Revisionssichere Prozesse im Zuwendungswesen als Baustein der Compliance

Öffentliche und private Geldgeber knüpfen die Gewährung von Zuwendungen in der Regel an Vorgaben, die der Zuwendungsempfänger erfüllen muss. Diese Vorgaben müssen während des gesamten Lebenszyklus eines Zuwendungsprojekts, von der Antragstellung über die Gewährung und die Mittelabrufe bis hin zur finalen Abrechnung, beachtet werden. Ab dem Zeitpunkt der Gewährung und der Inanspruchna

Bei Verstößen gegen Vorgaben der Zuwendungsgeber drohen Rückzahlungsverpflichtungen

 

Öffentliche und private Geldgeber knüpfen die Gewährung von Zuwendungen in der Regel an Vorgaben, die der Zuwendungsempfänger erfüllen muss. Diese Vorgaben müssen während des gesamten Lebenszyklus eines Zuwendungsprojekts, von der Antragstellung über die Gewährung und die Mittelabrufe bis hin zur finalen Abrechnung, beachtet werden. Ab dem Zeitpunkt der Gewährung und der Inanspruchnahme einer Zuwendung entsteht das Risiko von Rückforderungsansprüchen durch Verstöße gegen Vorgaben der Zuwendungsgeber. Negative Prüfungen von Verwendungsnachweisen durch den Zuwendungsgeber unmittelbar nach Vorlage oder von prüfberechtigten Stellen zu einem späteren Zeitpunkt können finanzielle und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Unter Umständen erschweren derartige Feststellungen auch die künftige Beantragung und Gewährung von öffentlichen und privaten Zuwendungen. Deshalb sollten Zuwendungsempfänger aus der Gesundheits- und Sozialwirtschaft revisionssichere Prozesse im Zuwendungswesen etablieren und damit den Baustein für Compliance hinsichtlich der Vorgaben von Zuwendungsgebern legen.

Die Herkunft von Zuwendungen kann öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Natur sein. Ein Unterscheidungsmerkmal ist die Mittelzuweisung durch einen Verwaltungsakt (Zuwendungsbescheid) oder über einen beidseitigen Vertrag (Zuwendungsvertrag). Dieser Artikel betrachtet öffentlich-rechtliche Zuwendungen, die zum Beispiel auf Grundlage von §§ 23, 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) gewährt werden. Der Zuwendungsbescheid stellt in diesen Fällen einen Verwaltungsakt dar, der mit der Auferlegung entsprechender Nebenbestimmungen einhergeht, um die zweckmäßige Verwendung von Zuwendungen sicherzustellen.

Vorgaben für Zuwendungen können variieren

Die Vorgaben der Zuwendungsgeber variieren hinsichtlich ihrer Komplexität. Bekannte Regelungen bei Zuwendungen durch Bundes- oder Landesbehörden in Deutschland sind die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P). Besonders hohe Anforderungen bestehen in der Regel bei EU-kofinanzierten Projekten.

Die Etablierung revisionssicherer Prozesse im Zuwendungswesen beginnt mit einer Bestandsaufnahme und Inventur. Als Arbeitsergebnis wird eine vollständige Übersicht der Zuwendungsgeber, Zuwendungsprojekte und Zuwendungsbeträge für den Zeitraum eines Geschäftsjahres erstellt. Gleichzeitig werden die organisatorischen Zuständigkeiten für das Zuwendungsverfahren erhoben. Durch diese Vorarbeiten wird eine transparente Grundlage für die prozessualen Regelungen und ihre Optimierung geschaffen.

Phasen eines Zuwendungsprojekts

 

Ein Zuwendungsvorgang durchläuft regelmäßig folgende Phasen:

  1. Abgrenzung des Vorhabens und Antragstellung
  2. Bewilligung und Zuwendungsbescheid
  3. Start des Zuwendungszeitraums
  4. Durchführungszeitraum
  5. Ende des Zuwendungszeitraums und Abrechnung (Verwendungsnachweis)

Diese Phasen eines Zuwendungsprojekts sollten als Ansatzpunkt zur Verbesserung bestehender Prozesse genutzt werden. In der Antrags- und in der Bewilligungsphase fallen Informationen an, die für die Ordnungsmäßigkeit des weiteren Prozesses entscheidend sind. Dies sind beispielsweise:

  • Förderart (institutionelle Förderung oder Projektförderung)
  • Finanzierungsart (Fehlbedarfs-, Festbetrags- oder Anteilsfinanzierung)
  • Festlegung von Durchführungszeitraum und Bewilligungszeitraum
  • Mittelbereitstellung und Abrufverfahren
  • Vorgaben für Projektbeteiligte (z. B. Zeitaufschreibung)
  • Bestimmungen für den Nachweis zweckentsprechender Verwendung von Mitteln
  • Eigenanteile
  • Mitteilungspflichten und Möglichkeiten für Änderungsanträge
  • Umfang und Inhalt der Abrechnungsunterlagen (Verwendungsnachweis)
  • Frist zur Abrechnung (Abgabe des Verwendungsnachweises)

Einrichtung eines Kontrollsystems während des gesamten Projektzyklus

Im Zuge der Bearbeitung des Zuwendungsbescheids sollten diese Informationen standardisiert verarbeitet werden. Die zu erfüllenden Vorgaben für die Aufzeichnung von Sach- und Personalkosten, die in der Regel Gegenstand von Zuwendungen sind, einschließlich der internen Zuständigkeiten für eine ordnungsgemäße Dokumentation sind widerspruchsfrei zu regeln. Der Zuwendungsempfänger ist für die Einrichtung und Aufrechterhaltung eines angemessenen und wirksamen internen Kontrollsystems (IKS) während des gesamten Lebenszyklus eines Zuwendungsprojekts verantwortlich. In allen Phasen sollte daher ein hohes Eigeninteresse bestehen, mit Hilfe von Kontrollen die Einhaltung von internen und externen Vorgaben zu überwachen.

Interne Prozesse auch bei Abrechnung beachten

Nach Ablauf des Zuwendungszeitraums erfolgt die Abrechnung mit Erstellung des Verwendungsnachweises. Die internen Prozesse des Zuwendungsempfängers sollten sich an folgenden Nachweiszielen orientieren:

  • Erfüllung des Zuwendungswecks
  • Zweckentsprechende Verwendung der Zuwendung
  • Wirtschaftliche Verwendung der Zuwendung und Erreichen des Förderziels
  • Erfüllung von Auflagen

Gesetzliche Vertreter sollten vor Unterschrift gründlich prüfen

Der Prozess der Erstellung, Unterzeichnung und Einreichung des Verwendungsnachweises erfordert ein differenziertes internes Kontrollsystem (IKS) unter Berücksichtigung des Vier-Augen-Prinzips und der Funktionstrennung. Die Unterzeichnung der endgültigen Fassung eines Verwendungsnachweises vor der Einreichung beim Zuwendungsgeber erfolgt regelmäßig durch die gesetzlichen Vertreter des Zuwendungsempfängers. Aufgrund der regelmäßig großen Distanz zu den operativen Abläufen sind die gesetzlichen Vertreter der Organisation gut beraten, ihre Unterschrift erst nach Abschluss einer prozessintegrierten oder prozessunabhängigen internen Kontrolle zu leisten. Eindeutige Regelungen, welche Stellen zu welcher Zeit aktiv werden und wie das Kontrollergebnis dokumentiert werden soll, sind dringend geboten. Denkbar ist unter anderem eine kursorische Durchsicht von Verwendungsnachweisen durch die Interne Revision, bevor die abschließende Unterzeichnung vollzogen wird. Eine Funktionstrennung sollte zwischen Erstellung, Genehmigung und Unterzeichnung des Verwendungsnachweises eingerichtet werden.

Praxis-Hinweis

Sofern der Bund oder die Länder Zuwendungen an Betriebe und Unternehmen bewilligen, handelt es sich vielfach um Subventionen im Sinne des § 264 Strafgesetzbuch. Diese Rechtsnorm beschreibt den Straftatbestand des Subventionsbetrugs, der zum Beispiel erfüllt sein kann, wenn ein Zuwendungsempfänger über subventionserhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht, die für ihn vorteilhaft sind. Die Gestaltung von revisionssicheren Prozessen im Zuwendungswesen ist deshalb ein wichtiger Baustein der Compliance, um rechtliche und wirtschaftliche Risiken abzumildern. Ein Organisationshandbuch für den Bereich Zuwendungswesen mit Begriffsbestimmungen, Regelung der Aufbau- und Ablauforganisation inklusive Unterschriftenregelungen sowie Checklisten, Formularen und Vorlagen bietet einen guten Ansatz zur Professionalisierung der Abläufe im Zuwendungswesen.

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