Nachhaltigkeitsberichterstattung öffentlicher Unternehmen – wer muss berichten?

Durch die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der Taxonomie-Verordnung sind große Kapitalgesellschaften in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft verpflichtet, bis 2025 eine umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung aufzubauen. Darüber hinaus werden Einrichtungsträger, die nach ihrer Satzung oder ihrem Gesellschaftsvertrag einen Lagebericht aufzustellen haben, zukünftig ihre Berichterstattung ausweiten.


Zweifelsfragen zur Berichtspflicht von kommunalen Gesundheits- und Sozialeinrichtungen

In den letzten Monaten haben wir uns unter anderem verstärkt mit Zweifelsfragen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung öffentlicher Unternehmen beschäftigt. In diesem Zusammenhang hat sich auch der Fachausschuss für öffentliche Unternehmen und Verwaltungen (ÖFA) des IDW im Sommer 2023 zu verschiedenen Fragen geäußert.

Grundsätzlich wird in der Branche davon ausgegangen, dass die CSRD bis Juli 2024 in deutsches Recht bzw. im Dritten Buch des HGB im Abschnitt zu den ergänzenden Vorschriften für Kapitalgesellschaften und haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften (in §§ 289 ff. HGB) umgesetzt wird.

Welche Punkte müssen aus Sicht der kommunalen Entscheidungsträger beachtet werden?    
 

Auswirkungen für rund 18.500 Unternehmen der öffentlichen Hand?

Nach aktueller Einschätzung ist die Mehrheit der bundesweit über 18.500 Unternehmen der öffentlichen Hand von der CSRD unmittelbar oder unmittelbar betroffen.

Demnach sind kommunale Gesundheits- und Sozialeinrichtungen

  • als große Kapitalgesellschaft im Sinne von § 267 HGB (i.d.R. GmbH) unmittelbar bzw.
  • über Verweisungen in Landesgesetzen, Satzungen oder Gesellschaftsverträgen mittelbar von der CSRD betroffen.

Aufgrund der Beteiligung der öffentlichen Hand greifen oft strengere Rechnungslegungsregeln; unabhängig von der tatsächlichen Unternehmensgröße.  

Praxishinweis: auch kleinere und mittlere Organisationsformen sollten die (internen) Vorgaben rechtzeitig prüfen.
 

Taxonomie-Verordnung – auch für kommunale Einrichtungen relevant?

Im Rahmen der CSRD-Anwendung muss im Regelfall auch die sogenannte Taxonomie-Verordnung berücksichtigt werden. Die Taxonomie-VO sieht hierbei ein einheitliches Klassifizierungssystem für Wirtschaftstätigkeiten vor, die als ökologisch nachhaltig eingestuft werden können.   

Ab dem Geschäftsjahr 2025 werden demnach unmittelbar von der CSRD betroffene kommunale Krankenhäuser (v.a. große GmbH) die Taxonomieangaben innerhalb des Nachhaltigkeitsberichts aufnehmen.  

Vor dem Hintergrund der komplexen Berichtsanforderungen ist insbesondere die Frage, ob auch mittelbar von der CSRD betroffene Unternehmen die Taxonomie-VO umsetzen müssen, von erheblicher Relevanz. 
 

Auslegung der Landesvorschriften

Kommunale Gesundheits- und Sozialeinrichtungen, die einen Lagebericht in entsprechender Anwendung der Vorschriften für große Kapitalgesellschaften aufstellen, müssen nach dem derzeitigen Diskussionsstand voraussichtlich keine Angaben nach der Taxonomie-VO vornehmen.

Bei einer engen Auslegung der Landesvorschriften, die sich streng am Gesetzeswortlaut orientiert, liegt somit nach Ansicht des ÖFA keine Pflicht zur Umsetzung der Taxonomie-VO vor. Aktuell wird nicht davon ausgegangen, dass der deutsche Gesetzgeber einen klarstellenden Verweis auf die Taxonomie-VO vornehmen wird.

Konsequenz:

Ab 2025 werden tatsächlich große Krankenhausgesellschaften die Taxonomie-VO umsetzen müssen. Rechtsträger, die wie große Kapitalgesellschaften berichten müssen, werden die Angaben nicht vornehmen.   
 

Konzernbefreiungsklausel auch für kommunale Unternehmen?

Gemäß Artikel 29a Abs. 1 CSRD müssen große Konzerne künftig eine konsolidierte Nachhaltigkeitsberichterstattung vorlegen. Zur Vermeidung einer Doppelbelastung besteht dabei die Möglichkeit, auf Ebene der einzelnen Tochterunternehmen die sogenannte Konzernbefreiungsklausel anzuwenden.

Demnach können zahlreiche Tochterunternehmen von der Aufstellung eines Nachhaltigkeitsberichts befreit werden, wenn eine Einbeziehung in die konsolidierte Berichterstattung des Mutterunternehmens erfolgt. Achtung: es muss eine Konzernrechnungslegungspflicht vorliegen.

Fraglich ist, ob auch in einem kommunalen Konzernabschluss die angeführte Befreiung greift oder ob alle großen Tochterunternehmen einen eigenen Nachhaltigkeitsbericht aufstellen müssen.

Im Ergebnis stellt der ÖFA fest, dass Unternehmen der öffentlichen Hand die Befreiungsvorschrift nicht in Anspruch nehmen können. Ohne Änderung landesrechtlicher oder gesellschaftsvertraglicher Regelungen besteht, so die aktuelle Einschätzung, die Verpflichtung zur Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Ebene des Einzelabschlusses.    

Es bleibt demnach abzuwarten, ob die weitere Diskussion noch zu weiteren Erleichterungen führt. Die Verantwortlichen sollten demnach zeitnah klären, ob eine entsprechende Verpflichtung zur CSRD vorliegt.
 

Umsetzung im Jahr 2023 starten 

Aufgrund der knappen Zeitschiene und der Komplexität einer CSRD-konformen Berichterstattung ist es ratsam, bereits 2023 u.a. die Anforderungen des ESRS, in Abstimmung mit einem branchenerfahrenen Abschlussprüfer, näher zu betrachten. Hierdurch wird sichergestellt, dass alle wesentlichen Vorgaben Beachtung finden und adressiert werden.
 

Praxis-Hinweis 

Die konkrete Ausgestaltung der Systeme und internen Prozesse zur Umsetzung einer richtlinien-konformen Nachhaltigkeitsberichterstattung bis 2025 erfordert ein strategisches Vorgehen. Etablierte Rahmenwerke sowie eine softwaregestützte Wesentlichkeitsanalyse bieten eine erste Hilfestellung bei der Erfüllung der Berichtspflichten sowie beim Aufbau einer validen und konsistenten ESG-Berichtsstruktur.

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