Neues zum ermäßigten Umsatzsteuersatz bei Zweckbetrieben

Der 5. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) verneint in seinem Urteil vom 26. August 2021 – V R 5/19 – die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG bei Leistungen in einem steuerbegünstigten Zweckbetrieb nach § 65 AO und setzt damit seine restriktive Rechtsprechung der letzten Jahre konsequent fort.

 

BFH bestätigt erneut seine restriktive Rechtsprechung

Der 5. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) verneint in seinem Urteil vom 26. August 2021 – V R 5/19 – die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG bei Leistungen in einem steuerbegünstigten Zweckbetrieb nach § 65 AO und setzt damit seine restriktive Rechtsprechung der letzten Jahre konsequent fort.

Eine steuerbegünstigte Körperschaft, deren Zweck in der Förderung des Verbraucherschutzes bestand, erstellte durch den Vergleich der Angebote verschiedener Versicherungsunternehmen sogenannte Finanzanalysen. Die Auswertungen konnten anschließend von Verbrauchern käuflich erworben werden. Im Rahmen einer Außenprüfung ordnete das Finanzamt die Umsätze aus dem Verkauf der Finanzanalysen dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu und wendete den Regelsteuersatz von 19 % an.

Der BFH bestätigte diese Sichtweise nur zum Teil. Nach Auffassung des 5. Senats handelte es sich bei der Erstellung der individuellen Finanzanalysen zwar entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung um einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb im Sinne des § 65 AO, die Anwendbarkeit des ermäßigten Umsatzsteuersatzes gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG wurde aber seitens des BFH versagt. Die Bundesrichter begründeten dies mit dem Wortlaut des Gesetzes. Denn der ermäßigte Steuersatz findet gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8a Satz 3 UStG nur dann Anwendung, „wenn der Zweckbetrieb nicht in erster Linie der Erzielung zusätzlicher Einnahmen durch die Ausführung von Umsätzen dient, die in unmittelbarem Wettbewerb mit dem allgemeinen Steuersatz unterliegenden Leistungen anderer Unternehmer ausgeführt werden, oder wenn die Körperschaft mit diesen Leistungen ihrer in den §§ 66 bis 68 der Abgabenordnung bezeichneten Zweckbetriebe ihre steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklicht“.

Da vorliegend durch die Erstellung der Finanzanalysen ein Zweckbetrieb nach § 65 AO begründet wurde, verblieb allein die Frage der Anwendbarkeit der sogenannten Wettbewerbsklausel, so dass zu klären war, ob mit der Erstellung der individuellen Finanzanalysen zusätzliche Einnahmen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 8a Satz 3 (Alternative 1) UStG erzielt wurden. Nach Auffassung des BFH dient ein Zweckbetrieb auch schon dann der Erzielung von zusätzlichen Einnahmen, wenn diese die einzigen Einnahmen sind, die die Körperschaft erzielt. Diese Auslegung des Gesetzes führt dazu, dass grundsätzlich jede Einnahme immer auch eine zusätzliche Einnahme darstellt. Eine ebenso einschränkende Auslegung der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes ergibt sich nach Ansicht des BFH auch aus den Regelungen der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL). Demnach darf der ermäßigte Steuersatz nicht bei jeder gemeinnützigen Einrichtung per se zur Anwendung kommen, sondern nur bei Einrichtungen für wohltätige Zwecke und im Bereich der sozialen Sicherheit. Dies sei bei einer Einrichtung, die Finanzanalysen durchführt, allerdings nicht der Fall. Der Status der Steuerbegünstigung (Gemeinnützigkeit) spielt nach Ansicht des BFH keine Rolle. Die Vorschriften zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes seien grundsätzlich eng auszulegen.
 

Fazit

Das Urteil dürfte für eine Vielzahl steuerbegünstigter Unternehmen zu weiteren Unsicherheiten führen. Die Anwendbarkeit des ermäßigten Umsatzsteuersatzes bei Leistungen im steuerbegünstigten Zweckbetrieb ist daher kritisch zu betrachten. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung weiterhin bei ihrer im Umsatzsteueranwendungserlass vertretenen Auffassung bleibt, dass der ermäßigte Steuersatz in einem Zweckbetrieb nach § 65 AO uneingeschränkt zur Anwendung kommt, weil hier die Wettbewerbsfrage bereits auf Ebene der Einstufung als Zweckbetrieb geklärt wurde. Der 5. Senat des BFH legt bei der Prüfung der umsatzsteuerlichen Voraussetzungen für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes einen höheren Maßstab an als bei der Prüfung des Wettbewerbskriteriums bei der ertragsteuerlichen Einordnung eines Zweckbetriebes nach § 65 AO.
 

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