Integriertes Planungsmodell als effektives Controllinginstrument
Viele Klinikleitungen stehen derzeit neben der operativen Bewältigung der Pandemie in der Pflicht, sich mit zukünftigen Risiken auseinanderzusetzen. Hierzu zählt auch die frühzeitige Beurteilung von Ergebnisrisiken und Liquiditätslücken. Doch welches Instrumentarium ist dazu notwendig, Frühwarnindikatoren zu erkennen?
Wirft man einen Blick in das deutsche Krankenhaus-Controlling, so ist in den meisten Fällen die jährliche Wirtschaftsplanung, bestehend aus der Gewinn- und Verlustrechnung, das aktuelle „Frühwarnsystem“. Bei genauerem Blick wird schnell klar, dass Bilanz und Kapitalflussrechnung auf Jahresebene häufig nur rudimentär geplant werden. Eine Planung auf Monatsebene ist zumeist nicht vorhanden. Nur auf das Ergebnis zu blicken, ist bei vielen Kliniken schon lange nicht mehr ausreichend, aber gelebte Praxis.
Geringe Investitionskostenförderung, rückläufige Leistungen und ungewisse Ausgleichszahlungen machen es immer wichtiger, einen gezielten Blick auf die zukünftige Ergebnis- und Liquiditätsentwicklung zu haben. Die Veränderungen der Zahlungsziele und deren Einfluss auf die Liquiditätsentwicklung sind im Auge zu behalten. Ein Beispiel hierfür ist das im Jahr 2020 veränderte Zahlungsziel der Kostenträger, das Ende 2021 wieder auf den ursprünglichen Turnus umgestellt werden soll.
Professionelle Planungsrechnungen sind unerlässlich
Mit Hilfe einer professionell aufgesetzten Planung können Sie den genauen Liquiditätseffekt möglicher Änderungen der Kostenträgerzahlungsziele simulieren, um bedarfsweise einen zusätzlichen Kapitalbedarf mit Ihrem Träger abzustimmen. Als wesentliches Controllinginstrument zur wirtschaftlichen Vorausschau und Steuerung sind professionelle Planungsrechnungen im Krankenhaus unerlässlich, jedoch häufig vernachlässigt. Durch das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG; siehe Solidaris Information 1/2021) wird nun ein solches Controllinginstrument durch den Gesetzgeber in den Vordergrund gerückt. Geschäftsführer haftungsbeschränkter Unternehmen sind nunmehr verpflichtet, ein System zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement zu implementieren, ein sogenanntes Frühwarnsystem.
Verpflichtung der Geschäftsleitung zur Überwachung von Risiken
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 StaRUG liegt die Verpflichtung zur Überwachung von Entwicklungen, die möglicherweise zur Bestandsgefährdung des Unternehmens führen, in der Hand der Geschäftsleitung. Eine erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation des Unternehmens muss der Geschäftsleitung jederzeit zur Verfügung stehen. Zwingend erforderlich ist außerdem, dass die Geschäftsführung die wirtschaftliche Lage des Unternehmens laufend beobachtet.
Ein Frühwarnsystem im Unternehmen unterstützt dabei, bestandsgefährdende Entwicklungen zu erkennen. Eine Vorausschau der Liquiditätsentwicklung in Verbindung mit einer hinreichenden Dokumentation wird damit zur Pflicht. Die Erstellung einer integrierten und rollierenden Liquiditäts- und Ergebnisplanung für das laufende und kommende Geschäftsjahr unterstützt dabei, Frühwarnindikatoren rasch zu erkennen und gegenzusteuern. Im „aussichtslosen“ Krisenfall wird diese Planung aber auch dazu dienen, das notwendige Pflichtbewusstsein und die frühe Reaktion der Geschäftsleitung zu bestätigen.
Bestandteile des integrierten Planungsmodells
Um eine solches Controllinginstrument zu etablieren, stellt sich zunächst die Frage, welche Bestandteile eine solche Planung haben muss und wie diese verknüpft sein sollten:
Integrierte Unternehmensplanung
- Die integrierte Unternehmensplanung ist als ein Zusammenspiel verschiedener Planungsbestandteile zu sehen und bildet sich in Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanz und Liquiditätsplanung ab. Mit Hilfe eines integrierten Planungsmodells wird eine logische Verknüpfung aller Bestandteile erreicht. Die Abstimmung der einzelnen Bestandteile ermöglicht eine präzise Vorausschau, da eine Kausalität zwischen Detail- und Teilplänen sowie Zahlungsmechanismen hergestellt wird. Dies bedeutet zum Beispiel, dass die Anpassung einer Kostenposition in einem Teilplan durchgeführt wird, in der Ergebnisrechnung abgebildet wird und die Effekte unter Berücksichtigung hinterlegter Zahlungsziele in der Liquiditätsrechnung sichtbar werden. In der Planbilanz werden die Verbindlichkeiten oder ein Zahlungsabfluss simuliert.
Integrierte Planungsrechnung
- Eine professionell aufgesetzte integrierte Planungsrechnung ermöglicht es, erforderliche Einzelplanungen wie beispielsweise die Personalplanung, die Materialaufwandsplanung, die Investitionsplanung und die Maßnahmenplanung direkt miteinander abzustimmen, so dass das Zusammenspiel diverser Prämissen für die Unternehmensleitung schnell und vollständig ersichtlich wird.
Grundsätze zum Umgang mit dem integrierten Planungsmodell
Eine solche Planung erfüllt erst dann den Zweck eines funktionierenden Frühwarnsystems, wenn sie mit den richtigen Daten befüllt ist, ausgewählte Grundsätze beachtet werden und der Umgang mit dem Controllinginstrument gelebt wird. Dazu zählen unter anderem folgende Faktoren:
- Eine integrierte Planung beginnt mit dem richtigen Aufsatzpunkt, der Startbilanz. Diese muss die aktuellen Aktiva und Passiva und damit auch den richtigen Stand an liquiden Mitteln widerspiegeln.
- Der Prozess zur Erstellung der Ergebnisplanung/Budgetierung sollte klar definiert sein. Alle Prämissen sollten mit den Führungskräften vorab besprochen sein. Vergangene Sondereffekte müssen bereinigt werden, zukünftige Risiken durch Fachabteilungen antizipiert werden. Eine detaillierte Leistungsplanung muss vor dem Hintergrund aktueller Markterwartungen abgestimmt werden. Die Personalplanung ist basierend auf der Leistungsplanung und den aktuellen Stellenplänen gemeinsam zu fixieren.
- Die Investitionsplanung sollte vom Austausch veralteter medizintechnischer Gräte bis hin zu Bauvorhaben durchdacht sein. Instandhaltungsaufwendungen müssen ebenfalls dezidiert geplant werden.
- Die Jahresplanung sollte über eine Schlüsselung auf die jeweiligen Monate verteilt werden. Hierdurch wird ein monatlicher Soll-Ist-Vergleich ermöglicht. Bedarfsweise können veränderte Sachverhalte bei einer rollierenden Planung ergänzt werden. Dabei sollte die Startbilanz auf Knopfdruck aktualisierbar sein, so dass unter anderem veränderte Liquiditätsbestände bei einer aktualisierten Vorausschau bedacht werden.
- Wurde ein Maßnahmenpaket zur Stabilisierung ausgearbeitet, sollten einzelne Maßnahmen separat in der Planung abgebildet werden. Die Maßnahmenkalkulation sollte im Planungsmodell integriert werden, so dass Veränderungen leicht aktualisiert werden können und der Eintritt möglicher Ergebniseffekte einzelnen Monaten zugeordnet werden kann. Ein ausgeprägtes Maßnahmencontrolling ist essenziell.
- An Planverfehlungen sollten Konsequenzen geknüpft sein. Mehrmonatige deutliche Leistungssteigerung kann beispielsweise zu Personalaufbau führen.
- Die Liquiditätsentwicklung sollte in mehreren Szenarien betrachtet werden. Auch in einem Worst-Case-Szenario muss die Liquidität ausreichen.
- Die Planung muss realisierbar sein und sollte über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren Ergebnisse und Liquiditätsentwicklungen zeigen.
Praxis-Hinweis
Das Aufsetzen eines solchen zusätzlichen Controllinginstruments ist mit einem hohen Aufwand für das Controlling verbunden. Dabei sind eine Vielzahl von Faktoren zu beachten, damit das neue Instrument neben einer Dokumentationsfunktion auch zu einem echten Steuerungsinstrument wird. Externe Unterstützung kann dabei helfen, den Planungsprozess zu definieren und die richtige Plattform (Excel-Modellierung oder professionelle Planungssoftware) auszuwählen, anzupassen und zu implementieren. Eine detaillierte, bis auf Monatsebene heruntergebrochene Planung erfüllt die Anforderungen an ein Frühwarnsystem. Wenn ein solches Frühwarnsystem ganzheitlich etabliert ist, ermöglicht es fundierte Prognosen, aber auch eine deutlich verbesserte Steuerung. Verknüpft mit einer Cockpitsteuerung auf Basis leistungswirtschaftlicher Kennzahlen bietet die Etablierung einer solchen Planung einen enormen Zugewinn an Steuerungsfähigkeit.