Finanzverwaltung erlässt weitere Billigkeitsregelung
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 15. Juni 2021 – III C 3 - S 7130/20/10005 :015 – eine weitere Billigkeitsregelung für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 erlassen, die die bereits bestehenden Verwaltungsanweisungen vom 9. April 2020, 26. Mai 2020 und 18. Dezember 2020 ergänzt. Demnach können Leistungen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Eindämmung und Bekämpfung der Covid-19-Pandemie erbracht werden, als eng mit der Sozialfürsorge und sozialen Sicherheit verbundene Leistungen angesehen und gemäß § 4 Nr. 18 UStG von der Umsatzsteuer befreit werden. Dazu müssen die Leistungen allerdings von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen ohne systematische Gewinnerzielungsabsicht agierenden Einrichtungen erbracht werden.
Als Beispiele für Leistungen zur Eindämmung und Bekämpfung der Covid-19-Pandemie werden die entgeltliche Gestellung von Personal, die Überlassung von Räumlichkeiten oder Sachmitteln und die Erbringung von sonstigen Leistungen gegenüber anderen Körperschaften, die ihrerseits Leistungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie erbringen, genannt. Hierzu zählen zum Beispiel der Betrieb von Abstrich- oder Impfzentren und der Betrieb von mobilen Abstrich- oder Impfteams. Die Steuerbefreiung gilt unabhängig davon, ob die Leistungen steuerbar oder – z. B. aufgrund der Verrichtung hoheitlicher Aufgaben oder mangels Entgeltlichkeit – nicht steuerbar sind.
Zu beachten ist allerdings, dass bei Anwendung der durch die Billigkeitsregelung gewährten Steuerbefreiung auch der Vorsteuerabzug gemäß § 15 UStG für die in diesem Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen entfällt. Die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 18 UStG wurde aufgrund der unvollständigen Umsetzung der Mehrwertsteuersystemrichtlinie im nationalen Recht mit Wirkung zum 1. Januar 2020 neu gefasst. Die alte Fassung galt für amtlich anerkannte Verbände der freien Wohlfahrtspflege sowie weitere einem Wohlfahrtsverband als Mitglied angeschlossene Körperschaften, die der freien Wohlfahrtspflege dienen. Von der Neuregelung werden hingegen Einrichtungen des öffentlichen Rechts und andere Einrichtungen, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben, erfasst. In die Beurteilung, ob eine systematische Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, müssen dabei sämtliche Tätigkeiten des Unternehmens einbezogen werden. Fallen dennoch Gewinne an, müssen diese gemäß § 4 Nr. 18 S. 2 UStG zur Erhaltung oder Verbesserung der durch die Einrichtung erbrachten Leistungen verwendet werden und dürfen nicht verteilt werden. Als eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Leistungen gelten Leistungen, die an hilfsbedürftige Personen erfolgen. Voraussetzung für die Anwendung des § 4 Nr. 18 UStG ist, dass die Leistungen den Hilfsbedürftigen unmittelbar zugutekommen. Leistungen zwischen den nach § 4 Nr. 18 UStG begünstigten Einrichtungen wie die entgeltliche Personalgestellung oder die Überlassung von Sachmitteln und Personal würden – auch wenn die Leistungen beim Empfänger für die hilfsbedürftigen Personen weiterverwendet würden – somit ohne die Billigkeitsregelungen des BMF-Schreibens nicht unter die Steuerbefreiung fallen.
Praxis-Hinweis
Durch die neue Billigkeitsregelung wurden weitere Vorteile neben den bereits durch die BMF-Schreiben aus dem Jahr 2020 bestehenden Regelungen geschaffen. Bereits mit BMF-Schreiben vom 18. Dezember 2020 war eine Umsatzsteuerbefreiung für die vorgenannten Leistungen „unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 14, 16, 18, 23 und 25“ als eng verbundene Umsätze ermöglicht worden, jedoch galt dies nur für die Überlassung zwischen Einrichtungen, die nach der gleichen Vorschrift steuerbefreit waren. Durch die neue Regelung wird der Umfang der Umsatzsteuerbefreiungen für die erbrachten Leistungen bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie nun ausgeweitet. Um auf Nachfragen der Finanzverwaltung ausreichend vorbereitet zu sein, sollte eine genaue Dokumentation erfolgen, inwiefern die erbrachten Leistungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie beigetragen haben.