BFH legt Begriff der "nahestehenden Person" weit aus
Eine gemeinnützige Stiftung kann im Verhältnis zu einem Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft eine nahestehende Person darstellen, so dass auch Zuwendungen der Kapitalgesellschaft an die Stiftung eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG sein können. Dies entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Beschluss vom 13. Juli 2021 – I R 16/18.
Der Fall
2009 gründeten zwei Eheleute als Stifter gemeinsam eine Stiftung. Gemeinnütziger Zweck ist die Förderung von Kunst und Kultur. Dieser soll insbesondere dadurch verwirklicht werden, dass die von den Eheleuten in die Stiftung eingebrachte Sammlung von Kunstwerken gepflegt und als Dauerleihgabe einer Galerie oder einem Kunstmuseum zur Verfügung gestellt wird. Im Jahr der Gründung gaben die Stifter Spenden in Form von Kunstwerken in die Stiftung und setzten sie in ihrer Einkommensteuererklärung als Sonderausgaben nach § 10b Abs. 1 und 1a EStG mit den Höchstbeträgen an. Zudem waren die Eheleute jeweils Gesellschafter einer GmbH. Der Ehemann hielt weitere Anteile treuhänderisch für einen Dritten. Diese GmbH gewährte Spenden in Form von Kunstwerken in dem Veranlagungszeitraum 2011 bis 2013 an die Stiftung. Sie wollte diese Spenden als abziehbare Aufwendungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 2a KStG geltend machen. Das Finanzamt erkannte diese Sachspende jedoch nicht an, sondern qualifizierte sie als verdeckte Gewinnausschüttung der Eheleute. Hiergegen wandte sich die GmbH durch Klage.
Die Entscheidung
Der BFH entschied nach § 126a FGO mit folgender Begründung durch Beschluss: Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann auch dann in Betracht kommen, wenn die Zuwendung nicht unmittelbar an den Gesellschafter, sondern an eine ihm nahestehende Person bewirkt wird. Ein solches Näheverhältnis kann dann bejaht werden, wenn die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vermögensvorteil zugewendet hat, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Person, die dem betreffenden Gesellschafter nicht nahesteht, nicht gewährt hätte. An diesem Maßstab ändert sich nichts, wenn es um die steuerrechtliche Beurteilung von Zuwendungen geht, die eine Kapitalgesellschaft einer gemeinnützigen Organisation gewährt. Auch eine Spende ist als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten, wenn sie durch ein besonderes Näheverhältnis zwischen dem Empfänger und dem Gesellschafter der spendenden Kapitalgesellschaft veranlasst ist. Aus der Struktur einer gemeinnützigen Stiftung als Zuwendungsempfängerin ergibt sich nicht anders. Entgegen der Auffassung der GmbH hängt ein Näheverhältnis nicht von einer Beteiligung oder Mitgliedschaft des Anteilseigners an der Stiftung oder seiner Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung der Stiftung ab. Hier hatten die Eheleute die Stiftung im Jahr 2009 als einzige Stifter gegründet. Zwar habe, so der Bundesfinanzhof, die Stiftung keine Verbandsstruktur. Maßgeblich sei aber, dass die Eheleute mit drei weiteren Vorständen die Leitung der Stiftung und des dort verselbständigten Vermögens bestimmten.
Ein weiteres Indiz für das besondere Näheverhältnis der Eheleute zu der von ihnen gegründeten Stiftung hat das Finanzgericht in den Spendenaktivitäten der Eheleute zugunsten der Stiftung gesehen. Diese überschritten die geltenden Höchstbeträge gem. § 10b Abs. 1 und 1a EStG. Das Finanzgericht hat somit für die Begründung eines Näheverhältnisses zwischen den Eheleuten und der Stiftung maßgeblich auf Umstände abgestellt, die ausschließlich in deren Person begründet sind.
Praxis-Hinweis
Eine verdeckte Gewinnausschüttung führt nicht nur zur Versagung der Abzugsfähigkeit bei der GmbH, sondern bewirkt zusätzlich einen Beteiligungsertrag gemäß § 20 EStG bei den Gesellschaftern. Diesem kann ein weiterer Spendenabzug bei den Eheleuten gegenüberstehen, der aber im entschiedenen Fall durch die Nutzung der Höchstbeträge nur zu einem erhöhten Spendenvortrag nach § 10b EStG führt. Auch diese Entscheidung verdeutlicht die weite Auslegung des Begriffs der „nahestehenden Person“ durch den BFH. Bei Personenidentitäten – ob natürlicher oder juristischer Personen – in Unternehmensstrukturen ist vor Gewährung einer Zuwendung stets zu prüfen, ob die vorliegende Konstellation problematisch sein könnte.