Krankenhausplanung NRW – erste Ergebnisse veröffentlicht

Die mediale Aufmerksamkeit für die Krankenhausreform des Bundes, die Aktivitäten der Regierungskommission sowie das Ringen von Bund und Ländern um die Definition von Leistungsgruppen und Leveln hat die Krankenhausplanung NRW etwas in den Hintergrund treten lassen.

Nun liegen erste Ergebnisse des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) vor, die auf der Website des Landtages veröffentlicht wurden (https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV18-1310.pdf).

Auf 50 eng bedruckten Seiten werden die über 6.000 von den einzelnen Trägern in den verschiedenen Planungsebenen jeweils beantragten Leistungsgruppen aufgelistet. Transparent wird aufgeführt, welche Leistungsvolumina bzw. jährlichen Fallzahlen angestrebt werden und in welchen Leistungsgruppen im regionalen Planungsverfahren bereits Konsens mit den Krankenkassen erzielt werden konnte. Leider fehlen Angaben zu den tatsächlichen Leistungsmengen der Träger. Unter Zuhilfenahme der jährlichen Qualitätsberichte lassen sich diese jedoch näherungsweise bestimmen.

Die Aufbereitung der PDF-Daten des MAGS ist komplex. Aus diesem Grund haben wir eine Übersicht für Sie aufbereitet. Laden Sie die Excel-Datei hier kostenlos herunter:

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Welche Rückschlüsse lassen sich aus einer ersten Analyse ziehen?

Eine erste Analyse der Daten zeigt, dass bei einem großen Teil des Leistungsvolumens Konsens mit den Kassen besteht. Dies betrifft insbesondere die großen Blöcke der allgemeinen Inneren Medizin, allgemeinen Chirurgie, allgemeinen Frauenheilkunde aber auch der Geburtsmedizin. Hier waren die Anforderungen an die Strukturqualität für die Beantragung niedrig und dementsprechend gering dürfte hier auch die Steuerungswirkung sein.

Ebenfalls spannend ist der hohe Anteil konsentierter Anträge im Bereich der speziellen komplexen internistischen Leistungen, für deren Definition in NRW keine OPS-Kodes, aber ein bestimmter Umfang an vorzuhaltenden qualifizierten Fachärzten herangezogen wurden. Bemerkenswert ist, dass einzelne Träger im Konsens komplexe internistische Leistungsgruppen zugeordnet bekommen haben, obwohl sie hier laut Tabelle keine Leistungsmenge beantragt hatten.

Stark technisch dominierte Leistungen wie beispielsweise die Rhythmologie, die Device-Therapie und die interventionelle Kardiologie sind offensichtlich noch mit deutlich mehr Dissens behaftet.

Auswirkungsanalyse Krankenhausfinanzierungsreform

Die Auswirkungen der Krankenhausfinanzierungsreform sind komplex und mitunter vielschichtig. Wie genau Ihr Unternehmen davon betroffen ist und welche Folgen sich daraus ergeben, ist entsprechend schwierig zu beurteilen. Wir unterstützen Sie mit unserem Quick-Check Krankenhausfinanzierungsreform dabei. In einem prägnanten Bericht identifizieren wir Ihre Chancen und Risiken.

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Tab. 1: Anzahl und Prozentsatz konsentierter Leistungsgruppen sowie die mittlere Fallzahl an den betroffenen Standorten soweit ausgewiesen.

LG-NR.

Leistungsgruppe

Fallzahl konsentiertes Ergebnis (Fälle/Tage)

Anzahl konsentierte Anträge

Prozentsatz konsentiert

mittlere Fallzahl (Fälle/Tage)

01.1

1.1 Allgemeine Innere Medizin

1.418.495

296

95%

4.792

02.1

2.1 Komplexe Endokrinologie und Diabetologie

nicht vorgesehen

51

86%

 

03.1

3.1 Komplexe Gastroenterologie

nicht vorgesehen

199

96%

 

04.1

4.1 Komplexe Nephrologie

nicht vorgesehen

50

91%

 

05.1

5.1 Komplexe Pneumologie

nicht vorgesehen

97

95%

 

06.1

6.1 Komplexe Rheumatologie

nicht vorgesehen

26

90%

 

07.1

7.1 Stammzelltransplantation

1.234

16

55%

77

07.2

7.2 Leukämie und Lymphome

nicht vorgesehen

88

87%

 

08.1

8.1 EPU/Ablation

15.795

67

55%

236

08.2

8.2 Interventionelle Kardiologie

145.679

140

73%

1.041

08.3

8.3 / 13.4 Kardiale Devices

8.004

99

59%

81

08.4

8.4 / 13.3 Minimalinvasive Herzklappenintervention

3.357

15

71%

224

09.1

9.1 Allgemeine Chirurgie

819.867

262

89%

3.129

10.1

10.1 Kinder- und Jugendchirurgie

nicht vorgesehen

26

100%

 

11.1

11.1 Plastische und Rekonstruktive Chirurgie

nicht vorgesehen

47

84%

 

12.1

12.1 Bauchaortenaneurysma

3.245

76

69%

43

12.2

12.2 Carotis operativ/interventionell

6.769

97

76%

70

12.3

12.3 Komplexe periphere arterielle Gefäße

13.919

106

80%

131

13.1

13.1 Herzchirurgie

13.743

19

86%

723

13.2

13.2 Herzchirurgie - Kinder und Jugendliche

325

4

67%

81

13.3

13.3 / 8.4 Minimalinvasive Herzklappenintervention

s.o.

3

100%

 

13.4

13.4 / 8.3 Kardiale Devices

s.o

4

80%

 

14.1

14.1 Endoprothetik Hüfte

27.577

167

68%

165

14.2

14.2 Endoprothetik Knie

25.391

153

68%

166

14.3

14.3 Revision Hüftendoprothese

4.491

141

66%

32

14.4

14.4 Revision Knieendoprothese

4.395

141

68%

31

14.5

14.5 / 25.2 Wirbelsäuleneingriffe

44.575

149

66%

299

15.1

15.1 Thoraxchirurgie

4.410

51

78%

86

16.1

16.1 Bariatrische Chirurgie

1.487

40

49%

37

16.2

16.2 Lebereingriffe

1.123

84

67%

13

16.3

16.3 Ösophaguseingriffe

1.124

62

72%

18

16.4

16.4 Pankreaseingriffe

1.908

95

76%

20

16.5

16.5 Tiefe Rektumeingriffe

3.355

143

71%

23

17.1

17.1 Augenheilkunde

62.502

45

83%

1.389

18.1

18.1 Haut- und Geschlechtskrankheiten

46.571

23

82%

2.025

19.1

19.1 MKG

23.884

25

71%

955

20.1

20.1 Urologie

155.730

77

74%

2.022

21.1

21.1 Allgemeine Frauenheilkunde

144.455

129

84%

1.120

21.2

21.2 Ovarial-CA

1.675

87

69%

19

21.3

21.3 Senologie

14.868

89

77%

167

21.4

21.4 Geburten

140.406

121

86%

1.160

22.1

22.1 Perinataler Schwerpunkt

2.197

56

80%

39

22.2

22.2 Perinatalzentrum Level 1

1.105

52

78%

21

22.3

22.3 Perinatalzentrum Level 2

648

41

73%

16

23.1

23.1 Allgemeine Kinder- und Jugendmedizin

198.044

70

91%

2.829

23.2

23.2 Kinder-Hämatologie und -Onkologie - Stammzelltransplantation

109

9

82%

12

23.3

23.3 Kinder-Hämatologie und -Onkologie - Leukämie und Lymphome

300

19

95%

16

24.1

24.1 HNO

97.136

90

75%

1.079

24.2

24.2 Cochleaimplantate

653

14

58%

47

25.1

25.1 Neurochirurgie

20.889

26

59%

803

25.2

25.2 / 14.5 Wirbelsäuleneingriffe

4.034

15

79%

269

26.1

26.1 Allgemeine Neurologie

135.424

83

70%

1.632

26.2

26.2 Stroke Unit

44.782

75

68%

597

26.3

26.3 Neuro-Frühreha (NNF, Phase B)

1.681

31

46%

54

27.1

27.1 Geriatrie

97.053

150

80%

647

28.1

28.1 Intensivmedizin

428

299

97%

1

29.1

29.1 Palliativmedizin

nicht vorgesehen

138

95%

 

30.1

30.1 Darmtransplantation

4

6

100%

1

30.2

30.2 Herztransplantation

100

8

89%

13

30.3

30.3 Lebertransplantation

125

6

67%

21

30.4

30.4 Lungentransplantation

47

6

75%

8

30.5

30.5 Nierentransplantation

410

9

82%

46

30.6

30.6 Pankreastransplantation

34

8

100%

4

31.1

31.1 Psychiatrie und Psychotherapie und Psychosomatische Medizin und Psychotherapie - vollstationär

1.779.355

53

46%

33.573

31.2

31.2 Psychiatrie und Psychotherapie und Psychosomatische Medizin und Psychotherapie - teilstationär

523.747

91

49%

5.755

32.1

32.1 Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie - vollstationär

309.311

21

62%

14.729

32.2

32.2 Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie - teilstationär

179.612

52

79%

3.454

Bedingt durch die relativ globale Definition stellen sich die Fallmengen in den Leistungsbereichen allgemeine Neurologie, Urologie und Hals-Nasen-Ohrenheilkunde ebenfalls großvolumig da, obwohl hier in der Versorgungsrealität mit Sicherheit große strukturelle Unterschiede im Leistungsumfang, der Portfoliobreite und dem Umfang der Notfallversorgung bestehen. Aus diesen Unterschieden resultiert erfahrungsgemäß eine erhebliche Spreizung der Vorhaltekosten. Im Rahmen der Krankenhausausfinanzierungreform des Bundes ist daher mit hoher Wahrscheinlichkeit eine tiefergehende Differenzierung dieser Leistungssegmente zu erwarten, die dann auch auf Landesebene umzusetzen sein wird. Eine Subdifferenzierung der Urologie beispielsweise in kleinere Eingriffe an der Blase und große Eingriffe an der Prostata (radikale Prostatektomie) wäre durchaus geeignet, unterschiedliche Vorhaltekosten abzubilden.

Gleiches gilt auch für die komplexen internistischen Leistungsbereiche wie beispielsweise die komplexe Gastroenterologie, für deren Definition in NRW aktuell keine OPS-Kodes herangezogen werden. Auch hier ist im Rahmen der Krankenhausreform eine Subdifferenzierung entsprechend den Schweizer Leistungsgruppen (Spitalplanungs-Leistungsgruppen – SPLG) anhand bestimmter Leistungen (OPS) zu erwarten.

Im Gegensatz zu bestimmten operativen Bereichen, in denen die Nichtzuordnung der Leistungsgruppe auch zur Unterlassung der Leistung führen soll, ist dies hier jedoch nicht anzustreben, da die Erbringung dieser Leistungen auch in der Regelversorgung notwendig sein können.

Eine tiefergehende vergleichende Analyse des Leistungsgeschehens zwischen Kliniken, welche beispielsweise die Leistungsgruppe 3.1 (komplexe Gastroenterologie) in NRW beantragt haben, und solchen, die dies unterlassen haben, jedoch über eine allgemeine internistische Versorgung verfügen, haben wir auf Basis der Qualitätsberichte 2021 und unserer eigenen Leistungsgruppensystematik im Folgenden dargestellt.

Tabelle 2: Spezielle gastroenterologische Leistungen in NRW an Standorten mit und ohne Leistungsgruppe 3.1

Leistungsgruppe 3.1

LG_Systematik_Solidaris

Anzahl Standorte

mittlere Anzahl OPS

Summe an OPS

mit LG 3.1

OPS_Endo_Galle_Pankreas

196

164

32.213

mit LG 3.1

OPS_Endosono

196

524

102.774

mit LG 3.1

OPS_ERCP

195

302

58.893

mit LG 3.1

OPS_Koloskopie

198

1.415

280.073

mit LG 3.1

OPS_MDT_Mukosektomie_Endoskopisch

190

47

8.967

mit LG 3.1

OPS_ÖGD

197

1.612

317.577

Zwischensumme

     

800.497

ohne LG 3.1

OPS_Endo_Galle_Pankreas

264

135

35.566

ohne LG 3.1

OPS_Endosono

278

404

112.382

ohne LG 3.1

OPS_ERCP

264

248

65.381

ohne LG 3.1

OPS_Koloskopie

320

1.024

327.699

ohne LG 3.1

OPS_MDT_Mukosektomie_Endoskopisch

250

44

10.876

ohne LG 3.1

OPS_ÖGD

333

1.123

374.077

Zwischensumme

     

925.981

 

Es zeigt sich erwartungsgemäß, dass die Leistungsvolumina der Kliniken, welche die Leistungsgruppe 3.1 nicht beantragt haben und mutmaßlich auch nicht die erforderlichen krankenhausplanerischen Qualitätskriterien dieser Leistungsgruppe erfüllen, erheblich sind. Im Bereich der Basisleistungen Gastroskopie und Koloskopie ist das Leistungsvolumen in Summe sogar höher als dass der Kliniken mit Leistungsgruppe.
 

3.1. Lediglich im Bereich der Komplexleistung ERCP gibt es einen deutlichen Unterschied


Der Gesetzgeber wird einen Weg finden müssen, die Refinanzierung der Leistungen mit Vorhaltepauschalen hier so zu differenzieren, dass die Strukturvoraussetzungen durch adäquate Vorhaltebudgets abgedeckt werden, die Leistungserbringung außerhalb der Leistungsgruppe jedoch trotzdem attraktiv bleibt.

Es gehört zu den wichtigen strategischen Aufgaben der Träger, sich in Zukunft zu überlegen, welche der durch spezielle Leistungsgruppen auf Bundesebene definierten Einzelleistungen sie zukünftig im Rahmen ihres Vorhaltebudgets erbringen sollten, obwohl sie die betreffende spezielle Leistungsgruppe und das diesbezüglich allokierte Vorhaltebudget nicht erhalten haben.

Für die Versorgung wird es insbesondere wichtig sein zu klären, wie die Sekundärverlegung von Patienten, die vor Ort aus personellen und wirtschaftlichen Gründen nicht mehr erfolgt, zeitnah und verlässlich erfolgen kann. Hier müssen Mechanismen etabliert werden, die mit einem Minimum an administrativem Aufwand und hoher Verbindlichkeit zwischen den Trägern einhergehen.

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