Wirtschaftsplanung in Krisenzeiten – Was braucht der Abschlussprüfer?

Die deutschen Krankenhäuser stehen derzeit eine schwere Zeit durch, die Deutsche Krankenhausgesellschaft spricht von einer drohenden Insolvenzwelle. Im Verlauf des Jahres 2024 wird sich die Situation voraussichtlich weiter verschärfen. Bei vielen Häusern herrscht eine große Unsicherheit im Hinblick auf den Fortbestand des Unternehmens, die auch die Jahresabschlussprüfer beschäftigen wird.


Wie jedes Jahr stehen in der ersten Jahreshälfte die Jahresabschlussprüfungen an. Aufgrund der aktuell schwierigen Rahmenbedingungen wird bei den Prüfungen der Jahresabschlüsse 2023 die Going-Concern-Prüfung stärker in den Vordergrund rücken als bisher. Als zentrales Rechnungslegungsprinzip ist im Regelfall unter der Going-Concern-Prämisse zu bilanzieren, das heißt, es ist von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen. Demnach dürfen keine Fortführungsrisiken wie der Eintritt einer insolvenzrechtlichen Zahlungsunfähigkeit ersichtlich sein.

Um von dieser Annahme auszugehen, muss nach dem Prüfungsstandard des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland über die Beurteilung der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Rahmen der Abschlussprüfung (IDW PS 270) bei Krisenunternehmen die Fortführung des Unternehmens über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten ab Datum der Ausstellung des Testats nachvollziehbar dokumentiert sein. Um diese Sicherheit zu erlangen, wird die für die Jahresabschlussprüfung zur Verfügung zu stellende Planungsrechnung in den Jahren 2024 ff.

an Bedeutung gewinnen. Wir erörtern im Folgenden,

  • welche Bestandteile die vorzulegende Planung beinhalten sollte,
  • welchen Zeithorizont diese abbilden muss und
  • auf welche Aspekte bei der methodischen und inhaltlichen Ausgestaltung zu achten ist.
     

Bestandteile der Planungsrechnung – Planbilanz und Liquiditätsplanung

In den meisten Krankenhäusern wird im Rahmen der Wirtschaftsplanung keine Planbilanz und keine Liquiditätsplanung erstellt; in der Regel ist die Planung auf die Ergebnisprognose beschränkt. Doch gerade die Entwicklung der Vermögenswerte und der Liquidität ist von großer Bedeutung. Insolvenzrechtlich muss die Liquidität über noch mindestens 12 Monate gesichert sein. Eine fundierte Liquiditätsplanung ist daher unumgänglich.

Empfohlen wird die Erstellung einer Ergebnis-, Bilanz-, und Liquiditätsplanung. Diese Planbestandteile können einzeln händisch erstellt werden. Es gibt gute Beispiele, wie eine detaillierte Liquiditätsplanung ohne integriertes Modell erstellt werden kann. In der Praxis hat sich allerdings die Nutzung eines verknüpften Excel-Modells oder die Nutzung einer Software, die eine integrierte Unternehmensplanung abbildet, als Gold-Standard erwiesen. Bei einer integrierten Planung werden alle Planbestandteile (Ergebnis-, Bilanz- und Liquiditätsplanung) miteinander verknüpft. Durch die Verknüpfung wird eine präzise Vorausschau gewährleistet, da sie eine Verbindung zwischen Detail- und Teilplänen herstellt. So werden zum Beispiel Anpassungen einer Kostenposition in einem Teilplan via Verknüpfung in der Ergebnisrechnung abgebildet und Effekte unter Berücksichtigung hinterlegter Zahlungsziele in der Liquiditätsrechnung sichtbar.

Auch machen die Prognose der Ergebnisse des jeweiligen Zeitraumes und die Abbildung der diesbezüglichen Veränderung des Eigenkapitals in der Planbilanz unmittelbar ersichtlich, wenn das Eigenkapital aufgebraucht ist. Zusammenhänge zwischen Umsatzwachstum, Forderungsaufbau und möglichen Zwischenfinanzierungsvolumen werden sachgerecht abgebildet. Insbesondere in Zeiten hoher Pflegebudgetforderungen ist dies ein wichtiger Faktor.

Eine integrierte Planung beginnt mit der Startbilanz. Diese muss die aktuellen Aktiva und Passiva und damit auch den richtigen Stand an liquiden Mitteln widerspiegeln. Wurde ein Maßnahmenpaket zur Stabilisierung ausgearbeitet, so sollten die einzelnen Maßnahmen separat in der Planung abgebildet werden. Die Maßnahmenkalkulation sollte im Planungsmodell integriert werden, so dass Veränderungen leicht nachvollzogen werden können. Auf diesem Weg lassen sich geplante Verbesserungen durch den Abschlussprüfer einfacher nachvollziehen.
 

Zeithorizont der abgebildeten Planungsrechnung

Bei den meisten Krankenhäusern wird lediglich eine Wirtschaftsplanung für das kommende Jahr auf Jahresebene aufgestellt. Das Ende des Planungshorizontes der aktuellen Wirtschaftspläne reicht demnach zumeist bis Dezember 2024. Mit Blick auf die Beurteilung der Going-Concern-Prämisse wird schnell klar, dass die vorzulegende Planung über diesen Zeitraum hinausgehen muss. Um den für die Going-Concern-Prämisse notwendigen Zeithorizont abzubilden, gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Rollierendes Planungsmodell: Ein Planungsmodell, das monatlich jeweils um einen Monat ergänzt und unter Berücksichtigung neuer Entwicklungen und Ist-Werte aktualisiert wird. Gerade bei kleinen Einrichtungen mit einer geringen Personalausstattung im Controlling und in der Finanzabteilung wird diese Ausgestaltung einiges an Mehrbelastung verursachen.
  • Standard-Planungsmodell über 24 Monate: Alternativ empfiehlt es sich, im Rahmen der Wirtschaftsplanung einen Zeitraum von 24 Monaten abzubilden. Hierdurch wird der Blick auf weiter in der Zukunft liegende Risiken einbezogen. Eine regelmäßige Aktualisierung (Forecast/Hochrechnung) ist aber auch hier dringend zu empfehlen.

Ob eine Planung auf Jahresebene ausreicht, ist abhängig von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens. Ist eine mögliche Schieflage aufgrund der historischen Ergebnisentwicklung erkennbar, so ist eine Planung – zumindest der Liquidität – auf Monatsebene unabdingbar. Besteht eine akute Liquiditätskrise, ist neben einer 24-Monatsplanung der Liquidität auch eine kurzfristige direkte Liquiditätsplanung über 13 Wochen auf Wochen- oder sogar Tagesbasis ein Muss.


Praxis-Hinweis

Es sind eine Vielzahl von Faktoren zu beachten, damit die Wirtschaftsplanung als Steuerungsinstrument für das Management, aber auch als wesentlicher Nachweis zur Annahme der Going-Concern-Prämisse dienen kann. Darüber hinaus muss die Planung auch die Anforderungen eines Frühwarnsystems nach dem Unternehmensstabilisierungs- und Restrukturierungsgesetz (StaRUG) erfüllen, um das Management vor Haftungsrisiken schützen. Externe Beratungsunterstützung kann dabei helfen, die Planung bzw. die Planungstechnik so zu gestalten, dass sie diesen Anforderungen entspricht. Abhängig von Unternehmensgröße und -komplexität ist es darüber hinaus wichtig, die richtige Plattform zu definieren (Excel-Modellierung oder professionelle Planungssoftware). Eine professionelle Herleitung und eine dahinterliegende Berechnung der Planannahmen – insbesondere der Leistungsplanung und der Personalplanung – sind entscheidend für den Output.

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Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Partnerin, Leitung Geschäftsbereich Unternehmensberatung
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Leitung Geschäftsfeld Restrukturierung und Sanierung

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