Katastrophenerlass - Steuerliche Erleichterungen im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe

Die schwere Unwetterkatastrophe im Juli dieses Jahres hat in einigen Bundesländern extreme Schäden verursacht. Mit gleichlautenden sogenannten Katastrophenerlassen vom 23. bis 27. Juli 2021 haben die Landesfinanzministerien Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen auf die Flutkatastrophe reagiert und steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung von Schäden im Zusammenhang mi

Übersicht über die wichtigsten Hilfe-Maßnahmen zur Steuerentlastung

Die schwere Unwetterkatastrophe im Juli dieses Jahres hat in einigen Bundesländern extreme Schäden verursacht. Mit gleichlautenden sogenannten Katastrophenerlassen vom 23. bis 27. Juli 2021 haben die Landesfinanzministerien Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Sachsen auf die Flutkatastrophe reagiert und steuerliche Maßnahmen zur Berücksichtigung von Schäden im Zusammenhang mit den Unwetterereignissen im Juli 2021 formuliert. Die Länder Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Saarland haben inzwischen erklärt, die in den Erlassen enthaltenen steuerlichen Erleichterungen mitzutragen und ebenfalls anzuwenden. Zudem hat sich das Bundesfinanzministerium mit Schreiben vom 23. Juli 2021 – III C 2 - S 7030/21/10008 :001 – zur bundesweiten Anwendung bestimmter steuerlicher Erleichterungen geäußert.

Die Maßnahmen sollen insbesondere eine schnelle und unbürokratische Hilfe ermöglichen und steuerliche Entlastungen der von dem Hochwasser betroffenen Privatpersonen und Unternehmen bewirken. Sie richten sich sowohl an die Betroffenen als auch an die Helfer und spendensammelnde steuerbegünstigte Organisationen. Der Maßnahmenkatalog umfasst an die 50 Einzelmaßnahmen. Wir geben im Folgenden einen Überblick über die wichtigsten Bestimmungen.

Stundung fälliger Steuern und Anpassung von Vorauszahlungen

Nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich betroffene Steuerpflichtige können bis zum 31. Oktober 2021 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt bereits fälligen oder fällig werdenden Steuern sowie Anträge auf Anpassung der Körperschaftsteuer stellen. Die Stundungen sind längstens bis zum 31. Januar 2022 zu gewähren. Ein wertmäßiger Einzelnachweis der Schäden ist dafür nicht erforderlich. Anträge auf Stundung der nach dem 31. Oktober 2021 fälligen Steuern und Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen sind besonders zu begründen.

Auch die Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 2021 kann auf entsprechenden Antrag gegebenenfalls bis auf null herabgesetzt werden.

Für Grundsteuer und Gewerbesteuer können ebenfalls Stundungs- oder Erlassanträge gestellt werden.

Nachweis von Zuwendungen

Für Spenden zur Katastrophenhilfe, die bis zum 31. Oktober 2021 auf ein speziell dafür eingerichtetes Konto einer inländischen Körperschaft öffentlichen Rechts, eines anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege oder einer ihrer Mitgliedsorganisationen eingezahlt werden, genügt als Nachweis der Zuwendung der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts (z. B. der Kontoauszug, PC-Ausdruck beim Online-Banking).

Bei Spenden zur Katastrophenhilfe über ein Konto eines Dritten an eine inländische Körperschaft öffentlichen Rechts oder eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG begünstigte Körperschaft genügt als Nachweis eine auf den Spender ausgestellte Spendenbestätigung des Empfängers, wenn das Konto des Dritten als Treuhandkonto geführt wurde, die Spenden von dort an den Empfänger geleitet wurden und diesem eine Liste der einzelnen Spender und ihrem jeweiligen Anteil an der Spendensumme übergeben wurde.

Spendenaktionen und Verwendung vorhandener Mittel für Flutopfer

Erhält eine gemeinnützige Körperschaft Spenden zur Katastrophenhilfe infolge des Unwetterereignisses und enthält die Satzung der Körperschaft keine entsprechende Zweckförderung (wie insbesondere mildtätige Zwecke), sollen die Spenden auch ohne Satzungsänderung selbst unmittelbar für den angegebenen Zweck verwendet werden können. Die Körperschaft hat die Bedürftigkeit der unterstützten Person oder Einrichtung selbst zu prüfen und zu dokumentieren. Bei materiellen und finanziellen Hilfen reicht es aus, wenn die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit glaubhaft gemacht wird. Bei Hilfen bis zu einem Wert von 5.000 € darf die Hilfsbedürftigkeit geschädigter Personen unterstellt werden.

Alternativ reicht es aus, wenn die Spenden an eine steuerbegünstigte Körperschaft mit entsprechendem Satzungszweck zur Hilfe für die Katastrophenopfer weitergeleitet werden. In diesem Fall muss die spendensammelnde Einrichtung entsprechende Spendenbestätigungen ausstellen und in diesen auf die Sonderaktion hinweisen.

Ebenfalls unschädlich für die Steuerbegünstigung einer gemeinnützigen Körperschaft ist es, wenn diese sonstige bei ihr vorhandene Sachmittel, die keiner anderen Bindungswirkung unterliegen, ohne Satzungsänderung zur Unterstützung der Katastrophenopfer einsetzt oder an eine entsprechende steuerbegünstigte Körperschaft, die zum Beispiel mildtätige Zwecke verfolgt, zur Hilfe für die Opfer der Flutkatastrophe weiterleitet. Entsprechendes gilt für die Überlassung von Personal und Räumlichkeiten. Im Übrigen gelten die oben genannten Anforderungen an die Hilfsbedürftigkeit der geschädigten Personen.

Nicht begünstigt sind Hilfsleistungen außerhalb der Verwirklichung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke, zum Beispiel an besonders betroffene Unternehmen oder kommunale Hilfsfonds.

Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen als Sponsoring, an Geschäftspartner oder zugunsten von betroffenen Personen

Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zur Unterstützung von Flutopfern sind als Betriebsausgabe für Sponsoring abziehbar. Die Aufwendungen sind demnach Sponsoring, wenn der Sponsor wirtschaftliche Vorteile, die in der Sicherung oder Erhöhung seines unternehmerischen Ansehens liegen können, für sein Unternehmen anstrebt. Dieser Zusammenhang besteht, wenn der Sponsor öffentlichkeitswirksam (z. B. als Reaktion auf Bitten einer von der Flut betroffenen Kommune um Unterstützung) auf seine Leistungen aufmerksam macht.

Unentgeltliche Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen an Geschäftspartner, die zu dem Zweck erfolgen, den Geschäftsbetrieb der Geschäftspartner aufrechtzuerhalten, sind in angemessenem Umfang in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar. Die Nichtabziehbarkeit von Geschenken nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 Satz 1 EStG findet insoweit aus Billigkeitsgründen keine Anwendung.

Sofern weder Sponsoring noch die Unterstützung von Geschäftspartnern vorliegt, kann die Zuwendung von Wirtschaftsgütern und sonstigen betrieblichen Nutzungen und Leistungen (nicht hingegen Geldleistungen) ebenfalls als Betriebsausgabe abgezogen werden, sofern diese Personen zugutekommt, die durch die Flutkatastrophe unmittelbar und nicht unerheblich geschädigt sind, oder Unternehmen und Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, die mit der Bewältigung des Schadensereignisses befasst sind. (Dies gilt zum Beispiel für die Überlassung von Entwässerungspumpen durch Baumärkte oder Bagger durch Bauunternehmen.) Der Betriebsausgabenabzug ist möglich für Aufwendungen, die bis zum 31. Oktober 2021 anfallen.

Verlust von Buchführungsunterlagen

Sind unmittelbar durch das Schadensereignis Buchführungsunterlagen und sonstige Aufzeichnungen verloren gegangen oder vernichtet worden, sind hieraus keine steuerlich nachteiligen Folgen (z. B. eine Schätzung im Betriebsprüfungsverfahren) zu ziehen. Betroffene Steuerpflichtige sollen den Verlust zeitnah dokumentieren und so weit wie möglich nachweisen oder glaubhaft machen.

Lohnsteuer – Unterstützung an Arbeitnehmer

Für die Steuerfreiheit von Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an durch den Katastrophenfall geschädigte Arbeitnehmer brauchen die Voraussetzungen gem. R 3.11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 LStR nicht vorzuliegen. Die Unterstützungen sind bis zu einem Betrag von 600 € je Kalenderjahr steuerfrei. Der diesen Freibetrag übersteigende Betrag ist steuerfrei, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt. Davon darf im Fall der vom Hochwasser betroffenen Arbeitnehmer allgemein ausgegangen werden.

Zinsfreie Darlehen oder ähnliche Zinsvorteile und Zinszuschüsse zur Beseitigung von Flutschäden, für die im Regelfall eine Besteuerung des Zinsvorteils vorzunehmen ist, sind ebenfalls für den Arbeitnehmer steuerfrei, und zwar während der gesamten Laufzeit des Darlehens. Dafür darf die Darlehenssumme die Schadenshöhe nicht übersteigen.

Ferner steuerfrei sind Vorteile aus einer erstmalig nach Eintritt des Schadensereignisses erfolgten

  • Nutzungsüberlassung eines PKW an Arbeitnehmer, deren eigener PKW zerstört wurde,
  • Nutzungsüberlassung von Wohnungen oder Unterkünften,
  • Gewährung unentgeltlicher Verpflegung, auch an Angehörige, und
  • andere Sachzuwendungen aus Nutzungsüberlassung

bis einschließlich 31. Oktober 2021 und bis zur Höhe eines Betrags in Höhe des entstandenen Schadens (Aufzeichnung im Lohnkonto erforderlich).

Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat, Kleidung und Beseitigung von Schäden am eigengenutzten Wohneigentum können im Rahmen von R 33.2 EStR als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Das Fehlen einer Elementarschadensversicherung ist unschädlich. Die so abziehbaren Aufwendungen können auf Antrag beim Finanzamt als ein vom Arbeitslohn abzuziehender Freibetrag im Lohnsteuerabzugsverfahren berücksichtigt werden.

Arbeitslohnspenden sind zudem möglich. Näheres regeln die Katastrophenerlasse.

Umsatzsteuer - Unentgeltliche Wertabgaben, Leistungserbringungen und Sachspenden im Rahmen der Umsatzsteuer

Werden zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigende Gegenstände unentgeltlich für die außerhalb des Unternehmens liegende Bewältigung von Schäden und Folgen der Unwetterkatastrophe oder für den privaten Bedarf des vom Unwetter betroffenen Personals eingesetzt, wird befristet bis zum 31. Oktober 2021 auf die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG verzichtet. Entsprechendes gilt auch für die unentgeltliche Erbringung einer sonstigen Leistung des Unternehmens (z. B. Personalgestellung, Aufräumarbeiten mit eigenem Gerät und Personal) nach § 3 Abs. 9a UStG.

Ebenfalls nicht besteuert werden unentgeltliche Lieferungen („Sachspenden“) im Zeitraum vom 15. Juli bis 31. Oktober 2021, die aus Lebensmitteln, Tierfutter, notwendigen Güter des täglichen Bedarfs (Hygieneartikel, Reinigungsmittel, Kleidung, Geschirr und medizinische Produkte) oder zur unmittelbaren Bewältigung des Unwetterereignisses sachdienlichen Wirtschaftsgütern (z. B. Pumpen, Werkzeug und Maschinen) bestehen und den unmittelbar von der Katastrophe betroffenen Menschen zugutekommen.

Auf eine Korrektur des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG wird verzichtet. Der Vorsteuerabzug kann auch bei einer bereits bei Erwerb des Gegenstands beabsichtigten unentgeltlichen Abgabe bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 15 UStG vorgenommen werden.

Für die Überlassung von Wohnraum durch die öffentliche Hand oder private Unternehmen gelten vergleichbare Erleichterungen.

Betriebsausgabenabzug von Wiederherstellungsaufwand, Sonderabschreibungen und steuerfreie Rücklagen

Diese Regelungen sind insbesondere für gewerbliche Unternehmen relevant.

Sofern Aufwendungen für die Wiederherstellung beschädigter Betriebsgebäude oder beweglicher Anlagegüter anfallen, werden diese ohne nähere Prüfung als Erhaltungsaufwand und damit sofort abziehbare Betriebsausgaben anerkannt, wenn mit der Wiederherstellung innerhalb von drei Jahren nach dem Schadensereignis begonnen wurde und die bisherigen Buchwerte fortgeführt werden. Das gilt bei Gebäuden jedoch nur, wenn die Aufwendungen 70.000,00 € nicht überschreiten, auch wenn sie teilweise durch Entschädigungen gedeckt sind. Die Geltendmachung höherer Gesamtaufwendungen in diesen Fällen ist im Einzelfall zu prüfen. Die Regelung zu anschaffungsnahen Herstellungskosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG ist dabei nicht anzuwenden.

Sind die Aufwendungen zur Wiederherstellung nicht bloßer Erhaltungsaufwand, sondern als Herstellungskosten zu aktivieren, können auf Antrag im Wirtschaftsjahr der Fertigstellung und in den beiden darauffolgenden Wirtschaftsjahren (Begünstigungszeitraum) Sonderabschreibungen in Höhe von bis zu insgesamt 30 % von diesen Herstellungskosten vorgenommen werden. Die Bemessungsgrundlage ist wie folgt zu berechnen:

  • Maßgebliche Bemessungsgrundlage vor dem Schadensereignis (Buchwert),
  • gemindert um eine gegebenenfalls aus Anlass des Schadens vorgenommene Teilwertabschreibung,
  • erhöht um die Wiederherstellungskosten (ggf. abzüglich Entschädigungen für die Schäden, zum

Beispiel aufgrund einer Versicherung oder erfolgsneutral behandelter Zuschüsse)
Nach Ablauf des Begünstigungszeitraums ist die AfA nach § 7 Abs. 4 EStG von dem Restwert zu bemessen.

Sind bewegliche Anlagegüter (z. B. betrieblich genutzte Fahrzeuge, Betriebs- und Geschäftsausstattung) als Folge der Flut vernichtet worden oder verloren gegangen, können für deren Ersatzanschaffung oder -herstellung im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung und in den beiden darauffolgenden Wirtschaftsjahren auf Antrag bis zu insgesamt 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten Sonderabschreibungen vorgenommen werden. Nach Ablauf des Begünstigungszeitraums ist die AfA des beweglichen Wirtschaftsguts nach dem Restwert und der Restnutzungsdauer zu bemessen.

Die Sonderabschreibungen können nur in Anspruch genommen werden, wenn mit der Ersatzbeschaffung oder Ersatzherstellung bis zum Ablauf des dritten dem Wirtschaftsjahr der Flutkatastrophe folgenden Wirtschaftsjahres begonnen wurde, bei kalendarisch veranlagten Steuerpflichtigen vorliegend also bis Ende 2024. Die Gewinnminderung durch Sonderabschreibungen darf höchstens 600.000,00 € für den gesamten Begünstigungszeitraum und höchstens 200.000,00 € je Jahr betragen.

In besonders begründeten Fällen kann außerdem auf Antrag in den Wirtschaftsjahren vor dem Wirtschaftsjahr der Ersatzherstellung bzw. -beschaffung die Bildung einer steuerfreien Rücklage zugelassen werden. Begründet dürften solche Ausnahmefälle sein, wenn die Teilherstellungskosten oder Anzahlungen erheblich sind oder die Zulassung von Sonderabschreibungen allein für eine Sicherstellung der Finanzierung nicht ausreicht. Die Rücklage darf zusammen 30 % der Anschaffungs- und Herstellungskosten für unbewegliche Wirtschaftsgüter nicht übersteigen, bei beweglichen Wirtschaftsgütern beträgt die Grenze 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

Ist eine steuerfreie Rücklage gebildet worden, so ist diese gewinnerhöhend aufzulösen, sobald und soweit für die Wirtschaftsgüter, deren Finanzierung die Rücklage erleichtern soll, Sonderabschreibungen im oben genannten Sinn vorgenommen werden können.

Praxis-Hinweis zum Katastrophenerlass der Länder

Die Erleichterungen betreffen unterschiedliche Steuerarten und Zielgruppen. Es werden nicht nur steuerliche Entlastungen für die Flutopfer und großzügige Regelungen im Zusammenhang mit Spenden und Mittelweiterleitungen geschaffen, sondern auch Unternehmen und Betriebe unterstützt, die unbürokratisch Hilfe leisten wollen. Angesichts der Vielzahl der Regelungen unterstützen wir Sie gerne bei Ihren steuerlichen Fragen im Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe.

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