Staatliche (Teil-)Finanzierung von Kindertageseinrichtungen

Immer wieder kommt es bei der Finanzierung von Kindertageseinrichtungen zu Streit. Das Konfliktpotential dieser Materie zeigt sich nicht zuletzt darin, dass das einschlägige Landesrecht in Nordrhein-Westfalen Gegenstand zahlreicher (fast jährlicher) Gesetzesänderungen war. In der hier vorgestellten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 12

Oberverwaltungsgericht bestätigt Rechtmäßigkeit der bestehenden Kita-Finanzierung NRW

Immer wieder kommt es bei der Finanzierung von Kindertageseinrichtungen zu Streit. Das Konfliktpotential dieser Materie zeigt sich nicht zuletzt darin, dass das einschlägige Landesrecht in Nordrhein-Westfalen Gegenstand zahlreicher (fast jährlicher) Gesetzesänderungen war. In der hier vorgestellten Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 12. Januar 2021 – 21 A 3824/18) klagte die kirchliche Trägerin einer Kindertagesstätte gegen den behördlichen Bewilligungsbescheid für das Kindergartenjahr 2016/2017. Die Klage zur Kita-Finanzierung wurde in erster und zweiter Instanz abgewiesen, die Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen. Das Gericht begründete das Urteil wie folgt:

Kein Verstoß gegen den (allgemeinen) Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1, 3 GG)

Für das streitige Kindergartenjahr sah das „Gesetz zur frühen Bildung und Förderung von Kindern“ (Kinderbildungsgesetz - KiBiz) eine Förderung durch Zuschussgewährung abzüglich eines Eigenanteils vor. Für kirchliche Träger (oder öffentlich-rechtlich anerkannte Religionsgemeinschaften) betrug der Eigenanteil 12 %, für andere anerkannte freie Träger der Jugendhilfe 9 %, für Elterninitiativen 4 % und für örtliche Träger der Jugendhilfe 21 %. Die Regelung sei insgesamt nicht zu beanstanden, da sie sich an der unterschiedlichen (abstrakt anzunehmenden/typischen) Finanzkraft der Träger orientiere. Auf die rückläufige Ertragskraft der Kirchensteuer habe der Gesetzgeber in der Vergangenheit mit der Reduktion des Eigenanteils für die Kirchen von 20 % auf 12 % ausreichend Rücksicht genommen.

Kein Verstoß gegen den sozialrechtlichen Subsidiaritätsgrundsatz

Zwar gelte nach § 4 Absatz 2 SGB VIII der sozialrechtliche Subsidiaritätsgrundsatz. („Soweit geeignete Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können, soll die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen.“) Jedoch sehe das Gesetz in § 74 SGB VIII die Erbringung eines angemessenen Eigenanteils – welcher bei den kommunalen Einrichtungen am höchsten ist – und gerade keine Vollfinanzierung vor.

Keine unzulässige Differenzierung von „alten“ und „neuen“ Kitaplätzen

Auch die Rüge der Klägerin, dass die Schaffung neuer Kitaplätze (durch Übernahme der Trägeranteile im Rahmen eines Ratsbeschlusses) gefördert und gleichzeitig „alte“ Bestandsplätze wegen fehlender Finanzausstattung abgeschafft würden, hatte keinen Erfolg. Auch hier gilt nach Auffassung des Gerichts, dass die Bestandsplätze nicht vollfinanziert werden müssen. Sachlich gerechtfertigt sei eine unterschiedliche Behandlung von neuen und alten Plätzen aufgrund des erheblichen Mehrbedarfs an Kitaplätzen, so dass schnell neue Plätze geschaffen werden müssten.

Kein Anspruch aufgrund unzureichender Landesgesetzgebung

Der Landesgesetzgeber habe die Materie abschließend geregelt, ohne dass ein Verstoß gegen höherrangiges Recht zu erkennen sei (z. B. gegen das Gebot der pluralen und bedarfsorientieren Jugendhilfe). Auch wenn man eine Sperrwirkung verneine, bliebe das Ergebnis gleich, da auch das Bundesrecht in § 74 Absatz 1 SGB VII eine angemessene Eigenleistung fordert.

Generell fehlende Auskömmlichkeit der Förderung

Die Klägerin rügte ohne Erfolg die fehlende Auskömmlichkeit im Streitjahr, die dem Pauschalsystem des KiBiz zugrunde liegt. Das Gericht stellte fest, dass dem Gesetzgeber bei größeren Umstellungen gesetzlicher (Neu-)Regelungen von komplexen Sachverhalten ein angemessener Zeitraum zum Sammeln von Erfahrungen zugestanden werden müsse. Dieser „Lernkurvenbonus“ tritt neben den gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum. Außerdem habe der Gesetzgeber ausreichend nachgebessert, so dass die fehlende Auskömmlichkeit für einen begrenzten Zeitraum unbeachtlich bleibe. Der Gesetzgeber habe seiner Überprüfungspflicht entsprochen und Abhilfe geschaffen.

Keine Selbstbindung der Verwaltung

Wegen der fehlenden Auskömmlichkeit mussten auch Kindertageseinrichtungen in örtlicher Trägerschaft der Jugendhilfe zusätzliche Finanzmittel erhalten. Die Stadt war wegen ihrer Doppelfunktion (Trägerin der Förderungspflicht und Betreiberin kommunaler Einrichtungen) in der Lage, sich durch Ratsbeschluss selbst Mittel zuzuweisen. Dies nahm die Klägerin zum Anlass, die Zahlung eines Ergänzungszuschusses aufgrund der sogenannten Selbstbindung der Verwaltung zu fordern. Auch wenn diese Mittel geleistet wurden, entstehe wegen der fehlenden Vergleichbarkeit der Sachverhalte keine Selbstbindung.

Fazit zur Kita-Finanzierung

Die Bezuschussung von Kindestagesstätten ist nicht als Vollfinanzierung zu verstehen. Aufgrund der abstrakt hohen Leistungsfähigkeit darf der Gesetzgeber den kirchlichen Trägern einen höheren Eigenanteil zumuten als einer Elterninitiative oder einem anderen freien Träger. Das KiBiz ist abschließend, sodass kein „Ergänzungsanspruch“ aus städtischen Mitteln verlangt werden kann. Aufgrund der rückläufigen Kirchensteuermittel wird sich die Frage stellen, ob und wie lange das Argument der abstrakt erhöhten Finanzkraft (noch) überzeugen und die „typisierende“ Betrachtung des Gesetzgebers einer rechtlichen Kontrolle standhalten kann.

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