Nachhaltigkeitsbericht betrifft auch Sozialaspekte

Nach den Vorgaben der CSRD muss die Berichterstattung zukünftig auch Angaben umfassen, die für das Verständnis der Auswirkungen der Tätigkeiten des Unternehmens im Hinblick auf Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung erforderlich sind. In diesem Zusammenhang bilden die Berichtsstandards ESRS S1 (Own workface – Eigene Belegschaft) und ESRS S2 (Workers in the value chain – Arbeitnehmer in der Wertschöpfungskette) unter anderem Informationen bezüglich der Gleichstellung der Geschlechter (Lohngefälle, Geschlechtervielfalt in Leitungsorganen) und Inklusion sowie zu den Bereichen Ausbildung und Kompetenzentwicklung ab.


Die Richtlinie hat demnach das übergeordnete Ziel, organisatorische Veränderungen zur Förderung der Nachhaltigkeit im Umgang mit Mitarbeitern zu implementieren. Diese Maßnahmen betreffen sowohl die eigene Belegschaft als auch die Beschäftigten in der Wert- schöpfungskette.

Die Informationsbeschaffung bzw. die Implementierung der standardkonformen Berichterstattung wird erfahrungsgemäß einen erheblichen zeitlichen Vorlauf in den Bereichen Controlling, Personal und Finanzbuchhaltung benötigen. Eine wichtige Frage ist nun, wie sich Personalabteilung und Geschäftsführung auf die neuen Herausforderungen einstellen können.
 

Offenlegungsanforderungen zur eigenen Belegschaft

Im Rahmen der Aufbereitung der arbeitnehmerbezogenen Informationen ist insbesondere der ESRS S1 von zentraler Bedeutung. Anhand von 17 normierten Offenlegungspflichten sollen die Adressaten des Nachhaltigkeitsberichts in die Lage versetzt werden, eine Einschätzung der Arbeitsbedingungen sowie ihrer Auswirkungen auf das Unternehmen und die Belegschaft vornehmen zu können. Hierbei müssen die kurz-, mittel- und langfristigen Auswirkungen von Chancen und Risiken auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens, die sich beispielsweise aus der Personalsituation (z. B. Fachkräftemangel) ergeben können, dargelegt werden. Ergriffene Maßnahmen zur Verhinderung oder Behebung tatsächlicher oder potenzieller negativer Auswirkungen auf das Unternehmen und die Belegschaft müssen beschrieben werden. Der Standard führt beispielsweise auf, dass Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils von Frauen in den oberen Führungsebenen positive Auswirkungen (z. B. Erhöhung des Pools an qualifizierten Arbeitskräften, Verbesserung des Ansehens des Unternehmens) auf das Unternehmen haben.

Wenn das Unternehmen noch keine Richtlinien und Verfahren zu den oben angeführten Handlungsbereichen eingeführt hat, ist dies offenzulegen. Hierbei kann angegeben werden, bis zu welchem Zeitpunkt die fehlenden Richtlinien eingerichtet werden. Unter Beachtung der tarifrechtlichen Regelungen (Ruhepausen, Höchst- und Mindestarbeitszeiten, Mitbestimmungsrechten) und der gesetzlichen Vorgaben zu Arbeitssicherheit, Betrieblichem Eingliederungsmanagement, Datenschutz, Hygienestandards etc. ist davon auszugehen, dass Unternehmen aus der Gesundheits- und Sozialwirtschaft bereits heute eine Vielzahl der Offenlegungspflichten des ESRS S1 abdecken.
 

Leistungsindikatoren zur eigenen Belegschaft

Im Rahmen der Berichterstattung sieht der ESRS S1 zusätzlich elf Leistungsindikatoren vor, deren Grunddaten bereits überwiegend in der Personalabteilung (oder Verwaltungsleitung) vorliegen dürften.

Grundsätzlich gilt es zu beachten, dass zukünftig auch Informationen über Leiharbeitnehmer und Honorarkräfte in die Offenlegung einbezogen werden. Hervorzuheben ist auch die Offenlegungspflicht zu Verdienstunterschieden. Hierbei wird das Verhältnis der Jahresgesamtvergütung der bestbezahlten Person zum Median der Jahresgesamtvergütung aller Mitarbeiter zugrunde gelegt.
 

Soziale Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette

Durch den Standard ESRS S2 werden die Unternehmen zukünftig verpflichtet, Angaben über Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf Mitarbeiter in der Wertschöpfungskette näher zu beleuchten. Im Kern wird angestrebt, einen Überblick über die bei den Geschäftspartnern etablierten Maßnahmen zur Achtung der Menschenrechte, zur Bekämpfung von Zwangs- und Kinderarbeit, zum Umweltschutz und über Maßnahmen gegen Korruption und Bestechung zu erlangen. Hierzu ist insbesondere die Information, ob eine systematische Analyse der Lieferanten (z. B. Einhaltung der menschenrechtlichen Sorgfalts- pflichten) erfolgt bzw. ein Verhaltenskodex für Lieferanten existiert, von zentraler Bedeutung.

Weitere Offenlegungsanforderungen betreffen folgende Themenbereiche:

  • Kanäle für Arbeitnehmer in der Wertschöpfungskette, um Bedenken zu äußern (Beschwerdemechanismen)
  • Ergreifung von Maßnahmen gegen wesentliche ne- gative Auswirkungen auf Arbeitnehmer in der Wertschöpfungskette und Wirksamkeit dieser Maßnahmen
  • Ansätze zur Minderung wesentlicher Risiken und zur Nutzung wesentlicher Chancen im Zusammenhang mit Arbeitnehmern in der Wertschöpfungskette

Im Rahmen des ESRS S2 werden insbesondere Wirtschaftstätigkeiten näher betrachtet, die durch einen hohen Kosten- und Leistungs- sowie Zeitdruck geprägt sind. Hierbei werden explizit unter anderem Catering- oder Sicherheitspersonal sowie Mitarbeiter von Logistikanbietern als in der Wertschöpfungskette gefährdete Arbeitnehmer definiert.

Im Hinblick auf den ESRS S2 ist zu empfehlen, in einer Beschaffungsrichtlinie die Einhaltung von sozialen Standards verpflichtend vorzugeben und nachhaltige Aspekte in den Vergabekriterien (z. B. Überprüfung des Kriteriums „Wirtschaftliches Angebot“) zu berücksichtigen.
 

Umsetzung in 2023 starten

Aufgrund der knappen Zeitschiene und der Komplexität einer CSRD-konformen Berichterstattung ist es ratsam, bereits 2023 die ESG-Komponente „S“, in Abstimmung mit einem branchenerfahrenen Abschlussprüfer, näher zu betrachten. Hierdurch wird sichergestellt, dass alle wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen Beachtung finden und adressiert werden.

Die Implementierung der „sozialen“ Nachhaltigkeitsberichterstattung bedingt eine Überprüfung bestehender Abläufe in der Personalabteilung und der Verwaltung insgesamt. So wird es zur Bereitstellung der geforderten Kennzahlen unvermeidbar sein, organisatorische Verfahrensanweisungen im Hinblick auf die Anforderungen der ESRS S1 bis S4 zu modifizieren. Insbesondere die Überprüfung bestehender und die Etablierung neuer Kommunikationskanäle zu den einzelnen Stakeholdern erfordern einen erheblichen zeitlichen Vorlauf.
 

Praxis-Hinweis

Die konkrete Ausgestaltung der Systeme und internen Prozesse zur Umsetzung einer richtlinien-konformen Nachhaltigkeitsberichterstattung bis 2025 erfordert ein strategisches Vorgehen. Etablierte Rahmenwerke bieten eine erste Hilfestellung bei der Erfüllung der Berichtspflichten sowie beim Aufbau einer validen und konsistenten ESG-Berichtsstruktur. Die Analyse der arbeitnehmerbezogenen Nachhaltigkeitsindikatoren bietet den Unternehmen die Chance, frühzeitig Nachhaltigkeit als Mittel zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung auszubauen (Employer Branding).

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