Interview: Unternehmenssteuerung durch Business Intelligence – ein Erfahrungsbericht

Die Solidaris unterstützt Einrichtungen der Gesundheits- und Sozialwirtschaft auch bei der Implementierung professioneller Controlling- und Berichtssysteme. Als langjähriger Partner der CP Corporate Planning AG profitiert unsere Mandantschaft von einem ganzheitlichen Beratungsansatz, der neben der Entwicklung und Umsetzung strategischer Steuerungskonzepte auch die Bereitstellung und das Customizing der hierfür notwendigen IT-Infrastrukturen beinhaltet. Vor gut zwei Jahren begann im Rahmen eines Pilotprojekts unsere Zusammenarbeit mit der Lebenshilfewerk Neumünster GmbH, einem der größten Einrichtungsträger für Wohn-, Betreuungs- und Teilhabeangebote in Schleswig-Holstein. Wir sprachen mit dem Kaufmännischen Leiter Martin Sommerfeld darüber, welche Erfahrungen durch den Implementierungsprozess gewonnen werden konnten und welche Optimierungspotentiale zukünftig noch zu erwarten sind.


Herr Sommerfeld, Sie sind Kaufmännischer Leiter der Lebenshilfewerk Neumünster GmbH und Projektleiter für den Reorganisationsprozess im Bereich IT/Controlling. Bitte stellen Sie uns kurz Ihr Unternehmen und seine unterschiedlichen Leistungsangebote vor.

Die Lebenshilfewerk Neumünster GmbH unterhält an verschiedenen Standorten in Neumünster eine große Anzahl unterschiedlicher Angebote und Einrichtungen zur Förderung und Betreuung von Menschen mit seelischer und geistiger Behinderung aller Altersstufen. Unsere Leistungen reichen von einer Werkstatt für behinderte Menschen mit Tagesförderstätte über Wohnstätten, Kindertagesstätten und eine Krippe bis hin zu ambulanten Angeboten wie pädagogischer Frühförderung, familienunterstützenden Diensten sowie Sport- und Freizeitangeboten. Menschen mit allen Arten von Assistenzbedarfen finden bei uns eine professionelle Hilfe und Begleitung, vielfältige Betreuungsangebote und kompetente Ansprechpartner, die engagiert weiterhelfen.
 

Die Handlungsspielräume für Sozialeinrichtungen in der Eingliederungshilfe werden durch regulatorische Eingriffe und die allgemeine Marktentwicklung zunehmend geringer. Gleichzeitig nimmt die Komplexität der Informationsanforderungen stetig zu. Warum macht es aus Ihrer Sicht jetzt Sinn, die vorhandenen Controlling-Prozesse auf den Prüfstand zu stellen und über integrierte Steuerungssysteme nachzudenken?

Zum einen unterliegt die Eingliederungshilfe einem komplexen rechtlichen Rahmen und wird durch gesetzgeberische Maßnahmen beeinflusst. Zum anderen stehen Sozialeinrichtungen häufig unter finanziellem Druck und müssen mit begrenzten Ressourcen arbeiten. Effizientes Controlling und transparente Steuerungssysteme werden daher immer wichtiger, um vorhandene Ressourcen optimal einzusetzen und eine nachhaltige Finanzplanung zu ermöglichen. Es werden auch umfangreichere Daten benötigt, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Integrierte Steuerungssysteme können helfen, verschiedene Datenquellen zu verknüpfen und so ein umfassenderes Bild der Situation zu erhalten. Nicht zuletzt tragen Sozialeinrichtungen Verantwortung gegenüber verschiedenen Interessengruppen wie Klienten, Mitarbeitern und Finanzgebern. Ein modernes Controlling trägt dazu bei, dass die Einrichtungen ihre Leistung messbar machen und Entscheidungen nachvollziehbar begründen können. Insgesamt bietet die Überprüfung der bestehenden Controlling-Prozesse also eine Möglichkeit, die Effektivität, die Effizienz und die Transparenz von Einrichtungen der Eingliederungshilfe zu verbessern.
 

Welche Kriterien muss ein professionelles Controlling-Tool für Sie unbedingt erfüllen, um Ihren betrieblichen Anforderungen gerecht zu werden und einen realen Mehrwert für das Tagesgeschäft zu bieten? Welcher Aspekt war ausschlaggebend dafür, dass Sie sich für den Corporate Planner entschieden haben?

Das Tool sollte in der Lage sein, Daten aus verschiedenen Quellen zu integrieren, wie etwa Finanz-, Personal- sowie Leistungsdaten und andere relevante Kennzahlen. Eine nahtlose Datenintegration ermöglicht eine ganzheitliche Sicht auf die Organisation. Es ist auch wichtig, dass das Tool flexible Berichtsmöglichkeiten bietet, um individuelle Berichtsanforderungen und -formate erfüllen zu können. Es sollte zudem Funktionen zur operativen Planung bereitstellen, um zukünftige Entwicklungen und Szenarien zu modellieren. Zusätzliche Analysefunktionen und Dashboards sind für den schnellen Zugriff auf relevante Informationen und die Identifikation von Trends hilfreich. Dies unterstützt die Entscheidungsfindung auf Basis von Echtzeitdaten. Schließlich sind ein benutzerfreundliches Interface und eine intuitive Bedienung entscheidend, damit das Tool effektiv genutzt werden kann.
 

Welche Meilensteine konnten bisher erreicht werden und welche stehen in absehbarer Zeit noch bevor? Haben die Ergebnisse aus der Organisationsentwicklung schon zu Prozessverbesserungen in bestimmten Leistungsbereichen geführt?

Wir haben die komplette Organisationsstruktur im BI-System nachgebaut und mit den vorgelagerten Erfassungssystemen verknüpft, so dass wir in der Lage sind, sehr individuelle Auswertungen im Bereich des Finanz-, Personal- und Leistungscontrollings mit tagesaktuellen Zahlen zu erstellen. Darüber hinaus haben wir eine Vielzahl an standardisierten Reports für den regelmäßigen Berichtslauf an die Geschäftsführung, den Aufsichtsrat und die Abteilungsleitungen entwickelt. Ein wesentlicher Meilenstein war die vollständige Integration einer verursachungsgerechten Kostenstellen- und Umlagerechnung, die uns die Auswertung von Abteilungsergebnissen ermöglicht. Während dieses Prozessschrittes konnten wir einige strukturelle Probleme im Hinblick auf die Budgetverhandlung lösen, wie beispielsweise die kalkulatorische Berücksichtigung von Risikozuschlägen und Erlösabschlägen. Aktuell beschäftigen wir uns verstärkt mit den Wirtschaftsplanungen und entwickeln die Personalkennzahlen weiter.
 

Eine wichtige Voraussetzung für ein funktionierendes Steuerungssystem ist die Vollständigkeit und Qualität der zugrunde liegenden Rohdaten. In der Praxis stellen jedoch die Organisation und die Prozesse im Hintergrund oftmals Hemmnisse dar, welche die Datenerhebung und -verarbeitung erschweren. Mit welchen Problemen waren Sie im Projektverlauf konfrontiert?

Wenn Daten aus verschiedenen Quellen stammen und in unterschiedlichen Formaten vorliegen, kann die Konsolidierung und Integration der Daten eine Herausforderung darstellen. Eine Lösungsstrategie besteht darin, klare Richtlinien für die Datenformatierung und -bereitstellung festzulegen und automatisierte Tools oder Schnittstellen einzusetzen, um die Datenintegration zu erleichtern. ­Unvollständige, ungenaue oder veraltete Daten können zudem die Qualität des Steuerungs- und Berichtssystems beeinträchtigen. Es ist daher wichtig, Validierungsverfahren zu implementieren und klare Verantwortlichkeiten für die Datenpflege festzulegen. Regelmäßige Überprüfungen und Schulungen können helfen, die Datenqualität zu verbessern. Eine zeitaufwendige oder fehleranfällige ­Datenerhebung kann außerdem die Effizienz des Systems belasten. Hier sollten die Datenerfassungsprozesse optimiert werden, beispielsweise durch Automatisierung, Standardisierung oder die Nutzung digitaler Tools.
 

Controlling und IT tangieren als wichtige Schnittstellenfunktionen nahezu sämtliche Organisationsbereiche. Welche Prozesshemmnisse ergeben sich hier Ihrer Erfahrung nach? Wie wichtig ist generell eine adäquate und zielorientierte Fehlerkultur bei einem interdisziplinären Change-Management-Projekt?

Eine unzureichende Kommunikation kann zu Missverständnissen führen und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Teams beeinträchtigen. Es ist wichtig, die Kommunikationswege zu überprüfen und sicherzustellen, dass relevante Informationen effektiv an alle Beteiligten weitergegeben werden. Um dies zu gewährleisten haben wir die Prozesse und Verantwortlichkeiten zwischen Finanzbuchhaltung und Controlling klar dokumentiert. Automatisierte Schnittstellen zwischen der Buchhaltungssoftware und dem Controlling-Tool wurden erfolgreich implementiert, so dass manuelle Eingriffe minimiert werden konnten. Zudem haben wir regelmäßige Abstimmungen zwischen Finanzbuchhaltung und Controlling eingeführt, um sicherzustellen, dass die Daten in beiden Systemen konsistent und aktuell sind. Das Controlling wurde personell breiter aufgestellt, um eine bessere Plausibilisierung der Finanzdaten zu ermöglichen. Eine offene Kommunikation, in der Fehler als Lernchancen betrachtet werden und lösungsorientiertes Feedback gegeben wird, fördert das Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen den Teams. Es ermöglicht die Identifizierung von Verbesserungspotenzialen und die Anpassung von Prozessen, um die gewünschten Veränderungen erfolgreich umzusetzen.
 

Wie fällt Ihr Zwischenfazit für die Implementierung des Corporate Planners in Ihrer Organisation aus? Wie zufrieden sind Sie mit der aktuellen Umsetzung?

Die Vorteile des BI-Systems liegen insbesondere in der einfacheren Datenintegration, dem flexiblen und individuell anpassbaren Berichtswesen, den verbesserten Planungs- und Analysefunktionen und der intuitiven Bedienung. Die Herausforderungen im Veränderungsprozess können individuell sehr unterschiedlich sein und hängen von den spezifischen Umständen ab. Es ist wichtig, die möglichen Prozessanpassungen und Schulungsbedarfe zu berücksichtigen, die mit der Einführung des BI-Systems einhergehen. Ich bewerte unseren aktuellen Umsetzungsstand als sehr positiv. Es ist jedoch ratsam, regelmäßige Evaluierungen durchzuführen, um den Fortschritt zu bewerten und sicherzustellen, dass das System den jeweiligen Anforderungen gerecht wird.

Herr Sommerfeld, wir danken Ihnen herzlich für dieses Gespräch und wünschen Ihnen und der Lebenshilfewerk Neumünster GmbH weiterhin viel Erfolg bei Ihren Projekten!

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Leitung Geschäftsfeld Unternehmensführung und Unternehmenssteuerung

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