Urteil bestätigt restriktive Sichtweise der Finanzverwaltung
Mit Datum vom 15. Dezember 2021 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein Schreiben – IV C 2 - S 2706/19/10008 :001 – zum Thema Verpachtungen durch die öffentliche Hand veröffentlicht und darin auch die rechtlichen Wertungen des Bundesfinanzhofs aus dessen Urteil vom 10. Dezember 2019 – I R 58/17 – berücksichtigt. Durch dieses Schreiben wird das bereits im Jahr 2009 veröffentlichte BMF-Schreiben vom 12. November 2009 – IV C 7 - S 2706/08/10004 – zur Besteuerung von Betrieben gewerblicher Art sowie von Eigengesellschaften von juristischen Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) nun punktuell aktualisiert und ergänzt.
In dem vor dem Bundesfinanzhof verhandelten Fall hatte eine Stadt ihren bisher als Betrieb gewerblicher Art (BgA) unterhaltenen Badebetrieb an eine eigenständige GmbH verpachtet. Hierfür zahlte die Pächterin an die Stadt eine Pacht. Im Gegenzug verpflichtete sich die Stadt als Verpächterin zur Zahlung eines fortlaufenden Betriebskostenzuschusses an die Pächterin. Dieser Betriebskostenzuschuss umfasste auch die Pachtzahlungen der Pächterin. Letztlich erwirtschaftete die Stadt aus der Verpachtung des Badebetriebs einen Verlust, welchen sie als Verlust aus einem sogenannten „Verpachtungsbetrieb gewerblicher Art“ (Verpachtungs-BgA) nach § 4 Abs. 4 KStG steuerlich geltend machte.
Der BFH bestätigte in seinem Urteil die restriktive Sichtweise der Finanzverwaltung und schloss das Vorliegen eines Verpachtungs-BgA aus. Der Begriff der „Verpachtung“ im Sinne des § 4 Abs. 4 KStG setze die entgeltliche Überlassung von Einrichtungen, Anlagen oder Rechten voraus. Entgeltlichkeit in diesem Sinne liege aber nicht vor, wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht der Pächter, sondern der Verpächter die wirtschaftliche Last des vereinbarten Pachtzinses trage.
Der BFH wies zudem (unter Nennung seines Urteils vom 9. November 2016 – I R 56/15) darauf hin, dass die Hinnahme strukturell bedingter Verluste durch einen Verpachtungs-BgA jeweils als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) an die Trägerkörperschaft anzusehen ist. Denn die nach
§ 8 Abs. 7 KStG privilegierten sogenannten Dauerverlustgeschäfte (grundsätzlich keine vGA) müssen nach Ansicht des BFH durch den BgA selbst betrieben werden. Hieran mangele es beim Verpachtungs-BgA, da der verpachtete Betrieb nicht durch ihn selbst, sondern durch den Pächter betrieben werde.
Die Finanzverwaltung hat diese rechtlichen Wertungen des BFH nun in ihr BMF-Schreiben zur Besteuerung von BgA und Eigengesellschaften von jPöR übernommen. Die Grundsätze der wirtschaftlichen Betrachtungsweise sind durch die Finanzämter hiernach für die Prüfung der Entgeltlichkeit sowohl bei der Beurteilung des möglichen Vorliegens eines Verpachtungs-BgA als auch bei der Beurteilung des möglichen Vorliegens eines Besitz-BgA im Rahmen einer Betriebsaufspaltung (hierzu bereits OFD Niedersachsen v. 13. Januar 2011 – S 2706-290-St 241) zu beachten.
Der Ausschluss der vGA-Rechtsfolgen gemäß § 8 Abs. 7 KStG findet von der Finanzverwaltung auf Verpachtungs- BgA nunmehr ausdrücklich keine Anwendung mehr. Erfolgt die Überlassung durch eine jPöR hingegen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung, die bei der überlassenden jPöR zu einem Besitz-BgA im Sinne des § 4 Abs. 1 KStG führt, und werden in diesen Fällen die begünstigten Tätigkeiten ausschließlich von der Betriebsgesellschaft ausgeübt, so ist die Begünstigungsvorschrift des § 8 Abs. 7 KStG auf den Besitz-BgA anzuwenden.
Die geänderten Grundsätze sind grundsätzlich auf alle offenen Fälle anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die bisher geltenden Grundsätze bis zum 31. Dezember 2022 angewandt werden.
Praxis-Hinweis
Die Finanzämter sind an die im aktuellen BMF-Schreiben erteilten Weisungen gebunden. Vor diesem Hintergrund sollten sowohl bestehende als auch geplante Strukturen überprüft und auf eventuelle steuerliche Risiken hin untersucht werden. Hierbei unterstützen wir Sie gerne.