf den Krankenhausträger beziehe. Ein Trägerwechsel führe nicht zum Erlöschen des Versorgungsauftrages des Krankenhauses, denn das Krankenhaus bleibe weiterhin Inhalt des Krankenhausplans, auch wenn es den Träger wechsle.

Mit Genehmigungsbescheid vom 13. Mai 2020 genehmigte die Bezirksregierung die Schiedsstellenentscheidung mit der Begründung, die Festsetzung der Schiedsstelle entspreche – mit weiterführender Begründung – geltendem Recht.
 

Die Entscheidung

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf beurteilte den Genehmigungsbescheid als rechtmäßig. Es wies darauf hin, dass die Parteien der Budgetverhandlungen und damit auch die Schiedsstelle im Fall der Nichteinigung die Grenzen des Versorgungsauftrages des jeweiligen Krankenhauses zu beachten hätten. Der Versorgungsauftrag sei Maß und Grenze der Entgeltvereinbarungen. Die Vertragsparteien der Entgeltvereinbarung seien zwar nicht berechtigt, den Versorgungsauftrag eines Plankrankenhaus zu erweitern oder einzuschränken. Sie – und damit im Streitfall die Schiedsstelle – müssten jedoch gegebenenfalls durch Auslegung der den Versorgungsauftrag bestimmenden Regelungen dessen Grenzen ermitteln und die Einordnung vornehmen, ob die streitige Krankenhausleistung sich in diesen Grenzen hält. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 KHEntgG a. F. ergebe sich der Versorgungsauftrag bei einem Plankrankenhaus aus den Festlegungen des Krankenhausplans in Verbindung mit den Bescheiden zu seiner Durchführung.

Der neue Träger habe das Krankenhaus im Rahmen eines sogenannten Asset Deals  übernommen, also im Wege der Einzelrechtsnachfolge, bei welcher Vermögenswerte partikular übertragen werden. Das bedeute, dass der neue Träger eben nicht alle Rechte und Pflichten des alten Trägers übernehmen müsse, sondern nur diejenigen, die ihm ausdrücklich übertragen werden. In Bezug auf die Verpflichtung, Budgetverhandlungen für den Zeitraum vor der Übertragung zu führen, habe die Schiedsstelle zu Recht keine solche Verpflichtungen aus dem Vertrag resultierend nachvollziehen können.

Die Kammer vertritt die Auffassung, dass das Schicksal der Verhandlungsberechtigung des neuen Krankenhausträgers für das einzelne Krankenhaus nicht abhängig zu machen sei von den Einzelregelungen des zivilrechtlichen Übernahmevertrages des früheren Krankenhausträgers mit dem neuen Krankenhausträger, insbesondere ob eine umfassende Rechtsnachfolge stattgefunden habe. Eine solche Auffassung hätte zur Voraussetzung, dass die Vertragsparteien entsprechende Regelungen unabhängig von der Berechtigung der Krankenhausplanungsbehörden im Krankenhausplanungsverfahren in ihren zunächst bilateralen Krankenhausfinanzierungsverhandlungen offenlegen und gegebenenfalls auch im Schiedsstellenverfahren der Schiedsstelle zur rechtlichen Überprüfung vorlegen müssten. Dem stehe der Grundsatz entgegen, dass die Vertragsparteien im Rahmen ihrer Vereinbarung ausschließlich den entgeltrelevanten Aspekt ihrer Rechtsbeziehungen regeln.

Die Berechtigung zur Durchführung von Budgetverhandlungen ergebe sich grundsätzlich aus dem Versorgungsauftrag des Krankenhauses. Gleich unter welcher Bezeichnung handele es sich bei dem einzelnen Krankenhaus, für dass das Abrechnungsverfahren durchgeführt würde, um das identische Krankenhaus. Zwischenzeitlich wurde auch nicht mit Wirkung für den alten Krankenhausträger oder den neuen Krankenhausträger eine entsprechende Feststellung aufgehoben, sodass es nicht zu einem krankenhausplanungsrechtlichen Interimszeitraum ohne Planungsgrundlage gekommen sei. Das Krankenhaus wurde stets im Rahmen des Krankenhausplanes weiterbetrieben. Die Schiedsstelle komme zutreffend zu dem Schluss, dass sich der Versorgungsauftrag auf dieses Krankenhaus beziehe und nicht auf den Krankenhausträger, mithin ein Trägerwechsel nicht zum Erlöschen des Versorgungsauftrages des Krankenhaus führe, welcher weiterhin Inhalt des Krankenhausplanes bleibe. Eine Lücke im Versorgungsauftrag des Krankenhauses habe es nie gegeben. Die Schiedsstelle habe konsequent darauf hingewiesen, dass aus § 16 Abs. 4 KHGG NRW folge, dass die Krankenhausträgereigenschaft unabhängig davon bestehe, ob der Krankenhausträger im Feststellungbescheid ausgewiesen sei.

In der Zeit zwischen dem Trägerwechsel und der Entscheidung der Behörde dürfe das Krankenhaus die Versorgung im Umfang der Feststellung auch unter dem neuen Träger fortsetzen, solange die Behörde aufgrund einer drohenden Gefährdung der Versorgung nicht etwas Gegenteiliges anordne.
 

Und nun?

Erfreulicherweise stellt das VG Düsseldorf klar, dass eine formale „Lücke“ im Feststellungsbescheid vor dem Hintergrund eines Trägerwechsel nicht automatisiert zum Erlöschen bzw. Pausieren des Versorgungsauftrages und damit des Vergütungsanspruches führt. Allerdings zeigt dieser Fall auch, welche hohe Bedeutung Vorabstimmungen mit den Planungsbehörden bezüglich einer kurzfristigen Änderung des Feststellungsbescheides beizumessen ist, um gegenüber den Kostenträgern keine offene „Flanke“ zu bieten. Zugleich zeigt dieser Fall auch wieder einmal, dass dem mehrfach seitens des Bundessozialgerichts hervorgehobenen Grundsatz der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Kostenträgern und Leistungserbringern keinerlei Bedeutung mehr zukommt.

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