Krankenhausreform: Revolution im ambulanten Bereich? AOP-Katalog 2024 und Hybrid-DRG-Verordnung

Die Substituierung aktuell stationär erbrachter Behandlungen durch ambulante Leistungen ist eines der zentralen Ziele der aktuellen Krankenhausreformen. Das im Herbst 2022 veröffentlichte IGES-Gutachten ermittelte neben den bis dato vereinbarten gut 2800 Leistungen des AOP-Katalogs weiter 2300 potenziell ambulant erbringbare operative und interventionelle Leistungen. Eine im November 2023 erschienene Analyse der TU-Berlin auf Basis der §21-Falldaten aller deutschen Krankenhäuser der Jahre 2018 bis 2021 zeigte, dass circa 30% der stationären Fälle die Kriterien für ambulante Erbringbarkeit der Leistung gemäß IGES-Definition oder AOP-Katalog erfüllen. Ein Drittel davon auf Basis der im IGES-Gutachten vorgeschlagenen zusätzlichen Leistungen.


Der neue AOP-Katalog 2024

Mit dem neuen AOP-Katalog 2024 war dementsprechend die Erwartung verbunden, dass eine nennenswerte Anzahl der durch das IGES benannten Leistungen neu in den AOP-Katalog Eingang finden würde. Dies ist allerdings nur in geringem Umfang geschehen. Insgesamt weist der AOP-Katalog 2024 nur 201 neue OPS-Kodes auf. Eine wesentliche Neuerung aus dem seitens des IGES vorgeschlagenen Leistungsbereichen sind eine Reihe von Interventionen an den Herzkranzgefäßen, die bis dato fast ausschließlich stationär erfolgen.

Eine weitere wesentliche Neuerung besteht in der Aufnahme gastroenterologischer endosonographischer Leistungen, die insbesondere in der Ersteinschätzung bei Tumorverdacht und in der Verlaufskontrolle von Tumorerkrankungen eine große Rolle spielen. In die gleiche Richtung gehen auch zahlreiche neue Kodes im Bereich diagnostischer Punktionen insbesondere der weilblichen und männlichen Genitalorganen sowie im muskuloskelettalen Bereich, die bei geringer allgemeiner Krankheitslast gut ambulant erbringbar sind. Viele dieser Leistungen waren in der Vergangenheit Gegenstand diagnostischer Einweisungen, deren stationäre Erbringung, ohne unmittelbar folgende onkologische Therapie, seitens des medizinischen Dienstes nicht akzeptiert wurden.
 

Ab 01.01.2024 treten die Hybrid-DRGs in Kraft

Als echte Innovation im Bereich der Leistungserbringung wurden zum 01.01.2024 die Hybrid-DRGs in Kraft gesetzt. Hybrid-DRGs sind Leistungskomplexe, die regelhaft ohne längere Überwachung tagesgleich erbracht werden können aber eine gegenüber rein ambulanten Leistungen eine erhöhte Komplexität aufweisen. Sie werden sektorübergreifend im Krankenhaus und im vertragsärztlichen Bereich gleich vergütet. Aktuell sind zunächst 12 DRG-Leistungskomplexe mit zusammen 244 als OPS-Kodes definiert. Alle diese OPS-Kodes sind auch im AOP-Katalog 2024 gelistet. Allerdings unterscheiden sich die Voraussetzungen der Abrechnung gegenüber den AOP-Leistungen, da in den Definitionen der Hybrid-DRGs entsprechend dem verbindlichen Algorithmus des Groupers auch Kontextfaktoren wie z.B. spezifische Hauptdiagnosen relevant sind.
 

Erweiterung der Hybrid-DRGs wird im 1 Halbjahr 2024 erwartet

Im 1. Halbjahr 2024 wird eine Erweiterung des Hybrid-DRG-Kataloges erwartet. Folgt man der im Referentenentwurf zur Hybrid-DRG Verordnung in Form einer Liste von potenziellen DRGs ausgedrückten Erwartung des Gesetzgebers, so könnte das Leistungsspektrum zeitnah erheblich ausgeweitet werden.

Die Liste der genannten DRGs deckt mit den per Definition hinterlegten OPS die Mehrzahl der 2300 der im IGES-Gutachten erwähnte OPS-Kodes ab, von denen viele noch nicht im aktuellen AOP-Katalog enthalten sind. Aus der Perspektive der Krankenhäuser wären hier eine Reihe an Kodes aus dem Bereich der kardiologischen und gastroenterologischen Diagnostik und dem Bereich der Beckenbodenchirurgie von großem Interesse. Da Hybrid-DRGs höherwertiger als vergleichbare AOP-Leistungen (Krankenhaus) bzw. EBM-Leistungen (Vertragsärzte) vergütet werden besteht für Krankenhäuser ein Anreiz diese einer kompletten Ambulantisierung vorzuziehen.

Gleichzeitig entsteht aber auch für die Vertragsärzte ein attraktiver Markt extrabudgetärer Leistungen, der insbesondere in Ballungsräumen mit guter Fachärztlicher Versorgung zu einer relevanten Konkurrenz für Krankenhäuser werden könnte. Es wird dementsprechend spannend sein zu sehen, ob das neue Leistungsfeld der Hybrid-DRGs zukünftig auch Leistungen außerhalb des von der Selbstverwaltung definierten AOP-Katalogs enthalten wird.

In Anbetracht des expandierenden ambulanten Leistungssegmentes und der steigenden Komplexität in der Abrechnung medizinisch ähnlicher Leistungen als AOP, Hybrid-DRG bzw. DRG scheint es ratsam die üblicherweise getrennt agierenden Organisationseinheiten Indikationssprechstunde, vorstationärer Ambulanz, stationärer Kodierung und ambulanter Abrechnung zu überdenken und gegebenenfalls zu reorganisieren.

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