Neues Urteil des Finanzgerichts Münster
Die Abgrenzung des Zweckbetriebes Krankenhaus vom steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb führt immer wieder zu Diskussionen mit der Finanzverwaltung. Am 1. März 2021 ist endlich das Urteil in dem seit Anfang 2017 beim Finanzgericht (FG) Münster anhängigen Verfahren zur Einordnung der Gestellung von Personal- und Sachmitteln an angestellte Krankenhausärzte und zur Mitarbeiterbeköstigung im Krankenhaus veröffentlicht worden (Urteil vom 13. Januar 2021 – 13 K 365/17).
FG folgt Rechtsprechung des BFH
Nach Ansicht des FG gehören die Gewinne aus der Personal- und Sachmittelgestellung und der Übernahme der Abrechnungstätigkeit für ermächtigte Krankenhausärzte für deren ambulante Behandlung von gesetzlich und privat Versicherten sowie Selbstzahlern zum Zweckbetrieb nach § 67 AO. In Anwendung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Abgabe von Faktorpräparaten zur Heimselbstbehandlung (Urteil vom 18. Oktober 2017 – V R 46/16) und von Zytostatika (Urteile vom 31. Juli 2013 – I R 82/12 – und vom 6. Juni 2019 – V R 39/17) handele es sich bei den Arztabgaben um typischerweise gegenüber den Patienten erbrachte Leistungen, da sie mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen an die Patienten als Benutzer des Krankenhauses unmittelbar zusammenhängen.
Dieser Einschätzung stehe auch nicht entgegen, dass die Ärzte nach §§ 116, 120 SGB V persönlich ermächtigt bzw. verpflichtet sind und nicht im Rahmen einer Dienstaufgabe handeln, denn sie werden ausschließlich in den Räumlichkeiten und mit den Mitteln des Krankenhauses tätig. Insoweit unterscheiden sich die Tätigkeiten der ermächtigten Krankenhausärzte wesentlich von der Behandlung durch einen niedergelassenen Arzt, da die Ermächtigung an das Anstellungsverhältnis des Arztes im Krankenhaus geknüpft sei und der vorherigen Zustimmung des Krankenhauses bedarf. Der Umstand, dass nicht dem Krankenhaus, sondern dem Arzt der materiell-rechtliche Anspruch auf Vergütung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zustehe, unterbreche den Zurechnungszusammenhang nicht. Aufgrund des typisierenden Regelungscharakters des § 67 AO seien auch die Gewinne betreffend Privatpatienten und Selbstzahler in den Zweckbetrieb einzubeziehen.
Cafeteria ist dem Zweckbetrieb zuzuordnen
Im Hinblick auf die Mitarbeitercafeteria – ein Dauerbrennerthema in Betriebsprüfungen – entschied das FG zuungunsten der klagenden Krankenhaus-GmbH. Die Richter konstruierten in „analoger“ Anwendung des § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 3c Abs. 1 EstG, dass die im Rahmen der Mitarbeiterbeköstigung angefallenen Betriebsausgaben teilweise durch den Krankenhauszweckbetrieb veranlasst und insoweit auch ohne den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb entstanden seien, und kürzte die anzuerkennenden Betriebsausgaben anteilig. Dies folge aus dem sog. Prinzip der wertenden Selektion von Aufwandsursachen (BFH, Urteil vom 15. Januar 2015 – I R 48/13). Das Gericht folgte damit der Argumentation der Finanzverwaltung, die Subventionierung von Mitarbeiteressen stelle wirtschaftlich Lohnaufwand in Form von Sachzuwendungen an die Mitarbeiter dar und sei somit dem Zweckbetrieb zuzuordnen.
Der regelmäßig vorgetragenen Auffassung der Finanzverwaltung, aufgrund der dauerhaft bestehenden Verluste in der Mitarbeitercafeteria durch die verbilligte Abgabe von Speisen an Mitarbeiter sei eine gemeinnützigkeitsschädliche Mittelfehlverwendung wegen des Verstoßes gegen § 55 Abs. 1 Nr. 1 AO gegeben, folgte das FG indes nicht und verwies auf § 62 Abs. 2 AO, wonach das Gesamtergebnis im einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu betrachten sei (im Urteilsfall positiv).
Es wurde zwischenzeitlich Revision gegen das Urteil eingelegt (V R 2/21).
Praxis-Hinweis
Wir empfehlen, die Gewinnermittlungen im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb im Bereich der ambulanten Arztabgaben und Cafeterien zu überprüfen und die Auswirkungen auch bei anstehenden oder bereits laufenden Betriebsprüfungen im Blick zu haben.