Rückzahlung von Fortbildungskosten

Wieder einmal musste sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit einer Vereinbarung befassen, durch die eine Arbeitgeberin die Rückzahlung von Fortbildungskosten von einer Arbeitnehmerin forderte.


Die Arbeitgeberin betreibt eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberaterkanzlei und förderte die Weiterbildung der Arbeitnehmerin zur Steuerberaterin. Die Weiterbildung begann im August 2017, die Arbeitgeberin zahlte bis 2018 ca. 4.000,00 EUR an die Arbeitnehmerin.

Im Rahmen des zwischen den Parteien geschlossenen „Fortbildungsvertrages“ war eine Rückzahlung der Förderung unter folgenden Bedingungen vorgesehen:

            „Das in Anspruch genommene Förderbudget ist zurückzuzahlen, wenn

  1. die Angestellte innerhalb von 24 Monaten nach bestandenem Berufsexamen das Unternehmen verlässt,
  2. die Angestellte innerhalb von 24 Monaten nach nicht bestandenem Berufsexamen das Unternehmen verlässt,
  3. die Angestellte das Examen wiederholt nicht ablegt.

Die Rückzahlungsmodalitäten im Einzelnen:

Zu Abbruch des Examens: Falls der Angestellte nach Erhalt der Förderung das Examen nicht ablegt, ist der gesamte gewährte Förderbetrag zum Zeitpunkt des aus geschäftspolitischer Sicht nächstmöglichen Prüfungszeitpunktes vollständig zurückzuzahlen, wenn auch diese Prüfung nicht angetreten wurde. Dies gilt auch, wenn der Angestellte das Unternehmen in diesem Fall aufgrund eigener Kündigung oder einer verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber oder sonstiger Auflösung aus gleichem Grunde verlässt.

Ergänzend sah der Vertrag eine „Härtefallregelung“ folgenden Inhalts vor:

„Für den Fall, dass der Angestellte das Examen aus einem nicht von ihm zu vertretenden objektiven Grund (bspw. Dauerhafte Erkrankung, Pflege von Angehörigen) nicht ablegen kann, ist er verpflichtet, das Examen nach Beendigung des Verhinderungsgrundes wieder aufzunehmen und abzuschließen. Es gelten dann wieder die übrigen Bestimmungen dieser Vereinbarung. Falls aufgrund eines zu großen Zeitablaufs oder aufgrund von Bestimmungen der entsprechenden Institutionen eine Wiederaufnahme und Beendigung des Examens nicht möglich sein sollte, ist er nicht zur Rückzahlung der bis dahin geleisteten Förderung verpflichtet.“

Die Arbeitnehmerin trat das Steuerberaterexamen weder 2018 noch 2019 noch 2020 an. Stattdessen kündigte sie das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2020. Die Arbeitgeberin forderte daraufhin die Fördersumme vollständig zurück. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gaben der Klage der Arbeitgeberin statt.
 

Die Entscheidung

Das BAG hob die Entscheidung auf (BAG, Urteil vom 25. April 2023 – 9 AZR 187/22). Zunächst bestätigte das Gericht, dass es sich bei solchen Vereinbarungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handelt, die einer vollständigen gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Dieser Kontrolle hält die oben zitierte Rückzahlungsklausel aus Sicht des Gerichts nicht stand, auch nicht im Zusammenhang mit der „Härtefallregelung“. Denn Letztere erfasse „… nur einen Teil der praktisch relevanten Fälle und lässt insbesondere eine durch ein Fehlverhalten des Arbeitgebers (mit) veranlasste Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer unberücksichtigt. Darin liegt eine unangemessene Benachteiligung…“

Ob eine solche, durch den Arbeitgeber (mit) veranlasste Kündigung überhaupt vorlag, spielt demgegenüber keine Rolle, denn für die Unwirksamkeit einer Klausel in AGB kommt es nicht auf deren unangemessenen Gebrauch im konkreten Fall an. Infolgedessen ist der Rückzahlungsanspruch der Arbeitgeberin vollständig entfallen.
 

Praxis-Hinweis

Die rechtssichere Gestaltung von Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsvereinbarungen ist weiterhin äußerst anspruchsvoll, wie diese jüngste Entscheidung des BAG bestätigt. Bedauerlicherweise werden in diesem Zusammenhang erst weitere Entscheidungen der Arbeitsgerichte abzuwarten sein, die den Begriff der „vom Arbeitgeber mitveranlassten Eigenkündigung“ ausfüllen. Arbeitgeber, die die Fortbildung und Weiterentwicklung ihrer Beschäftigten fördern möchten, werden aufgrund dieser Entscheidung mit einer weiteren rechtlichen Unsicherheit konfrontiert.

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