Sind Unternehmensbewertungen im Rahmen von Transaktionen gerade alle verzerrt?
In der grundlegenden Lehre soll sich die Bewertung eines Unternehmens nach dem zukünftigen Nutzen richten und kann somit als Grundlage für eine Wertableitung und damit als Richtgröße für einen angemessenen Kaufpreis oder - bei Fusionsvorhaben – für angemessene Anteilsverhältnisse dienen. Dieser Nutzen muss in Zahlen abgebildet werden, welcher sich in den erzielbaren Überschüssen einer Unternehmung abbilden lässt. In Bezug auf die Krankenhäuser erscheint diese Zukunftsprognose mangels hinreichender Konkretisierung der Ausgestaltung der zukünftigen Finanzierung nur schwer möglich.
Bei fehlenden Planungen hat man in der Vergangenheit zur Vereinfachung oder auch zur indikativen Wertermittlungen auf bereinigten historischen Ergebnissen aufgesetzt, in der Annahme, dass diese Ergebnisse hinreichend repräsentativ für die Zukunft sind. Doch diese Grundannahme trägt heute nicht mehr, da die Historie der Häuser nicht zuletzt aufgrund der Pandemie und stetig veränderten Rahmenbedingungen (siehe Zeitstrahl) stark beeinflusst ist und mit Blick auf die geplante Reformation der Krankenhauslandschaft und deren Finanzierung ebenfalls nicht mehr als repräsentativ für die Zukunft anzusehen ist.
Sensibilisierung für die Herangehensweisen einer Unternehmensbewertung im Rahmen einer Transaktion
Für eine im Rahmen laufender Prozesse notwendige Annäherung muss unterschieden werden, ob wir über absolute Werte im Rahmen von Übernahmen, sprich Kaufpreise, sprechen oder über die Ermittlung von Anteilsverhältnissen an fusionierten Objekten.
Im Rahmen von Zusammenschlüssen erscheint es wesentlich, eine Vergleichbarkeit zwischen den einzubringenden Bewertungsobjekten herzustellen. Dies kann sowohl auf Basis der Vergangenheit als auch der Zukunft geschehen.
Legt man die Vergangenheit als Indikation zugrunde, so sollten Bereinigungen von Sondereffekten sowie eine (ggf. gewichtete) Durchschnittsbildung über mehrere Jahre zur Ableitung eines für Bewertungszwecke heranzuziehendes Ergebnisniveau durchgeführt werden. Corona-bedingte Sachverhalte sind dabei nur schwer zu bereinigen, da jedoch alle Häuser diesen schwierigen Rahmenbedingungen ausgesetzt gewesen sind, können diese auch unangetastet bleiben, da dennoch eine Vergleichbarkeit zwischen den Häusern gegeben ist.
Häuser, die zu Fusionszwecken eine Stand-alone Planung als auch ggf. eine fusionierte Planung zur Abbildung von Synergie-Effekten für zukünftige Jahre aufstellen und hierfür das derzeitige Finanzierungssystem weiterhin zugrunde legen, bemerken rasch, dass die derzeitige Entwicklung des Landesbasis-Fallwertes den aktuellen Anstieg der Kosten und tariflichen Personalkostenerhöhungen, nicht deckt. Daneben erschweren großteils verminderte Fallzahlen eine sichere Umsatzplanung, oft in Zusammenhang mit Personalmangel, um die geplante Leistungsmenge zu erbringen. Um die erwartbaren Defizite auszugleichen und ein für Bewertungszwecke wünschenswertes positives Ergebnis abbilden zu können, wird häufig auf einen politischen Ausgleich oder auf Energiepreis-Erstattungen und -pauschalen gesetzt. Diese Effekte gilt es im Rahmen einer solchen Unternehmensbewertung kritisch auf ihre Eintrittswahrscheinlichkeit zu hinterfragen und im Kontext der individuellen Fragestellung einzuordnen. Zwingend müssen Annahmen jedoch von beiden Fusionspartnern gleichermaßen berücksichtigt werden, um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse weiter sicherzustellen.
Die Ermittlung von absoluten Werten, bspw. zu Kaufpreiszwecken, wiederum muss sich anderen Herausforderungen stellen. Hier muss sich zwingend den Auswirkungen der angekündigten Krankenhausreform genähert werden, da diese zukünftigen Erträge zur Amortisierung dann bereits gezahlter Kaufpreise geeignet sein müssen. Entsprechend stehen die angeleiteten Werte aktuell unter einem grundsätzlich höheren Risiko in Bezug auf die Basisdaten.
Daneben kommen aktuell insbesondere bei defizitären Häusern auch die Frage nach strategischen Kaufpreiskomponenten und deren Ableitung ins Spiel.
In Bezug auf beide Kaufpreiskomponenten kann aktuell nur eine Annäherung unter Berücksichtigung der Einflüsse der Krankenhausreform auf das Leistungsportfolio sowie Annahmen in Bezug auf die veränderte Finanzierungsstruktur herangezogen werden und eine sukzessive Konkretisierung entsprechend der Verlautbarungen der Politik erfolgen. Im Rahmen der strategischen Kaufpreiskomponenten gilt es eine Näherung an den Mehrwert für die aufnehmende Unternehmung zu erreichen, sowohl was die Einbindung und Harmonisierung von Leistungen angeht als auch die Vermeidung von ggf. veränderten Konkurrenzsituationen.
Zusammenfassung
Fakt ist, dass die Vergangenheit nicht mehr repräsentativ für die Zukunft ist und entsprechend nicht mehr für Bewertungszwecke zur Verfügung steht. Dies kann auch mit zunehmender Konkretisierung in Bezug auf die Krankenhausreform nicht geheilt werden. Ob das aktuelle Ist im Zusammenspiel mit einer bereinigten Historie grundsätzlich geeignet ist, den zukünftigen Nutzen abzuleiten, hängt auch mit dem zukünftigen Zielbild (bezogen auf das Leistungsportfolio) eines Hauses zusammen und muss daher zwingend individuell betrachtet werden. Zunächst gilt es den Fokus auf das nachhaltige Leistungsportfolio zu legen und derzeit bestehende Planungsunsicherheiten sukzessive aufzulösen. Dies bedarf voraussichtlich jedoch noch einiges an Zeit.
Bewertungsspielräume erscheinen zunächst größer geworden zu sein, was Vor- und Nachteil im Rahmen aktueller und zeitnah abzuschließender Transaktionsprozesse haben kann. Unsicherheiten und Risiken waren jedoch nie zuvor so hoch wie jetzt, auch das wird insb. von Käuferseite zunehmend ins Kalkül gezogen und entsprechend eingepreist werden.