Bindungswirkung der Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung

Mit Urteil vom 22. Juli 2021 – 2 AZR 193/21 – entschied das Bundesarbeitsgericht über eine zunächst erteilte und im weiteren Verlauf nicht rechtskräftig widerrufene Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung.Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 23. August 2018 die Zustimmung des Integrationsamts zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung und (vorsorglichen) außerordentli

Bis zur rechtskräftigen Aufhebung bindet die Zustimmung des Integrationsamts auch die Arbeitsgerichte

 

Mit Urteil vom 22. Juli 2021 – 2 AZR 193/21 – entschied das Bundesarbeitsgericht über eine zunächst erteilte und im weiteren Verlauf nicht rechtskräftig widerrufene Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 23. August 2018 die Zustimmung des Integrationsamts zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung und (vorsorglichen) außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellten Klägerin. Am 7. September 2018 erfuhr die Beklagte vom Integrationsamt, dass wegen Fristablaufs nach § 174 Abs. 3 SGB IX die Zustimmung als erteilt gelte, und kündigte mit zwei Schreiben das Arbeitsverhältnis unter Berufung auf verhaltensbedingte Gründe außerordentlich fristlos sowie vorsorglich außerordentlich mit Auslauffrist.

Die Klägerin erhob rechtzeitig Kündigungsschutzklage und behauptete, ein dienstliches Fehlverhalten liege nicht vor; Personalrat und Schwerbehindertenvertretung seien nicht ordnungsgemäß angehört worden. Die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB und des § 174 Abs. 2 SGB IX sei nicht gewahrt. Ferner legte sie gegen die Zustimmung des Integrationsamts Widerspruch ein. Das Integrationsamt hob den Bescheid vom 7. September 2018 auf, da die Beklagte die Frist des § 174 Abs. 2 SGB IX nicht eingehalten habe. Hiergegen klagte die Beklagte vor dem Verwaltungsgericht. Dieses Verfahren war zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht noch rechtsanhängig. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts lag die Zustimmung des Integrationsamtes nicht vor, weshalb die Kündigung nach § 134 BGB unwirksam war.

Das Bundesarbeitsgericht hob das Urteil auf und verwies die Sache zurück. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Zustimmung des Integrationsamts hätten keine aufschiebende Wirkung, so dass die durch das Integrationsamt einmal erteilte Zustimmung zur Kündigung so lange Wirksamkeit entfalte, wie sie nicht rechtskräftig aufgehoben sei. Es spiele daher keine Rolle, dass das Integrationsamt den Ausgangsbescheid aufgehoben und die Zustimmung versagt habe, da der Abhilfebescheid noch nicht rechtskräftig sei. Liegt folglich eine Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung vor, haben die Arbeitsgerichte dies ihren Entscheidungen zugrunde zu legen. Wird die Zustimmungsentscheidung erst nach rechtskräftiger Abweisung der Kündigungsschutzklage bestands- oder rechtskräftig aufgehoben, stehe dem Arbeitnehmer ggf. die Restitutionsklage nach § 580 ZPO offen.

Das Bundesarbeitsgericht äußert sich ferner, in welchem Rahmen die Kündigung zu prüfen ist. Die Arbeitsgerichte hätten in diesem Verfahren lediglich zu prüfen, ob ein wichtiger Grund vorliegt und Personalrat sowie Schwerbehindertenvertretung ordnungsgemäß beteiligt wurden. Hingegen bedarf die Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB (Zwei-Wochen-Frist für die Kündigung) ebenso wenig einer Prüfung durch die Arbeitsgerichte wie die Einhaltung der Frist des § 174 Abs. 2 SGB IX (Zwei-Wochen-Frist für die Antragstellung).

Fazit

Die durch das Integrationsamt einmal erteilte Zustimmung zur Kündigung bindet die Arbeitsgerichte so lange, wie sie nicht rechtskräftig aufgehoben worden ist. Es ist daher auch nicht notwendig, das arbeitsgerichtliche Verfahren so lange ruhend zu stellen, bis das verwaltungsrechtliche Verfahren entschieden ist – auch wenn die Arbeitsgerichte dies meistens befürworten.

Autor
Autor

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten

phone
mail Pfeil weiß