Pilotprojekt in Bayern - Einbeziehung des TCMS in die Betriebsprüfung

Ein sogenanntes Tax Compliance Management System (TCMS) soll sicherstellen, dass alle relevanten steuerlichen Pflichten des Unternehmens erfüllt und die dafür relevanten Prozesse umfassend dokumentiert werden. Auch viele gemeinnützige Körperschaften und juristische Personen des öffentlichen Rechts haben mittlerweile ein TCMS eingeführt, um steuerliche Risiken, die sich zum Beispiel aus e

 

Vorteile für Steuerpflichtige in Bayern in Aussicht gestellt

Ein sogenanntes Tax Compliance Management System (TCMS) soll sicherstellen, dass alle relevanten steuerlichen Pflichten des Unternehmens erfüllt und die dafür relevanten Prozesse umfassend dokumentiert werden. Auch viele gemeinnützige Körperschaften und juristische Personen des öffentlichen Rechts haben mittlerweile ein TCMS eingeführt, um steuerliche Risiken, die sich zum Beispiel aus einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder umsatzsteuerlichen Pflichten ergeben, zu minimieren. Ein Pilotprojekt der bayerischen Finanzverwaltung zur landeseinheitlichen Berücksichtigung von TCMS bei steuerlichen Außenprüfungen liefert nun ein weiteres Argument dafür, sich eingehend mit der Thematik zu befassen.

 

Selbstbindung der Finanzverwaltung

Mit dem BMF-Schreiben vom 23. Mai 2016 – IV A 3 - S 0324/15/10001, IV A 4 - S 0324/14/10001 – und der daraus folgenden Anpassung des AEAO zu § 153 AO hat das Bundesfinanzministerium (BMF) erstmals einem bestehenden TCMS eine Bedeutung für die Beurteilung eines Sachverhalts durch die Finanzverwaltung beigemessen.

Hintergrund ist, dass in der Systematik der Abgabenordnung (AO) unterschieden wird, ob bei einer Korrektur von Fehlern eine korrigierte Erklärung (§ 153 AO), eine bußgeldbefreiende Anzeige (§ 378 AO) oder eine strafbefreiende Selbstanzeige (§ 371 AO) vorliegt. Laut BMF könnte hier bei Vorliegen eines TCMS eine Auslegung zugunsten des Steuerpflichtigen erfolgen. So heißt es in Nr. 2.6 Satz 6 des genannten BMF-Schreibens:

„Hat der Steuerpflichtige ein innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet, das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient, kann dies ggf. ein Indiz darstellen, das gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann, ... .“

So können Steuererklärungen unter Umständen sanktionsfrei berichtigt (§ 153 AO) und Sanktionen nach §§ 30, 130 OWiG bzw. eine Haftung wegen Organisationsmängel vermieden werden. Die Möglichkeit zur Einzelfallprüfung behält sich das BMF allerdings ausdrücklich vor. Die genannte Indizwirkung dürfte aber regelmäßig auch bei der Aufdeckung von Sachverhalten im Rahmen der steuerlichen Außenprüfung relevant sein. Konkrete Erleichterungen oder Vergünstigungen aus einem angemessenen und ggf. geprüften TCMS (z. B. in Außenprüfungen) gewährt das BMF indes aktuell nicht.
 

TCMS und steuerliche Außenprüfungen

Seit dem Jahr 2018 fragen Betriebsprüfer immer häufiger nach einem TCMS, in manchen Fällen wurden Fragebögen versandt. Seit dem Spätsommer 2018 fragen viele Betriebsprüfer in Baden-Württemberg schriftlich ab, ob ein TCMS eingerichtet wurde, wann dies geschehen ist, wie es sich beschreiben lässt und ob es dem IDW-Praxishinweis 1/2016 (Ausgestaltung und Prüfung eines Tax Compliance Management Systems gemäß IDW PS 980) entspricht. In Bayern werden seit dem Jahr 2021 detaillierte Fragebögen verschickt, die den Umfang (Steuerarten, Prozesse, Unternehmensbereiche), den Reifegrad sowie Prüfungen (Angemessenheit und Wirksamkeit) des TCMS erfragen. Auch die verantwortlichen Stellen für Groß- und Konzernbetriebsprüfungen in Nordrhein-Westfalen versenden seit geraumer Zeit regelmäßig inhaltlich gleichgelagerte Fragebögen zur Verfahrensdokumentation und zu vorhandenen Mechanismen zur Vermeidung steuerlicher Risiken.

In der länderübergreifenden Arbeitsgruppe „Fortentwicklung der Außenprüfung“ des BMF zeichnet sich ab, dass ein wirksames TCMS zukünftig zu Erleichterungen bei steuerlichen Außenprüfungen führen wird. Allerdings hat die Arbeitsgruppe noch keinen offiziellen Zwischen- oder Endbericht vorgelegt. Mit einer Pressemitteilung vom 24. Februar 2022 ist das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat nun vorgeprescht: Es gab bekannt, dass der Freistaat Bayern mit zwei nicht namentlich genannten „großen bayerischen Unternehmen“ ein Pilotprojekt zur Einbeziehung von modernen TCMS bei Außenprüfungen begonnen hat. Hieraus erwarte man sich Erkenntnisse, die dazu dienen sollen, die Prüfungsmethoden der Finanzverwaltung weiterzuentwickeln. So könnten die Schwerpunkte bei steuerlichen Außenprüfungen gezielter gesetzt werden. Unternehmen, die sich gegenüber der Finanzverwaltung transparent zeigten, sollten von einer schnelleren Abwicklung der Prüfung und damit früheren Rechtssicherheit profitieren.
 

Praxis-Hinweis

Der Freistaat Bayern stellt Steuerpflichtigen mit TCMS erstmals konkrete Vorteile bei steuerlichen Außenprüfungen in Aussicht. Es ist zu erwarten, dass die Finanzverwaltung zukünftig bundesweit ab einer gewissen Komplexität des Unternehmens ein angemessenes TCMS voraussetzen wird. Eine systematische Steuerplanung und ein Steuercontrolling der relevanten Sachverhalte sind auch für gemeinnützige Einrichtungen und juristische Personen des öffentlichen Rechts dringend zu empfehlen, vor allem dann, wenn man regelmäßig einer steuerlichen Außenprüfung unterliegt. Neben den „klassischen Aspekten“ eines TCMS sind hier noch konkret die Risiken des Gemeinnützigkeitsrechts zu berücksichtigen. Auf Basis unserer Branchenkenntnis und unserer steuerlichen Expertise im Gemeinnützigkeitsrecht bieten wir Ihnen sowohl eine auf Ihre Bedürfnisse abgestimmte Implementierung eines adäquaten TCMS einschließlich Verfahrensdokumentation als auch die laufende Weiterentwicklung eines bestehenden TCMS an.

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