Begrenzte Wirkung von Schonfristzahlungen im Wohnraummietrecht

In seinem Urteil vom 13. Oktober 2021 – VIII ZR 91/20 – festigt der Bundesgerichtshof (BGH) seine Rechtsprechung zur begrenzten Wirkung der Schonfristzahlung: Die Nachzahlung von Mietschulden heilt eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs, nicht aber eine ordentliche Kündigung.

 

BGH bekräftigt seine Rechtsprechung

In seinem Urteil vom 13. Oktober 2021 – VIII ZR 91/20 – festigt der Bundesgerichtshof (BGH) seine Rechtsprechung zur begrenzten Wirkung der Schonfristzahlung: Die Nachzahlung von Mietschulden heilt eine außerordentliche fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs, nicht aber eine ordentliche Kündigung.

Zahlt ein Wohnraummieter die vereinbarte Miete nicht fristgerecht und erreicht die ausstehende Zahlung einen gewissen Umfang, berechtigt dies den Vermieter zur außerordentlichen fristlosen Kündigung. Eine solche Kündigung kann jedoch durch die Zahlung der ausstehenden Miete, die sogenannte Schonfristzahlung (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB), abgewendet werden. In der Praxis erklären Vermieter daher häufig neben der außerordentlichen fristlosen hilfsweise die ordentliche Kündigung. Es stellt sich also die Frage, ob sich eine Schonfristzahlung auch auf die ordentliche Kündigung auswirkt.

Der Bundesgerichtshof als höchstes deutsches Zivilgericht hatte bereits im Jahr 2005 (und letztmalig 2018) über die Frage der Schonfristzahlung zu entscheiden. Bereits damals kam der BGH zu dem Ergebnis, dass eine Schonfristzahlung zwar geeignet ist, den außerordentlichen Kündigungsgrund zu beseitigen, die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung jedoch grundsätzlich nicht tangiert. Anders sah das indes das Landgericht Berlin in seinem Urteil vom 30. März 2020 – 66 S 293/19. Die Berliner Richter widersprachen der Linie des BGH und vertraten die Auffassung, § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB gelte auch bei einer ordentlichen Kündigung, so dass eine Nachzahlung der Mietrückstände auch deren Wirkung beseitige.

Der BGH trat dieser Auffassung nun mit für juristische Verhältnisse besonderer Deutlichkeit entgegen:

„Diese (beschränkte) Wirkung des Nachholrechts des Mieters entspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, so dass der an Gesetz und Recht gebundene Richter (Art. 20 Abs. 3 GG) diese Entscheidung nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine judikative Lösung ersetzen darf, die so im Gesetzgebungsverfahren (bisher) nicht erreichbar war […].“

Da im vorliegenden Verfahren vom Mieter eine Minderung wegen Feuchtigkeitsschäden geltend gemacht wurde, konnte der BGH nicht abschließend über den Fall entscheiden und hat das Verfahren zur weiteren Tatsachenermittlung zurückverwiesen. Das ermittelnde Gericht wird dann zu beurteilen haben, ob

„der Ausgleich der Mietrückstände bei tatrichterlicher Würdigung der konkreten Einzelfallumstände die Berufung auf die ordentliche Kündigung ausnahmsweise als treuwidrig (§ 242 BGB) erscheinen lässt“.

Fazit

Der BGH hat klargestellt, dass einzig der Gesetzgeber berufen ist, die Wirkung der Schonfristzahlung neu zu regeln. Wegen der erheblichen sozialen Auswirkungen der Wohnungslosigkeit hat dieses Thema – wenn auch sprachlich recht unbeholfen – bereits Einzug in den Koalitionsvertrag der Regierungsparteien gefunden: „Um die Ursachen drohender Wohnungslosigkeit zu beseitigen, werden wir das Mietrecht, insbesondere dort wo Schonfristzahlungen dem Weiterführen des Mietverhältnisses entgegenstehen, evaluieren und entgegensteuern.“ Der Koalitionsvertrag lässt also zumindest vermuten, dass diesbezüglich mit Bewegung zu rechnen ist.

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