Konkretisierung der wirtschaftlichen Eingliederung bei der umsatzsteuerlichen Organschaft

Für die wirtschaftliche Eingliederung i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG müssen die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sein. Dabei kann die wirtschaftliche Eingliederung auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen zweier Organgesellschaften beruhen.

Dafür müssen aber mehr als nur unerhebliche Beziehungen zwischen den Unternehmensbereichen bestehen. Beruht die wirtschaftliche Eingliederung auf Leistungen des Organträgers gegenüber seiner Organgesellschaft, müssen entgeltliche Leistungen vorliegen, denen für das Unternehmen der Organgesellschaft mehr als nur unwesentliche Bedeutung zukommt. In seinem Urteil vom 1. Februar 2022 – V R 23/21 – hat der Bundesfinanzhof das Kriterium der wirtschaftlichen Eingliederung weiter konkretisiert.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kommanditist einer GmbH & Co. KG war gemeinsam mit seiner Ehefrau Eigentümer der Geschäftsräume dieser KG. Es handelte sich um Büroräume mit einer Größe von 123 qm. Die Eheleute vermieteten die Räumlichkeiten zu einer Monatsmiete in Höhe von 1.070 EUR an die KG. Diese Vermietung begründet nach Ansicht des BFH keine wirtschaftliche Eingliederung der KG in das Unternehmen des Kommanditisten. Die Büroräume sind nicht in besonderer Weise für die Belange der KG ausgestattet und somit austauschbar. Insgesamt komme dieser Leistungsbeziehung daher nur eine geringe Bedeutung zu, was für die Annahme einer wirtschaftlichen Eingliederung nicht ausreiche.

Auch die vorhandenen Leistungsbeziehungen zwischen den Schwestergesellschaften GmbH und KG führen nicht zur wirtschaftlichen Eingliederung in das Unternehmen des Kommanditisten. Dazu hätte mindestens eine der beiden Gesellschaften durch entsprechende Leistungen wirtschaftlich in das Unternehmen des Kommanditisten eingegliedert sein müssen, wofür die Vermietung der Büroräume jedoch nicht ausreichte. Auch die Geschäftsführertätigkeit des Kommanditisten bei der GmbH reicht dafür nicht aus, da es sich insoweit nicht um eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne der Umsatzsteuer handelt. Weitere Leistungsbeziehungen zwischen dem Kommanditisten und den Gesellschaften waren nicht vorhanden.

Auch wenn es sich in dem Streitfall um eine Konstellation in einem gewerblichen Unternehmen handelt, hat das Urteil Signalwirkung für die umsatzsteuerlichen Organschaften in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft. Die Organträger sind in vielen Fällen Holdinggesellschaften, die Immobilien an ihre Tochtergesellschaften vermieten. Der BFH hat in dem genannten Urteil aber auch nochmal klargestellt, dass die Vermietung eines Betriebsgrundstücks mit einer Größe von 2.982 qm, dem für die Unternehmenstätigkeit (der Organgesellschaft) „besonderes Gewicht“ zukommt, oder einer Halle mit 967 qm und eines Bürotrakts bestehend aus sieben Räumen mit 273 qm für die Annahme einer wirtschaftlichen Eingliederung ausreichend ist. Allerdings weist der BFH in dem Urteil nochmals darauf hin, dass die bloße Übernahme von Verwaltungsaufgaben in den Bereichen Buchführung und laufende Personalverwaltung die wirtschaftliche Eingliederung nicht herstellt.

Fazit

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Eingliederung ist festzuhalten, dass Unternehmen die Vermietung von Räumlichkeiten, die nicht speziell ausgestattet bzw. austauschbar sind, an ihre Tochtergesellschaften in Bezug auf das Vorliegen der wirtschaftlichen Eingliederung kritisch betrachten sollten. Je spezieller die Räumlichkeiten auf die Belange der Organgesellschaften zugeschnitten sind, desto eher liegen die Voraussetzungen für eine umsatzsteuerliche Organschaft vor. Sollte die Vermietungstätigkeit für die Annahme einer wirtschaftlichen Eingliederung nicht ausreichen, müssen weitere entgeltliche Leistungsbeziehungen zwischen dem Organträger und der Organgesellschaft hinzutreten, um die Organschaft nicht zu gefährden. In seinem Urteil stellt der BFH nochmals klar, dass Leistungsbeziehungen, die ausschließlich zwischen Schwestergesellschaften bestehen, nicht ausreichen, um eine wirtschaftliche Eingliederung in das Unternehmen des Organträgers zu begründen. Zumindest eine der Schwestergesellschaften muss durch entsprechende Leistungsbeziehungen in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert sein, um die umsatzsteuerliche Organschaft insgesamt zu begründen.

 

 

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