OLG Karlsruhe bestätigt Verbot der pauschalen Werbung für ärztliche Videosprechstunden

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat in seinem Urteil vom 22. Dezember 2022 – 4 U 262/22 – die Kriterien hinsichtlich der unzulässigen Werbung für ärztliche Videosprechstunden konkretisiert.


Der Fall

Gegenstand des Verfahrens war eine Werbung für die Inanspruchnahme von Videosprechstunden, insbesondere zur Erlangung ärztlicher Rezepte. Über einen Link in der Werbeanzeige in einem sozialen Netzwerk bzw. über einen QR-Code auf einem Werbeflyer fand eine Weiterleitung zu einer Internetseite statt, die von einem elektronischen Marktplatzbetreiber für Apotheken betrieben wurde und über die der Kunde zu den in der streitgegenständlichen Werbung beworbenen Dienstleistungen gelangte.

Ein Apothekenbetreiber erachtete diese Werbemaßnahme als unzulässig und klagte in einem einstweiligen Verfügungsverfahren erfolgreich gegen den Marktplatzbetreiber auf Unterlassung vor dem Landgericht (LG) Konstanz. Das LG bestätigte die Verantwortlichkeit des Marktplatzbetreibers für die streitgegenständliche Werbung, die es mit Blick auf das in § 9 Satz 1 HWG verankerte Werbeverbot für Fernbehandlung als unzulässig und damit wettbewerbswidrig erachtete. Mit seiner gegen die Entscheidung des LG Konstanz eingelegten Berufung beim OLG Karlsruhe unterlag der Beklagte erneut.

 

Die Entscheidung

In Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil entschied das OLG Karlsruhe, dass die pauschale, insbesondere nicht auf bestimmte Krankheitsbilder beschränkte Werbung für ärztliche Videosprechstunden einen Verstoß gegen § 9 Satz 1 HWG darstellt. Denn es werde der Eindruck vermittelt, dass eine Videosprechstunde nicht nur bei bestimmten, eng begrenzten Indikationen, sondern immer in Anspruch genommen werden könne. Dies sei mit Blick auf den Verbotstatbestand des § 9 Satz 1 HWG, der die Unzulässigkeit der Werbung für eine Fernbehandlung normiere, aber gerade nicht der Fall. Auch käme eine Berufung auf den Erlaubnistatbestand des § 9 Satz 2 HWG aufgrund dessen Ausnahmecharakters im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Dieser erlaube eine Werbung für Fernbehandlung nur, wenn diese den allgemeinen fachlichen Standards entspricht und ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem zu behandelnden Menschen nicht erforderlich ist, wobei die Darlegungs- und Beweislast dafür beim Werbenden liege. Einen solchen einschränkenden Hinweis beinhaltete die Werbung im vorliegenden Fall indes nicht.
 

Fazit
 

Die Entscheidung des OLG Karlsruhe folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Verbot der pauschalen Werbung für Fernbehandlungen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Dezember 2021 – I ZR 146/20). Gleichzeitig fügt sich das Urteil in die bundesweite oberlandesgerichtliche Rechtsprechung bezüglich der Darlegungs- und Beweislast des Werbenden für das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des § 9 Satz 2 HWG ein. In der Praxis ist daher stets darauf zu achten, dass Werbemaßnahmen für ärztliche Videosprechstunden auf Krankheitsbilder beschränkt werden, für die ein persönlicher ärztlicher Kontakt mit dem Patienten nach fachlichen Standards nicht erforderlich ist.

Autorin
Autorin

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten

phone
mail Pfeil weiß