Schmerzensgeld für verspätete Datenschutz-Auskunft

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat einem Arbeitnehmer mit Urteil vom 18. November 2021 – 10 Sa 443/21 – ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 € zugesprochen, weil der Arbeitgeber eine Auskunft nach Art. 15 DS-GVO nicht vollständig erteilt hatte. Hierdurch habe der Arbeitnehmer einen Kontrollverlust über seine Daten erlitten, der unabhängig von einer Erheblichkeitssc

 

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt geringe Anforderungen für einen datenschutzrechtlichen Schmerzensgeldanspruch

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat einem Arbeitnehmer mit Urteil vom 18. November 2021 – 10 Sa 443/21 – ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 € zugesprochen, weil der Arbeitgeber eine Auskunft nach Art. 15 DS-GVO nicht vollständig erteilt hatte. Hierdurch habe der Arbeitnehmer einen Kontrollverlust über seine Daten erlitten, der unabhängig von einer Erheblichkeitsschwelle oder Bagatellgrenze ein Schmerzensgeld rechtfertige.

Der Fall

Der Kläger war über 20 Jahre bei der beklagten Arbeitgeberin als Koch angestellt. Über seinen Anwalt forderte er seine ehemalige Arbeitgeberin zur Auskunft über die Verarbeitung ihn betreffender Daten gemäß Art. 15 DS-GVO auf. Dafür setzte er der Beklagten eine Frist von einem Monat. Dabei ging es dem Kläger vor allem um zwei Vorgänge. Zum einen wurde der Kläger während seines Arbeitsverhältnisses versetzt; dies hielt er für unzulässig und forderte die Beklagte daher auf, Auskunft über die erfolgte Betriebsratsanhörung und die Zustimmung des Betriebsrates zu erteilen. Zum anderen erhielt der Kläger zwei Jahre zuvor eine Abmahnung. Auch diese hielt der Kläger für unzulässig und verlangte deshalb Auskunft über alle Daten, die diesen Sachverhalt betreffen. Im Übrigen verlangte er, dass der Vorfall aus der Personalakte entfernt wird, da die Abmahnung nicht gerechtfertigt gewesen sei. Fristgerecht stellte die Beklagte dem Kläger Unterlagen zur Verfügung. Aus Sicht des Klägers war die Beklagte seinem Auskunftsbegehren jedoch nicht vollständig nachgekommen. Der Kläger machte gegen seine ehemalige Arbeitgeberin einen Schadensersatzanspruch gem. Art. 82 DS-GVO geltend.

Das Arbeitsgericht Berlin (AG) wies die Klage ab. Als Arbeitgeberin verfüge die Beklagte über eine Vielzahl von personenbezogenen Daten des Klägers. Nach Ansicht des AG sei ein Auskunftsersuchen bei einer großen Menge von Informationen, die ein Datenschutzverantwortlicher über eine Person gesammelt habe, gem. Art. 63 DS-GVO zu beschränken. Der Kläger hätte daher sein Auskunftsbegehren so präzisieren müssen, dass die Beklagte hätte erkennen können, was dessen Gegenstand sein solle. Diese Präzision habe der Kläger nicht vorgenommen.

Die Entscheidung

Das LAG gab hingegen dem Kläger Recht und folgte im Wesentlichen dessen Argumentation. Es sei nicht klar, ob die Arbeitgeberin große Mengen an Daten über den Betroffenen gespeichert habe, es stehe aber fest, dass sich der Arbeitnehmer bei seinem Begehren auf zwei Sachverhalte begrenzt habe. Die Beklagte habe nicht vollständig offengelegt, welche Daten von ihr erhoben wurden und welchen Personen oder Stellen die Vorgänge noch mitgeteilt wurden. Auch habe sie den Kläger nicht auf etwaige Rechte zur Berichtung oder Löschung oder auf die Möglichkeit der Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde hingewiesen. Insbesondere hätte die Beklagte erkennen können, welche Informationen der Kläger von ihr begehrte.

Fazit

Das Urteil des LAG Brandenburg reiht sich ein in zahlreiche weitere Entscheidungen deutscher Arbeitsgerichte, die nur geringe Anforderungen an einen datenschutzrechtlichen Schmerzensgeldanspruch stellen. Für Unternehmen ergibt sich daraus die Notwendigkeit, ihr Management von Auskunftsersuchen und anderen Betroffenenrechten, zu verbessern. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich entsprechende Ansprüche schnell vervielfachen können. Wäre der Anspruch in der aktuellen Entscheidung des LAG beispielsweise von 1.000 Arbeitsnehmern geltend gemacht worden, stünde insgesamt ein Schmerzensgeld von 2 Mio. € im Raum.

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