Beschränkung der Organhaftung durch organinterne Zuständigkeitsregelungen (Ressortaufteilung)

Wer ohne die nach § 32 Abs. 1 Kreditwesengesetz (KWG) notwendige Erlaubnis gewerbsmäßig Bankgeschäfte wie das Einlagen- oder Kreditgeschäft betreibt, kann dafür unter Umständen sowohl straf- als auch zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Bei juristischen Personen trifft die strafrechtliche Verantwortlichkeit die vertretungsberechtigten Organe, häufig flankiert von deren persönlicher zivilrechtlicher Haftung. Organinterne Zuständigkeitsregelungen können zu einer Beschränkung, nicht aber zu einer vollständigen Aufhebung der straf- und haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit führen.

Das nach der organinternen Ressortaufteilung unzuständige Organmitglied bleibt weiterhin zur Überwachung und gegebenenfalls zum Eingreifen verpflichtet, sofern Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Erfüllung der der Gesellschaft obliegenden Aufgaben und Pflichten durch das zuständige Organmitglied nicht mehr gewährleistet ist. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer neueren Entscheidung bekräftigt und dazu die allgemeinen haftungsrechtlichen Implikationen einer Ressortaufteilung auf Geschäftsleitungsebene beleuchtet (BGH, Urteil vom 9. November 2023 – III ZR 105/22).
 

Der Fall

Ein Anleger hatte Verluste durch Investitionen in Immobilien-Projektgesellschaften einer schweizerischen Aktiengesellschaft (AG) erlitten. Keine der Gesellschaften verfügte über die erforderliche Erlaubnis zum Betrieb von Bankgeschäften in der Form des Einlagengeschäfts. Nachdem sowohl die AG als auch die Projektgesellschaften in Insolvenz geraten waren, nahm der Anleger den „Direktor“ der AG, der auch Geschäftsführer der Projektgesellschaften war, auf Schadensersatz aus den unerlaubten Bankgeschäften in Anspruch. Dieser verteidigte sich damit, dass ihm nur ein eingeschränkter Aufgabenbereich übertragen gewesen sei. Er sei als Architekt allein mit der Leitung und Überwachung der Bauprojekte von technischer Seite befasst gewesen. Die Wahrnehmung von Aufgaben im finanziellen Bereich sei ihm nicht übertragen gewesen. Dementsprechend habe er auch keine Kenntnis von den Beteiligungsverträgen gehabt, die das insoweit zuständige Mitglied des Verwaltungsrats, gleichzeitig Prokurist der Projektgesellschaften, für die AG mit den Anlegern abgeschlossen habe.
 

Die Entscheidung

Während sowohl die Eingangsinstanz als auch das Berufungsgericht eine persönliche Haftung des „Direktors“ gegenüber dem Anleger aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 32 KWG bejaht hatten, hob der BGH auf Revision des „Direktors“ das Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit zur Neuverhandlung und -entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Der BGH betonte, dass die objektive Organstellung allein nicht genüge, um eine Haftung zu begründen, sondern zusätzlich ein Verschulden im Sinne des § 276 BGB festgestellt werden müsse. Zwar begründeten die generelle Legalitätspflicht wie auch die Pflichten des Geschäftsleiters nach § 25a Abs. 1 Satz 2 KWG weitreichende Sorgfaltspflichten. Diese schlössen eine Delegation von Aufgaben und damit eine Übertragung von Verantwortung jedoch nicht aus. So könnten etwa interne Zuständigkeitsregelungen in der Geschäftsleitung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die jedem Geschäftsführer bestimmte Aufgaben zuweisen, zwar nicht zu einer Aufhebung, wohl aber zu einer Beschränkung der straf- und haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit führen. Durch eine derartige Aufteilung der Geschäfte werde die Verantwortlichkeit des nicht betroffenen Geschäftsführers nach innen und außen beschränkt, denn im Allgemeinen könne er sich darauf verlassen, dass der zuständige Geschäftsführer die ihm zugewiesenen Aufgaben erledigt. Doch verblieben dem nicht betroffenen Geschäftsführer in jedem Fall kraft seiner Allzuständigkeit gewisse Überwachungspflichten, die ihn zum Eingreifen veranlassen müssten, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Erfüllung der der Gesellschaft obliegenden Aufgaben durch den zuständigen Geschäftsführer nicht mehr gewährleistet sei.

Da die Feststellungen des Berufungsgerichts dem BGH nicht genügten, um zu beurteilen, ob der „Direktor“ im konkreten Fall entsprechende Überwachungspflichten verletzt hat, hob er das Berufungsurteil auf und verwies den Rechtsstreit an die Vorinstanz zurück.
 

Fazit

Mit der Entscheidung hat der BGH in Fortführung seiner bisherigen Rechtsprechung bekräftigt, dass interne Zuständigkeitsregelungen die straf- und haftungsrechtliche Verantwortlichkeit von Organmitgliedern beschränken können. Für das aufgrund der Ressortverteilung unzuständige Organ verbleibt aber eine Überwachungspflicht, aus der gegebenenfalls eine Verpflichtung zum Eingreifen folgen kann, sollten Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das zuständige Organ der Erfüllung der Aufgaben der Gesellschaft nicht hinreichend nachkommt. Die vom BGH aufgestellten Grundsätze haben über den hier zugrunde liegenden Fall hinaus generelle Bedeutung für die Organhaftung bei interner Ressortverteilung.

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