Medizinische Forschungskooperationen und die Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten

Die Analyse und Auswertung vorhandener (digitaler) Gesundheitsdaten ist für die medizinische Forschung und die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen eine vielversprechende und unerlässliche Methode. Zunehmend wird im Rahmen der medizinischen Forschung auf vorhandene Patientendaten zurückgegriffen, um eine hohe Fallzahl für statistisch relevante Auswertungen zu erhalten. Die Sekundärnutz

Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist stets zu beachten

 

Die Analyse und Auswertung vorhandener (digitaler) Gesundheitsdaten ist für die medizinische Forschung und die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen eine vielversprechende und unerlässliche Methode. Zunehmend wird im Rahmen der medizinischen Forschung auf vorhandene Patientendaten zurückgegriffen, um eine hohe Fallzahl für statistisch relevante Auswertungen zu erhalten. Die Sekundärnutzung von Patientendaten bringt jedoch zahlreiche Rechtsfragen mit sich, da Gesundheitsdaten zu den intimsten Informationen über eine Person gehören und deshalb einem besonders hohen Schutz unterliegen. Jede Forschungskooperation muss daher unter ganz klar festgelegten Rahmenbedingungen erfolgen und eine sichere Durchführung des Forschungsprojektes unter strenger Beachtung der Betroffenenrechte sicherstellen.

Die Nutzung von vorhandenen Gesundheitsdaten ist die größte Datenquelle für die retrospektiv angelegte medizinische Forschung, aber auch für prospektive Forschungsvorhaben stellen diese Daten eine der wertvollsten Forschungsressourcen dar. Dieser Umstand macht eine Kooperation aus Sicht der Medizinprodukte- und Arzneimittelhersteller auch so attraktiv. Eine hohe Fallzahl bzw. große Datenmenge sowie die digitale Auswertung der Daten sind in der Regel nur durch einrichtungsübergreifende Kooperationen und die Vernetzung der Datenbanken möglich.

Rechtliche Grundlage der Sekundärnutzung: informierte Einwilligung

Für die Verarbeitung personenbezogener medizinischer Daten – auch und gerade zu Forschungszwecken – gibt es in Form der Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) einen europaweit einheitlichen Rechtsrahmen. Auf nationaler Ebene sind die diesbezüglichen Regelungen jedoch immer noch sehr fragmentiert. Es gilt der allgemeine Grundsatz, dass jegliche Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten verboten ist und damit auch die Verarbeitung zu Forschungszwecken – es sei denn, der Patient hat eingewilligt oder die Verarbeitung ist gesetzlich nicht verboten (Art. 9 DS-GVO).

Für eine wirksame Einwilligung müssen die Vorgaben der DS-GVO eingehalten werden, insbesondere setzt die Wirksamkeit einer Einwilligung voraus, dass diese informiert erfolgt, d. h. auf hinreichend präzisen Informationen darüber basiert, welche Stelle für welche Zwecke mit welchen Daten forschen können soll. Vorhandene Daten, die aufgrund der Einwilligung des Patienten gesammelt wurden, dürfen nur zu den Zwecken verwendet werden, zu denen die Einwilligung erteilt wurde.

Verwendung anonymisierter Gesundheitsdaten

Kontrovers wird diskutiert, ob eine Einwilligung des Patienten auch dann erforderlich ist, wenn es sich um anonymisierte Gesundheitsdaten handelt, zum Beispiel um Bildmaterial (Röntgen, CT, MRT), bei dem jeglicher Personenbezug durch die Klinik gelöscht wurde. Für anonyme Daten gelten die Anforderungen der DS-GVO nämlich nicht und dementsprechend auch nicht die Anforderungen hinsichtlich der Erfüllung der Betroffenenrechte. Während die einen der Auffassung sind, dass bei einer Anonymisierung eine Einwilligung des Patienten nicht erforderlich sei, sehen die anderen bereits in der Anonymisierung selbst eine einwilligungspflichtige Datenverarbeitung. Zudem sei gerade bei „Big-Data“ aufgrund der Datenmenge nie eine hundertprozentige Anonymisierung möglich, da schon die Analyse wenige Parameter eine Re-Identifizierung möglich mache.

Fazit

Wie wichtig gesundheitliche Daten für die Entwicklung von Arzneimitteln und Behandlungsplänen sein können, zeigt sich in der Corona-Pandemie. Die gesellschaftlich und politisch gewünschten Fortschritte in der Medizin sind nur möglich, wenn im Bereich der medizinischen Versorgung forschende Wissenschaftler über umfangreiche, aussagekräftige und qualitativ gute Daten von Patienten verfügen. Zur Auswertung dieser Daten ist der Einsatz von moderner Informations- und Kommunikationstechnik unumgänglich. Diese Entwicklung, die stetig zunehmende und für Forschungszwecke zur Verfügung stehende Datenmenge sowie die immer umfangreicheren Datenauswertungsmöglichkeiten haben damit auch einen entsprechenden Einfluss auf die medizinische Forschung.

Die Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten für die wissenschaftliche Forschung ist daher unerlässlich, um einen hohen medizinischen Qualitätsstandard zu halten. Dabei darf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nie aus dem Blick geraten. Forschungskooperationen sollten daher auf eine rechtssichere Vertragsgrundlage gestellt werden, damit die notwendigen Rahmenbedingungen für den Umgang mit den hochsensiblen Gesundheitsdaten geschaffen werden und die Klinik schadlos gehalten wird.

Weitere Artikel, die Sie interessieren könnten

phone
mail Pfeil weiß