Nutzungsdauer von Computerhardware und Software

Kaum ein anderer Bereich entwickelt sich heutzutage so schnell wie Computerhardware und Software. Nach den bisher geltenden amtlichen AfA-Tabellen aus dem Jahr 2001 ist für Zwecke der steuerlichen Ergebnisermittlung in den meisten Fällen eine betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von drei Jahren zugrunde zu legen. Für ERP-Softwaresysteme wie SAP mit integrierten Personal- oder Warenwirtschaft

Sofortabschreibung für digitale Wirtschaftsgüter

 

Kaum ein anderer Bereich entwickelt sich heutzutage so schnell wie Computerhardware und Software. Nach den bisher geltenden amtlichen AfA-Tabellen aus dem Jahr 2001 ist für Zwecke der steuerlichen Ergebnisermittlung in den meisten Fällen eine betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von drei Jahren zugrunde zu legen. Für ERP-Softwaresysteme wie SAP mit integrierten Personal- oder Warenwirtschaftssystemen etc. gelten fünf Jahre Nutzungsdauer, bei Servern sind es sieben Jahre. Ausnahmen gibt es für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) und Sammelposten. Das Bundesfinanzministerium (BMF) führt in seinem Schreiben vom 26. Februar 2021 – IV C 3 -S 2190/21/10002 :013 – nun aus, dass für Computerhardware sowie Betriebs- und Anwendersoftware eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden kann (steuerliches Wahlrecht).

Durch die mit dem erhöhten Abschreibungsaufwand im Anschaffungsjahr des Anlageguts einhergehenden ertragsteuerlichen Vorteile sollen Investitionsanreize geschaffen und die Digitalisierung gefördert werden. Diese Neuerung wirft, obwohl sie auf den ersten Blick durchaus Vorteile und Erleichterungen mit sich bringen mag, auch und gerade im gemeinnützigen Bereich Fragen auf, von denen einige im Folgenden erörtert werden sollen.

Welche Geräte und Anwendungen sind von der Verkürzung der Nutzungsdauer betroffen?

Das BMF definiert umfangreich, welche Wirtschaftsgüter betroffen sind. Vereinfacht dargestellt gilt dies für sämtliche Hard- und Software, also auch ERP-Systeme und Server.

Erfolgt die Abschreibung bei Nutzungsdauern von nur noch einem Jahr pro rata temporis oder per Sofortabschreibung?

Das Schreiben des Bundesfinanzministeriums nennt eine Nutzungsdauer von einem Jahr. Das Institut der Wirtschaftsprüfer e. V. (IDW) vertritt hierzu die Auffassung, dass dies einer Sofortabschreibung gleichkommt. Betroffene Wirtschaftsgüter werden demnach, unabhängig vom Zeitpunkt des Zugangs, zum Bilanzstichtag des Anschaffungsjahres vollständig abgeschrieben. Die Pro-rata-temporis-Regelung findet keine Anwendung.

Gilt die Regelung auch für „Altwirtschaftsgüter“, also Anschaffungen bis 31. Dezember 2020?

Zeitlich gilt die Regelung erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2020 enden. Es besteht aber ein Wahlrecht, den Restbuchwert der vor diesem Stichtag angeschafften Hard- und Software im Geschäftsjahr 2021 steuerrechtlich vollständig abzuschreiben.

Ist diese Neuregelung zwingend anzuwenden, auch in der Handelsbilanz?

Auf die handelsrechtliche Bilanzierung und Bewertung hat das Schreiben des BMF zunächst keinen Einfluss. Das IDW vertritt sogar die Auffassung, dass die Verkürzung der Nutzungsdauer von Hard- und Software als steuerrechtliches Wahlrecht nicht in allen Fällen den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchhaltung entspricht. In der Handelsbilanz ist somit weiter die voraussichtliche Nutzungsdauer zu schätzen, die in der Regel bei mehr als einem Jahr liegt. Die Dokumentation im Anlageninventar ist für wesentliche Vermögensgegenstände in jedem Fall beizubehalten.

Die steuerliche Abschreibung nach einem Jahr hätte aber eine Abweichung der Handels- von der Steuerbilanz zur Folge. Für ertragsteuerpflichtige Unternehmen oder im Rahmen steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe besteht in Fällen einer steuerlichen Unterbewertung die Pflicht zur Passivierung passiver latenter Steuern (§ 274 Abs. 1 Satz 1 HGB).

Welche Auswirkungen lassen sich für den gemeinnützigen Bereich ableiten?

Die Rechnungslegung gemeinnütziger Organisationen unterliegt formell dem Handelsrecht, wenn kaufmännische Rechtsformen wie die einer GmbH oder AktG gewählt wurden. Für Vereine und Stiftungen sind die Regeln des Handelsrechts häufig durch die Satzung vorgegeben. Unabhängig von der Rechtsform können Regelwerke wie die Krankenhaus-Buchführungsverordnung (KHBV) eine Anwendung des Handelsrechts vorschreiben. Darüber hinaus sind gegebenenfalls vertragliche Nebenpflichten etwa aus Kreditverträgen oder Fördermittelvereinbarungen und Gremienvorgaben zur Nutzungsdauer von langfristigen Investitionen zu beachten.

Aus steuerlicher Sicht wirken sich die schnelleren Abschreibungsmöglichkeiten bei gemeinnützigen Unternehmen auf den ersten Blick nur durch eine „Steuerstundung“ im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb aus. Verluste, die nur aufgrund von Abschreibungen entstehen, sind für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit nicht schädlich. Auf den zweiten Blick sind aber auch steuerbegünstigte Zweckbetriebe betroffen. Insbesondere Zweckbetriebe der sogenannten wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre stehen unter erhöhter Beobachtung, wenn sie Gewinne erwirtschaften, die ihren unmittelbaren Finanzierungsbedarf überschreiten. Hier könnte eine erhöhte steuerliche Abschreibung aufgrund der Abschnittsbesteuerung in einzelnen Jahren helfen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Finanzverwaltung diese Abschreibungsverluste außer Acht lässt bzw. längerfristige Betrachtungen anstellt, bei welchen diese Unterschiede nicht mehr ins Gewicht fallen.

Praxis-Hinweis zur Nutzungsdauer digitaler Wirtschaftsgüter

Die Ausübung des Wahlrechts zur Verkürzung der Nutzungsdauer von Computerhardware und Software ist für gemeinnützige Organisationen sehr genau zu prüfen. Für große Unternehmen mögen sich mehr Gestaltungsspielräume bieten und Diskussionen mit Betriebsprüfern über Aktivierungen von Nebenkosten für ERP-System etc. erübrigen. Die meisten Organisationen dürften mit den Regeln für GWGs weiter gut bedient sein und könnten erwägen, ihre Anlageinventare um tatsächlich wertlose Gegenstände jenseits der Nutzungsdauern zu bereinigen. Für eine Beratung für den in Ihrem Fall sinnvollen Umgang mit den neuen Regeln stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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