Urteil zum Grundsatz der Vereinsautonomie

Der Grundsatz der Vereinsautonomie gilt weiterhin – so hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) jüngst entschieden (Beschluss vom 14. Oktober 2021, Az. 3 Wx 67/20). Danach ist ein Verein demokratischen Grundprinzipien und den Entscheidungen seiner Mitglieder unterworfen.

 

Ein Hoch auf die Demokratie - auch im Kleinen

Der Grundsatz der Vereinsautonomie gilt weiterhin – so hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) jüngst entschieden (Beschluss vom 14. Oktober 2021, Az. 3 Wx 67/20). Danach ist ein Verein demokratischen Grundprinzipien und den Entscheidungen seiner Mitglieder unterworfen. Eine Vereinssatzung kann nicht schrankenlos Dritten oder einzelnen Vereinsangehörigen weitestgehende Rechte zuweisen, ohne hiergegen zu verstoßen. Das OLG bestätigt die bisherige Rechtsprechung für den weltlichen Bereich, sodass das Thema wieder einmal in den Vordergrund gerückt wird.

Golfverein mit besonderen Rechten für Vorstandsvorsitzenden

In dem zu entscheidenden Fall war eine (gewerbliche) GmbH & Co. KG Eigentümerin eines Golfplatzes. Nunmehr sollte in deren Sinne die Satzung eines „Golfvereins“ (um)gestaltet werden, dessen Zweck das Golfspiel und die Organisation kultureller, wirtschaftspolitischer und geselliger Ereignisse sein sollte. Dabei sollte auch dieser Verein vom Eigentümer beherrscht werden und zu diesem Zwecke Satzungsregelungen aufgenommen werden, wonach der jeweilige Eigentümer des Golfplatzes geborener Vorstandsvorsitzender sein soll, frei weitere Vorstandsmitglieder berufen und abberufen können soll und wesentliche Satzungsänderungen nur mit Zustimmung des Vorstandsvorsitzenden geändert werden können. Auch sollte die Aufnahme von Mitgliedern in seiner alleinigen Zuständigkeit liegen.

Satzung nicht eintragungsfähig: Verstoß gegen Vereinsautonomie

Das Vereinsregister lehnte die Eintragung der Satzung mit Hinweis auf die Unvereinbarkeit mit der „Vereinsautonomie“ ab, was das Oberlandesgericht umfänglich materiell bestätigt hat: Die „Vereinsautonomie“ ist zwar nicht im BGB kodifiziert, sondern wurde durch Rechtsprechung und Lehre entwickelt – dennoch beansprucht sie tiefgreifende Geltung. „Vereinsautonomie“ bedeutet, dass Konstituierung, Organisation und Vereinsangelegenheiten auf dem Willen der Vereinsmitglieder zurückgeführt werden müssen, sie sichert den Charakter des Vereins als ein von Mitbestimmung und Mitgestaltung der Mitglieder getragenen Personenverbandes. Dieses Selbstverwaltungsrecht ermöglicht es zwar grundsätzlich auch, die Rechte der Mitgliederversammlung zu beschneiden, diese darf aber nicht (fast) vollständig beschränkt werden.

Die dem Eigentümer in dem Satzungsentwurf vorbehaltenen Rechte verstießen jedoch nach deutlich geäußerter Auffassung des Gerichts eindeutig, weitgehend und die Satzung in Gänze gegen diese Grundsätze der Vereinsautonomie. Das Gericht hat einen so weiten Fremdeinfluss vorgefunden, dass der Verein nicht mehr vornehmlich von der Willensbildung und -betätigung seiner Mitglieder getragen würde. Durch seine Stellung als Vereinsvorstand ohne jegliche Abberufungsmöglichkeit hätte der Eigentümer schalten und walten können, wie es ihm beliebt. Dies gälte nicht nur für ihn selbst, sondern auch für die weiteren Vorstände, deren Wohl und Wehe von ihm abhängen würden. Auch die Zusammensetzung der Mitgliederversammlung obläge ihm exklusiv, was einen besonders eklatanten Verstoß gegen die Selbstverwaltungsrechte darstellen würde. Da war die Frage des Zustimmungserfordernisses des Eigentümers zu bestimmten Satzungsänderungen nur noch das „Quäntchen“, was die Sache für den Eigentümer „rund“ und für den Verein selbst unabänderlich gemacht hätte. Dabei ist es irrelevant, ob diese Einflussnahme von außen kommt oder durch ein Vereinsmitglied. Diese Satzung war also insgesamt nicht eintragungsfähig.

Fazit

Geborene Vorstandsmitglieder sind zwar kritisch zu betrachten, aber wohl grundsätzlich möglich – unter bestimmten Voraussetzungen: Das Benennungsrecht muss durch Satzungsänderung beseitigt werden können, es darf sich nur auf einzelne Mitglieder beziehen und die Abberufung aus wichtigem Grund muss möglich bleiben. Die weiteren „Sonderrechte“ sind ebenfalls kritisch zu sehen.
Dieses Urteil rückt bekannte Grundsätze mal wieder in den Fokus. Zukünftig wird bei solchen Konstruktionen mit institutionalisierter Einflussnahme – wie beispielsweise bei einem Förderverein, wo die geförderte Einrichtung einen Einfluss institutionalisieren möchte – genauer hinzusehen sein.

Allerdings: Grundsätzlich nehmen auch Vereine, die der katholischen Kirche zugeordnet sind, am Selbstbestimmungsrecht der Kirche nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 107 30 Abs. 3 WRV teil, sodass diese von dem Urteil nicht vollumfänglich betroffen sein dürften. Insoweit wird aber die Frage der Reichweite des Selbstbestimmungsrechtes im Hinblick auf die Intensität des Verstoßes gegen die Vereinsautonomie einerseits und die Qualität der Kirchlichkeit andererseits durchaus diskutiert werden können.

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