Jahressteuergesetz 2022

Kurz vor Weihnachten hat der Bundesrat dem Jahressteuergesetz 2022 zugestimmt. Die Änderungen des Gesetzgebers begegnen unter anderem den Kostensteigerungen bei fossilen Energieträgern aufgrund des Krieges in der Ukraine, stehen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und beinhalten Anpassungen an das Recht der Europäischen Union sowie an die laufende Rechtsprechung.


Unter anderem wurde die erneute Verlängerung der Übergangsregelung zur Anwendung des § 2b UStG bis einschließlich 31. Dezember 2024 beschlossen. Die umsatzsteuerrechtlichen Folgen für juristische Personen des öffentlichen Rechts werden somit erst zum 1. Januar 2025 zur Anwendung kommen. Betroffen sind neben Kommunen, Landkreisen und Bundesländern auch Anstalten des öffentlichen Rechts, Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie kirchliche Körperschaften des öffentlichen Rechts. Daneben wurde die Ist-Versteuerung auf juristische Personen des öffentlichen Rechts ausgeweitet, soweit diese nicht aufgrund gesetzlicher Verpflichtung oder freiwillig Bücher führen (§ 20 Satz 1 Nr. 4 UStG).

Klarstellend hat der Gesetzgeber auch die Unternehmereigenschaft von Bruchteilsgemeinschaften festgehalten, soweit § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG ausdrücklich nicht an die Rechtsfähigkeit des Unternehmers nach anderen Vorschriften anknüpft.

Mit dem Jahressteuergesetz wurde der Wortlaut des § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG neu gefasst. Diese Norm befreit die Umsätze der Theater, Orchester, Kammermusik­ensembles, Chöre, Museen, botanischen und zoologischen Gärten, Tierparks, Archive, Büchereien und Denkmäler. Bisher war die Befreiung auf Einrichtungen des Bundes, der Länder und der Gemeinden beschränkt. In der

Neufassung wurden diese durch Körperschaften des öffentlichen Rechts ersetzt, so dass auch kirchliche Rechtsträger unmittelbar von der Umsatzsteuerbefreiung umfasst sind. Die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Unternehmer können vorbehaltlich einer Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde ebenfalls befreit sein.

Von erheblicher Bedeutung sind auch die Änderungen in der umsatzsteuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen mit einer installierten Bruttoleistung von bis zu 30 kWp. So reduziert sich der Steuersatz gemäß § 12 Abs. 3 UStG auf 0 % für die Anschaffung und Inbetriebnahme von Anlagen einschließlich aller wesentlichen Komponenten sowie von Energiespeichern für den Betrieb auf oder in der Nähe von Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden. Insbesondere steuerbegünstigte Rechtsträger profitieren wesentlich von der Steuerermäßigung, da sie häufig aufgrund steuerfreier Umsätze oder ideeller Tätigkeiten vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen sind. Zu beachten ist, dass es sich bei dem Nullsteuersatz um eine Ermäßigung und nicht um eine Befreiung handelt, so dass für die Lieferanten bzw. Installateure der Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen erhalten bleibt.

Ebenso nennenswert ist die rückwirkende Einführung einer Ertragsteuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen ab 1. Januar 2022 (§ 3 Nr. 72 EStG). Insbesondere Anlagen auf Einfamilienhäusern und gewerblich genutzten Immobilien mit einer Bruttoleistung bis zu 30 kWp bzw. 15 kWp je Wohn- und Gewerbeeinheit im Falle gemischt genutzter Grundstücke und Mehrparteienhäuser unterliegen unter weiteren Voraussetzungen nicht mehr der Besteuerung.

Gemäß §§ 123 ff. EStG unterliegt die einmalige Entlastung bei leitungsgebundenen Erdgas- und Wärmelieferungen nach dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz grundsätzlich der Besteuerung. Sie soll sich jedoch am zu versteuernden Einkommen des Steuerpflichtigen orientieren. Es wurde eine sogenannte Milderungszone bestimmt, deren Eingangswert an die Entrichtungspflicht des Solidaritätszuschlags gekoppelt ist.

Weitere Änderungen in der Einkommensteuer betreffen die Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbetrages um 30 EUR auf 1.230 EUR und des Sparer-Pauschbetrages von 801 EUR auf 1.000 EUR im Jahr sowie die Regelungen zur Abzugsfähigkeit für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung. Die sogenannte Homeoffice-Pauschale wurde auf 6 EUR pro Tag und einen jährlichen Höchstbetrag von 1.260 EUR angehoben und entfristet. Soweit das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der Tätigkeit darstellt, besteht eine pauschale Abzugsfähigkeit in Höhe des Höchstbetrages der Homeoffice-Pauschale.

Ferner erfolgte eine Klarstellung hinsichtlich des zeitlichen Anwendungsbereichs der steuerfreien Sonderleistungen für Pflegekräfte nach § 3 Nummer 11 Buchst. b EStG. Danach wurde der Begünstigungszeitraum für Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen und Hospizen im Sinne des § 150c SGB XI bis einschließlich 31. Mai 2023 ausgeweitet.

Neben vielen weiteren Regelungen wurde auch ein einheitlich auszuübendes Wahlrecht beim Ansatz von Rechnungsabgrenzungsposten eingefügt. Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 2 EStG muss für Einnahmen und Ausgaben, die unterhalb der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (800,00 EUR netto) liegen, kein Rechnungsabgrenzungsposten mehr gebildet werden. Allgemein wird durch diese Änderung eine erhebliche Erleichterung für alle bilanzierenden Unternehmer erwartet.

Zudem wurde der lineare Abschreibungssatz auf Wohngebäude, die nach dem 31. Dezember 2022 hergestellt worden sind, von 2 auf 3 Prozent angehoben.

In der Abgabenordnung stellt der Gesetzgeber mit § 122 Abs. 5 Satz 2 und 4 AO ferner klar, dass die Finanzbehörden Steuerverwaltungsakte zukünftig auch durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf einer Internetseite der Finanzverwaltung oder in ihrem elektronischen Portal öffentlich zustellen können und dies als öffentliche Bekanntgabe gilt.

Darüber hinaus nutzt der Gesetzgeber das Jahressteuergesetz dazu, um den Beginn der Zahlungsverjährung im Sinne der §§ 229, 230 AO für einen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis im Fall der Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Festsetzung oder Anmeldung des Anspruchs eindeutig zu bestimmen. Die Zahlungsverjährung beginnt demnach erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Aufhebung, Änderung oder Berichtigung wirksam geworden ist. Ferner ist die Zahlungsverjährung zukünftig gehemmt, solange die Festsetzungsfrist des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis noch nicht abgelaufen ist. § 171 Abs. 14 AO findet keine Anwendung. Die Vorschriften zur Zahlungsverjährungen finden in allen offenen Fällen Anwendung.

Mit Blick auf die Auszahlung eines sogenannten Klimageldes wird mit § 139b AO eine rechtliche Grundlage zum grundsätzlichen Aufbau eines direkten Auszahlungsweges für öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer geschaffen. Die gespeicherte Bankverbindung soll dabei einer engen Zweckbindung unterliegen. Die Neuregelung findet erstmalig Anwendung nach Bekanntgabe der technischen Umsetzung.

Abschließend sei auch auf die Anpassung der Grundstücksbewertung im Bewertungsgesetz hingewiesen, wodurch sich insbesondere Änderungen im Ertrags- und Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke mit einem Bewertungsstichtag nach dem 31. Dezember 2022 ergeben haben.

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