Herausforderung Lagebericht 2021 gemäß HGB

Jeder Lagebericht hat zwei wesentliche zeitliche Perspektiven: Er ist zum einen vergangenheitsorientiert (Darstellung und Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage) und zum anderen zukunftsorientiert (Beurteilung und Erläuterung der voraussichtlichen Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken).

 

Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sind zu berücksichtigen

Jeder Lagebericht hat zwei wesentliche zeitliche Perspektiven: Er ist zum einen vergangenheitsorientiert (Darstellung und Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage) und zum anderen zukunftsorientiert (Beurteilung und Erläuterung der voraussichtlichen Entwicklung mit ihren wesentlichen Chancen und Risiken).

Die vergangenheitsorientierte Berichterstattung über den Geschäftsverlauf und die Lage muss ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der rechenschaftslegenden Einheit wiedergeben. Die zukunftsorientierte Berichterstattung muss auf Basis der vergangenheitsorientierten Berichterstattung und der wesentlichen Annahmen über die zukünftige Entwicklung plausibel und folgerichtig sein. Neben den gesetzlichen Grundlagen in § 289 HGB bzw. § 315 HGB ergeben sich diese Anforderungen aus dem Deutschen Rechnungslegungs Standard (DRS) Nr. 20 Konzernlagebericht.

Die Adressaten des Lageberichts und der Gesetzgeber erwarten von den gesetzlichen Vertretern, dass sie die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sowohl in der vergangenheitsorientierten als auch in der zukunftsorientierten Berichterstattung berücksichtigen. Wir möchten die sich daraus ergebenen Herausforderungen anhand einzelner Sachverhalte beleuchten, die sich aus den veröffentlichten Schwerpunkten der Abschlussdurchsicht der Wirtschaftsprüferkammer für das Jahr 2022 für Lageberichte ergeben.

Vergleich der in der Vorperiode berichteten Prognosen mit der tatsächlichen Geschäftsentwicklung

Im Lagebericht sind der Geschäftsverlauf und die Lage der betreffenden Einheit darzustellen und zu analysieren. Dazu gehört die Darstellung der gesamtwirtschaftlichen und branchenbezogenen Rahmenbedingungen. In die Ausführungen sind die bedeutsamsten finanziellen und gegebenenfalls nichtfinanziellen Leistungsindikatoren (= Kennzahlen) einzubeziehen. Die in der Vorperiode aufgestellten Prognosen sind mit der tatsächlichen Geschäftsentwicklung zu vergleichen.

Nachdem die Auswirkungen der Pandemie in den Prognosen der Lageberichte für das Geschäftsjahr 2019 in der Regel kaum einschätzbar waren, so sind in den Lageberichten für das Geschäftsjahr 2020 oftmals konkretere Prognosen für das Geschäftsjahr 2021 erfolgt. Es wird indes in den meisten Fällen zu wesentlichen Abweichungen zwischen prognostizierten und eingetretenen Entwicklungen gekommen sein. Diese Abweichungen sind zu erläutern.

Da in der Darstellung der Lage auch auf einmalige bzw. nicht nachhaltige Ereignisse und Entwicklungen einzugehen ist, bietet es sich an, bei der Erläuterung der Abweichungen darauf Bezug zu nehmen, soweit diese Ereignisse und Entwicklungen nicht in den Prognosen enthalten waren. Eine wesentliche Herausforderung bei der Berichterstattung ist mithin eine vollständige, klare und übersichtliche Darstellung der Lage der Einrichtung, in der wesentliche außergewöhnliche Covid-19-Etrags- und Aufwandseffekte angegeben werden. In den Einrichtungen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft sind die Ertragseffekte zumeist verbunden mit Unterstützungsmaßnahmen des Gesetzgebers, so dass hier die Interdependenz zu den Darstellungen der Rahmenbedingungen der Branche zu beachten ist.

Berichterstattung über wesentliche Einzelrisiken und gegebenenfalls über bestandsgefährdende Risiken

Anzugeben ist, ob die gesetzlichen Vertreter bestandsgefährdende Risiken oder Risiken, die sich wesentlich auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage auswirken können, erkennen. Für wesentliche Risiken sind außerdem die Maßnahmen zu berichten, die zu ihrer Begrenzung ergriffen wurden. Ein Risiko ist auch dann wesentlich und damit berichtspflichtig, wenn es besteht, aber aufgrund der ergriffenen Maßnahmen wahrscheinlich bei seinem Eintritt ohne wesentlichen Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bleiben wird. Auch in diesem Fall hat die Berichterstattung des Risikos und der ergriffenen Maßnahmen zu erfolgen.

Bezogen auf die Covid-19-Pandemie und ihre Auswirkungen ist also aufbauend auf die Ausführungen zum Geschäftsverlauf des Jahres 2021 anzugeben, inwieweit die Pandemie ein Risiko für die zukünftige Entwicklung darstellt. Neben Angaben zur erwarteten Inanspruchnahme der angebotenen Dienstleistung im Prognosezeitraum (z. B. Belegungszahlen) stellt sich die Frage nach möglichen öffentlichen Kompensationsmaßnahmen und deren Ergebniseffekten als risikobegrenzende Maßnahmen. Je nach finanzieller Ausgangslage sind die Auswirkungen auf die Zahlungsströme der betrachteten Einheit zu bewerten.

Wichtig: Bitte beachten Sie hierbei den obigen Hinweis, dass bei Wesentlichkeit des Risikos aus der Covid-19-Pandemie die ergriffenen bzw. zu ergreifenden Gegenmaßnahmen zu berichten sind. Dieser generelle Zusammenhang zwischen einem Risiko und vorgesehenen Gegenmaßnahmen bei Eintritt von Risiken sind unabdingbarer Bestandteil von ordentlichen Planungsrechnungen. Insbesondere für (Fremd-)Kapitalgeber sind diese Bausteine eines Risikomanagementsystems von grundlegender Bedeutung.

Umfang der Prognoseberichterstattung zu den bedeutsamsten finanziellen Leistungsindikatoren

Bereits in die Analyse des Geschäftsverlaufs sind die bedeutsamsten finanziellen Leistungsindikatoren einzubeziehen. In der Regel sind dies jene, die auch zur internen Steuerung herangezogen werden, zum Beispiel Eigenkapitalrendite, Umsatzrendite und EBITDA. Für solche finanziellen Leistungsindikatoren sind dann nicht nur vergangenheitsorientierte Ist-Werte zu ermitteln. Sie werden zugleich Teil der zukunftsorientierten Berichterstattung mit der Folge, dass für die Indikatoren Prognosewerte anzugeben sind. Hierbei muss eine Vergleichbarkeit von Ist- und Prognosewerten gegeben sein.

Sollten die gesetzlichen Vertreter zu dem Ergebnis kommen, dass die Covid-19-Pandemie als besonderer Umstand anzusehen ist, der in Bezug auf die zukünftige Entwicklung aufgrund gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen eine außergewöhnlich hohe Unsicherheit verursacht und daher die Prognosefähigkeit der Unternehmen wesentlich beeinträchtigt hat, so ist dies entsprechend zu begründen.

Als starkes Indiz für eine außergewöhnlich hohe Unsicherheit hinsichtlich der Zukunftsaussichten aufgrund gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen gilt nach dem Institut der Wirtschaftsprüfer ein Auseinanderfallen von Prognosen renommierter Wirtschaftsforschungsinstitute. Hinreichend erfüllt ist die Bedingung, wenn gleichzeitig auch nachweisbar ist, dass für die rechnungslegende Einheit ein hoher Grad von individueller Betroffenheit durch die Pandemieauswirkungen und damit eine außergewöhnlich hohe Unsicherheit in Bezug auf die Prognose gegeben ist. In diesem Falle sind komparative Prognosen oder die Darstellung der voraussichtlichen Entwicklung in verschiedenen Zukunftsszenarien unter Angabe der jeweils zugrunde gelegten Annahmen ausreichend. Gegen die Anwendung der Vereinfachung spricht es, wenn eine für unternehmens-/konzerninterne Zwecke erstellte und genehmigte Planungsrechnung mindestens für den Prognosezeitraum vorliegt.
 

Wichtig: Bei der Anwendung der Vereinfachungsregelung muss für die dargestellten Szenarien die Richtung der erwarteten Veränderung der prognostizieren Leistungsindikatoren gegenüber dem entsprechenden Ist-Wert des abgelaufenen Jahres verdeutlicht werden. Nach unserer Erfahrung ist aufgrund des Vorliegens von genehmigten Planungsrechnungen für den Prognosezeitraum selten von der Anwendung der Vereinfachungsregelung auszugehen. Hier empfiehlt es sich vielmehr, wie in der Vergangenheit auch, auf bestehende Risiken und Chancen in Bezug auf mögliche Abweichungen vom Planansatz einzugehen.

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Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Partner, Niederlassungsleitung Köln, Leitung KompetenzTeam Krankenhäuser
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Wirtschaftsprüfer, Partner, Leitung Grundsatzabteilung, Leitung KompetenzTeam Krankenhäuser

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