Änderung der Richtlinie bietet Kliniken einige Optionen zur Wahrung ihres Handlungsspielraumes .
Am 1. Januar 2020 ist die Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL), die im September 2019 durch den Gemeinsamen Bundesauschuss (G-BA) beschlossen worden war, in Kraft getreten und hat die bisher geltende Psychiatrie-Personalverordnung (PsychPV) ersetzt. Um die Folgen der anhaltenden COVID-19-Pandemie für die Krankenhäuser zu berücksichtigen, hat der G-BA im Oktober 2020 die PPP-RL angepasst. So gelten unter anderem die bei Nichterfüllen der Richtlinie vorgesehenen Sanktionen erst ab dem 1. Januar 2022.
Anders als die bisher geltende PsychPV, die den wesentlichen Rahmen für die Finanzierung der Behandlungen bildete, ist die nun geltende PPP-RL eine verbindliche Mindestvorgabe zur Personalausstattung. Die PPP-RL hat das Ziel, Transparenz beim Personaleinsatz herzustellen, die Strukturqualität zu sichern und Daten für die Weiterentwicklung des Personaleinsatzes zu erlangen.
Auch PPP-RL enthält Minutenvorgaben
In der PPP-RL werden – wie schon in der Psych-PV – Minuten-Vorgaben für die Personalausstattung für jede Berufsgruppe je Behandlungswoche festgelegt. Die Mindestvorgabe an Personal wird für jeden Bereich über das Ausmultiplizieren der Minutenwerte mit der Anzahl der Behandlungswochen bestimmt. Die berechneten Mindestvorgaben gelten als erfüllt, wenn die Personalausstattung über oder gleich 100 % ist und keine Berufsgruppe unter 100 % liegt. Ab dem Jahr 2022 müssen Einrichtungen 90 % der berechneten Personalvorgaben erfüllen, um sanktionsfrei zu bleiben. Ab dem Jahr 2024 muss die Personalvorgabe zu 100 % erreicht werden. Die Kliniken haben somit noch ein Jahr Zeit, den geforderten Personalbestand sanktionsfrei aufzubauen.
Optionen zur Wahrung des Handlungsspielraumes
Der Gesetzgeber bietet den Kliniken zur Wahrung ihres Handlungsspielraumes einige Optionen: Die Berufsgruppen werden nur in die Bereiche Erwachsenenpsychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Psychosomatik unterschieden. Die Einrichtungen können somit weiterhin das Personal zwischen den Fachabteilungen flexibel und bedarfsgerecht einsetzen. Die Verrechnung von Berufsgruppen, die sich Regelaufgaben mit einer anderen Berufsgruppe teilen, ist zulässig (z. B. Verrechnung zwischen Arzt und Psychologe). Schwierigkeiten in der Personalbeschaffung werden dadurch entschärft. Zudem ist eine (begrenzte) Anrechnung von weiteren Berufsgruppen, die nicht in der Personalausstattung vorgesehen sind, aber die Qualifikation zur Erfüllung von Regelaufgaben haben, erlaubt.
Psychosomatik erstmals in Personalausstattung aufgeführt
Die Minutenwerte der PPP-RL orientieren sich stark an denjenigen der PsychPV. Dies gilt für fast alle Bereiche, außer für die Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie für die Berufsgruppe Psychologe, wo die Minutenwerte deutlich die PsychPV-Minuten übersteigen. Erstmalig ist die Psychosomatik in der Personalausstattung aufgeführt. Berechnungen zufolge muss ein durchschnittliches psychiatrisches Klinikum das Personal um ca. 5 % aufstocken, um die Einhaltung der PPP-RL gegenüber der PsychPV zu erfüllen. Diese moderate Steigerung ist für die Einrichtungen in der Regel leistbar.
Bemessung des Personaleinsatzes am tatsächlich eingesetzten Personal
In der PPP-RL bemisst sich der Personaleinsatz am tatsächlich eingesetzten Personal und nicht mehr an eingestellten Vollkräften. Diese Neuerung bedeutet in der Praxis, dass das Personalcontrolling Ausfallzeiten und Personaleinsatz genau planen, steuern und überwachen muss. Auch darüber hinaus erfordert die Einhaltung der PPP-RL einen erheblich höheren Dokumentationsaufwand: Die psychiatrischen Einrichtungen sind dazu verpflichtet, die Einhaltung der Mindestvorgaben quartalsweise vorzuweisen. Hierzu werden quartals- und einrichtungsbezogen die ermittelten Mindestvorgaben und die tatsächliche Personalausstattung vorgelegt. (Ausnahme: Die psychosomatischen Einrichtungen sind bis 2022 von der Ermittlung der Mindestvorgaben befreit.)
Sanktionen bei ausbleibender oder verspäteter Datenlieferung
Zur Weiterentwicklung der PPP-RL wird zudem eine stations- und monatsbezogene Datenabfrage an das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) übermittelt. Eine Sanktionierung bei ausbleibender oder verspäteter Datenlieferung ist bereits 2021 für alle Einrichtungen vorgesehen. Die Datenlieferung muss bis zu den folgenden Terminen erfolgen:
30. April 2021: | Daten Q1 bis Q4 2020 |
15. Mai 2021: | Daten Q1 2021 |
15. August 2021: | Daten Q2 2021 |
15. November 2021: | Daten Q3 2021 |
15. Februar 2022: | Daten Q4 2021 |
Zusätzlich zu der routinemäßigen Übermittlung der Daten ist eine unverzügliche Meldung bei Nichteinhaltung der Mindestvorgaben gefordert, und zwar zu den folgenden Terminen:
15. April 2021: | Daten Q1 2021 |
15. Juli 2021: | Daten Q2 2021 |
15. Oktober 2021: | Daten Q3 2021 |
15. Januar 2022: | Daten Q4 2021 |
Praxis-Hinweis zur PPP-RL
Die Einrichtungen sind verpflichtet, die tatsächlichen Personaleinsatzzahlen zu erheben und quartalsweise bzw. monatsweise auszuwerten. Insbesondere die Datenerhebung für das IQTIG, in der die Zuordnung von Pool-Pflegekräften und klinikübergreifend arbeitendem therapeutischen Personal zu einzelnen Stationen gefordert wird, stellt viele Einrichtungen vor Schwierigkeiten. Hier empfehlen wir, frühzeitig eine konsistente Datengrundlage zu schaffen.
Insgesamt raten wir dazu, den tatsächlichen Personaleinsatz elektronisch zu dokumentieren und eine detaillierte Personalsteuerung in die internen Berichte aufzunehmen. Ferner muss in der Personalplanung eine maßvolle Vorhaltung eingeplant werden. Die unklare Verhandlungsgrundlage führte im Verhandlungsjahr 2020 oftmals dazu, dass das Budget lediglich fortgeschrieben wurde. Aufgrund der Sanktionierung der Nichterfüllung der Personalgrenzen muss eine entsprechende Refinanzierung der Personalausstattung in den Budgetverhandlungen 2021 umgesetzt werden, die deshalb frühzeitig vorbereitet werden sollten.