OPS-Strukturprüfung: MD darf Anforderungen an Kooperationsvereinbarungen nicht überspannen

Die Krankenhäuser in Deutschland haben im Vergleich zur ersten Prüfrunde im Jahr 2021 in 2022 rund 6.000 Prüfanträge weniger gestellt. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass nicht ausreichend Fachpersonal verfügbar war, um die Strukturvoraussetzungen zu erfüllen. Gerade bei der Versorgung des Schlaganfalls auf der Stroke Unit sahen die Medizinischen Dienste (MD) Defizite bei den vorhandenen personellen Strukturen. Dabei lehnten die MD eine Bescheinigung häufig mit dem Argument ab, das Strukturmerkmal „Kooperationsvereinbarung mit einer Schlaganfalleinheit mit der Möglichkeit zur Durchführung von Thrombektomien und intrakraniellen Eingriffen“ sei nicht erfüllt. Dass die MD im Rahmen ihrer Prüfung allerdings teilweise die Anforderungen an Kooperationen mit anderen Krankenhäusern überspannen, erkennen in letzter Zeit immer mehr Sozialgerichte. In einer aktuellen Entscheidung des Sozialgerichts München wurde dem Vorgehen des MD (erneut) eine klare Absage erteilt (Urteil vom 2. Mai 2023 – S 7 KR 1032/22).


Der Fall

Das klagende Krankenhaus, das unter anderem eine neurologische Abteilung betreibt und dort Patienten mit Schlaganfall behandelt, beantragte im Jahr 2021 beim MD die Begutachtung der Strukturmerkmale für die neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls (OPS 8-981.2) für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis 31. Dezember 2022. Mit dem Antrag wurden zwei Kooperationsvereinbarungen vorgelegt, die im Jahre 2009 mit dem nahegelegenen Universitätsklinikum geschlossen worden waren. Eine Vereinbarung war mit der Klinik für Neurochirurgie geschlossen und regelte die Kooperation bei der Versorgung von Schlaganfall- und anderen neurochirurgisch zu behandelnden Patienten. Die andere Vereinbarung war mit der Klinik für Gefäßchirurgie geschlossen und regelte die Kooperation bei der Versorgung von Patienten mit neurovaskulären Erkrankungen. Der MD lehnte die Erteilung einer Bescheinigung nach Prüfung ab, da das Strukturmerkmal „Kooperationsvereinbarung mit einer Schlaganfalleinheit mit der Möglichkeit zur Durchführung von Thrombektomien und intrakraniellen Eingriffen“ nicht erfüllt sei. In den vorgelegten Vereinbarungen werde lediglich der Leistungszweck benannt. Eine konkrete Beschreibung der zu erbringenden Leistungen, des Leistungsumfangs sowie der Leistungsdauer sei in der Vereinbarung nicht enthalten. Dies sei nach der Begutachtungsrichtlinie des MD-Bund aber notwendig. Auf den Antrag des Krankenhauses auf Wiederholungsprüfung bestätigte der MD dann die Einhaltung der Strukturmerkmale zumindest für den Zeitraum vom 1. Juni 2022 bis 31. Dezember 2022, nachdem ein weiterer „Kooperationsvertrag über die Verlegung von Patienten zur Durchführung von intrakraniellen Eingriffen und Thrombektomien“ mit dem Universitätsklinikum mit Datum vom 31. Mai 2022 vorgelegt worden war. Der vom Krankenhaus hiergegen erhobene Widerspruch wurde vom MD zurückgewiesen. Die daraufhin erhobene Klage auf Erteilung der Bescheinigung auch für den Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis 31. Mai 2022 hatte Erfolg.


Die Entscheidung

Das SG München verpflichtete den MD, die Erfüllung der Strukturmerkmale des OPS 8-981.2 im Zeitraum vom 1. Januar 2022 bis 31. Mai 2022 festzustellen und eine Bescheinigung gemäß § 275d Abs. 2 SGB V für diesen Zeitraum zu erteilen. Die Vereinbarungen aus dem Jahr 2009 enthielten bereits die wesentlichen Bestandteile einer Kooperationsvereinbarung im Sinne des OPS 8-981.2. Eine umfangreichere Ausgestaltung sei nicht notwendig gewesen. Zudem sei der erforderliche Rechtsbindungswille mit dem im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Kooperationsvertrag vom 31. Mai 2022 nachgewiesen worden. Die Kammer stellte klar, dass der OPS 8-981.2 keine schriftliche Kooperationsvereinbarung voraussetze. Auch aus § 275d Abs. 1 Satz 3 SGB V könne nicht der Rückschluss gezogen werden, ein Nachweis von Strukturmerkmalen könne nur durch schriftliche Nachweise bzw. Urkunden erfolgen. Zudem ergebe sich aus § 275d SGB V keine Ausschlussfrist für die Übermittlung von Unterlagen. Insofern könnten Daten – im Gegensatz zur materiellen Präklusion gemäß § 7 PrüfvV – auch noch im gerichtlichen Verfahren vorgelegt werden.


Fazit

Der MD wird zu Recht in seine Grenzen verwiesen. Zu häufig schon hat der MD Strukturanforderungen überspannt bzw. Nachweise verlangt, die weit über die vom Gesetzgeber beabsichtigten Dokumentations- und Darlegungspflichten hinausgehen. Erfreulich ist daher, dass das SG München klarstellt, dass die im OPS-Kode 8-981.2 geregelte Kooperationsvereinbarung nicht der Schriftform bedarf. Diese Ansicht sei systematisch schon deshalb falsch, weil andere OPS-Kodes ausdrücklich die schriftliche Dokumentation verlangten. Ebenso erfreulich ist die Klarstellung, dass der Begutachtungsleitfaden des MD-Bund für die Krankenhäuser rechtlich unverbindlich ist. Bei all den Rügen des MD sollte aber nicht übersehen werden, worauf es dem Gericht bei einer Kooperation ankommt: Für den Bestand einer Kooperation sind – entsprechend den Grundsätzen des Bundessozialgerichts zur Kooperationspartnerschaft im Sinne des OPS 8-98b – eine „rechtlich verfestigte Kooperation“ und eine rechtliche Verbindlichkeit maßgeblich. Ob eine Kooperation zwischen zwei Krankenhäusern tatsächlich besteht, ist insofern danach zu beurteilen, ob zwischen den Parteien ausdrücklich wechselseitige Verpflichtungen begründet werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist eine „rechtlich verfestigte Kooperation“ empfehlenswert, die anhand eines schriftlichen Kooperationsvertrages nachgewiesen werden kann, aus dem sich ausdrücklich die wechselseitigen Verpflichtungen ergeben. Nur so können negative Bescheide bzw. Erlösverluste verhindert werden. Gerne prüfen wir Ihre bestehende Kooperationsvereinbarung.

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