Rechtsrahmen für die Einrichtung eines Krisenfrüherkennungssystems
Der Rechtsrahmen für die Einrichtung eines Krisenfrüherkennungssystems ergibt sich vordergründig aus § 1 Abs. 1 StaRUG. Betroffen sind nicht nur Kapitalgesellschaften wie Aktiengesellschaften oder GmbHs, sondern auch Vereine und Stiftungen. Nicht von Bedeutung ist, ob eine jeweilige Körperschaft gemeinnützige oder mildtätige Zwecke verfolgt. Überraschenderweise sind auch juristische Personen des öffentlichen Rechts von den Verpflichtungen nicht ausgenommen.
Die Verantwortlichkeit für eine Krisenfrüherkennung richtet sich an sogenannte Geschäftsleiter, d. h. z.B. Geschäftsführer einer Krankenhaus GmbH. Diese sind angehalten, fortlaufend über Entwicklungen, welche den Fortbestand gefährden können, zu wachen. Sofern entsprechende negativen Entwicklungen festzustellen sind, sind sie verpflichtet, geeignete Gegenmaßnahmen zu treffen und den Organen zur Überwachung der Geschäftsleitung und ggf. weiteren zuständigen Organen unverzüglich Bericht zu erstatten. Dies läuft im Regelfall auf eine umfassende Information des Gesellschafterkreises und des Aufsichtsrats (sofern ein solcher besteht) hinaus.
Über die Feinheiten und die konkrete Ausgestaltung der Krisenfrüherkennung herrscht eine gewisse Unsicherheit. Die deutsche Regelung fußt auf der EU-Richtlinie RL EU 2019/1023, deren Vorgaben für die Ausgestaltung der Krisenfrüherkennung recht allgemein gehalten sind. Praktische Hinweise zur Ausgestaltung der Krisenfrüherkennung sollen nach § 102 StaRUG durch das Bundesministerium der Justiz unter www.bmjv.bund.de gegeben werden; bis dato steht eine entsprechende Informationsvermittlung aber noch aus. Klar dürfte sein, dass bei der Krisenfrüherkennung insbesondere die laufende Zahlungsfähigkeit gewährleistet sein muss. In diesem Zusammenhang ist eine fortlaufende Liquiditätsbetrachtung zumindest für die kommenden 24 Monate erforderlich, um den Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit ausschließen zu können oder im Zweifelsfalle zu beseitigen.
Dennoch sollten die Unklarheiten nicht dazu verleiten, die Vorgaben über eine Krisenfrüherkennung unbeachtet zu lassen. Zum einen ist es angesichts der erheblichen Veränderungen in der Krankenhauslandschaft zielführend, Aufsichtsrat und den Gesellschafterkreis frühzeitig mit einzubeziehen. So können Krisen im Regelfall besser bewältigt werden. Ist etwa kurzfristiges Kapital zur Aufrechterhaltung der Liquidität z.B. zur Vermeidung einer Zahlungsunfähigkeit notwendig, ist der Faktor Zeit nicht zu unterschätzen. Entsprechende Gremienbeschlüsse z.B. für die kurzfristige Gewährung eines Gesellschafterdarlehens lassen sich häufig nicht in wenigen Tagen beibringen.
Darüber hinaus bleibt aber auch zu bedenken, dass im Einzelfall eine Haftung von Leitungsorganen bestehen kann. Zwar nahm der Gesetzgeber von der ursprünglich anvisierten konkreten Ausgestaltung einer Haftung zugunsten der Gläubigergesamtheit Abstand. Eine Haftung kann sich jedoch aus den allgemeinen Haftungsvorschriften, die die Verantwortlichkeit gegenüber der Körperschaft im Innenverhältnis festschreiben, wie etwa § 43 GmbH-Gesetz, ergeben. Sofern es zu einem Insolvenzverfahren kommt, wäre auch ein Insolvenzverwalter verpflichtet, entsprechende Ansprüche durchzusetzen.
Damit lässt sich zusammenfassen, dass angesichts der sich aus der Krankenhausreform ergebenden aktuellen Unwägbarkeiten die gesetzlichen Vorgaben einer Krisenfrüherkennung im Auge behalten werden sollten. Zum eigenen Schutz sollte die Ermittlung bestandsgefährdeter Risiken, getroffene Gegenmaßnahmen und die Berichterstattung sauber dokumentiert werden.