Das Thema Anschlussheilbehandlung und das Dilemma mit fehlenden freien Reha-Plätzen führen immer wieder zu Streitigkeiten mit den Krankenkassen, die unter Hinweis auf mangelnde stationäre Behandlungsbedürftigkeit rigoros Belegtage kürzen. In einem von uns vor dem Sozialgericht Münster vertretenen Verfahren wurde dieser Abrechnungspraxis (erneut) eine klare Absage erteilt (SG Münster, Urteil vom 13. Juni 2023 – S 15 KR 933/20). Dabei wurde das in solchen Fällen von den Krankenkassen gern vorgetragene Argument, die Anschlussbehandlung hätte auch in Form der Kurzzeitpflege oder ambulanten Therapie erfolgen können, vom Gericht ad absurdum geführt.
Unstreitig war zwischen Krankenhaus und Krankenkasse, dass der schwerkranke Patient ab dem 19. Februar 2018 keiner vollstationären Krankenhausbehandlung mehr bedurft hat. Unstreitig war auch, dass der Sozialdienst des Krankenhauses schon frühzeitig einen Antrag auf Kostenzusage für eine Rehaklinik gestellt hat, die geplante Verlegung dann aber kurzfristig verschoben wurde und letztendlich erst zum 15. März 2018 erfolgen konnte. Drei Wochen also lag der Patient im Krankenhaus, ohne dass eine medizinische Behandlungsbedürftigkeit bestand. Die Krankenkasse kürzte den Rechnungsbetrag um knapp 24.000 EUR. Die MDK-Gutachterin vertrat die Ansicht, aus medizinischer Sicht wäre die Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung (Kurzzeitpflege) möglich gewesen. Auch wäre nach Ansicht der Krankenkasse mangels freiem Rehaplatz eine Verlegung in einer Intensivpflegeeinrichtung oder eine Intensivpflege im häuslichen Umfeld möglich gewesen.
Das Gericht erteilte der Auffassung der Krankenkasse eine klare Absage und sprach dem Krankenhaus den vollen Vergütungsanspruch zu. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 19. November 2019 – B 1 KR 13/19 R) trage der Reha-Träger die Kosten, wenn ein Krankenhaus einen Patienten, der zwar keiner stationären Krankenhausbehandlung, dafür aber stationärer medizinischer Reha bedarf, weiter versorgt. Hier würden die Rechtsgrundsätze über ärztliche Notfallversorgung gem. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V entsprechend gelten, wenn Patienten Anspruch auf stationäre medizinische Reha haben, aber nicht zeitgerecht erhalten. Irritiert zeigte sich das Gericht über den unplausiblen Einwand der Krankenkasse, der Patient hätte auch in Kurzzeitpflege oder häusliche Pflege untergebracht werden können. Denn dies hätte sie ja bereits im Rahmen der Kostenzusage einwenden können. Stattdessen bezog sich die Kostenzusage aber gerade auf die vollstationäre Reha-Behandlung. Im Dunkeln bliebe auch, warum eine ambulante Therapie ausreichend sein solle, wo doch die Krankenkasse selbst aufgrund der Befundlage zu der Einschätzung gelangt sei, dass der Patient zwingend eine stationäre Rehamaßnahme benötigt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; es bleibt abzuwarten, ob die Krankenkasse in Berufung geht.
Fazit
Die Entscheidung zeigt, dass die Kürzung von Belegungstagen bzw. die Rechnungskürzung in solchen Fällen nicht hingenommen werden sollte. Solange der Patient stationärer medizinischer Reha bedarf und den Sozialdienst im Rahmen der Antragstellung kein Verschulden trifft, hat der Kostenträger die Kosten für die stationäre Krankenhausbehandlung auch dann zu bezahlen, wenn keine Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit mehr besteht, er aber einen freien Reha-Platz nicht rechtzeitig anbieten konnte.
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