Was darf und was muss ein Vermächtnisnehmer über die letztwillige Verfügung erfahren?
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. hat mit Beschluss vom 6. Januar 2021 – 21 W 124/20 – zum Umfang der Bekanntgabe des Testaments gegenüber Vermächtnisnehmern entschieden, dass es ausreicht, wenn die Vermächtnisnehmer über das jeweilige sie betreffende Vermächtnis und die Person des durch das Vermächtnis beschwerten Erben informiert werden.
OLG Frankfurt/Main fällt Grundsatzentscheidung zum Informationsrecht eines Vermächtnisnehmers
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. hat mit Beschluss vom 6. Januar 2021 – 21 W 124/20 – zum Umfang der Bekanntgabe des Testaments gegenüber Vermächtnisnehmern entschieden, dass es ausreicht, wenn die Vermächtnisnehmer über das jeweilige sie betreffende Vermächtnis und die Person des durch das Vermächtnis beschwerten Erben informiert werden. Der Beschluss ist eine Grundsatzentscheidung zum Informationsrecht eines Vermächtnisnehmers gegenüber dem Erben.
Der Fall
Die Erblasserin hatte eine Alleinerbin eingesetzt, Testamentsvollstreckung angeordnet und eine größere Anzahl von Vermächtnissen an einen Kreis von etwas mehr als 100 Vermächtnisnehmern eingesetzt. Die Testamentsvollstrecker beantragten aus Diskretionsgründen und vor dem Hintergrund des erheblichen Nachlasswerts, den Beteiligten des Nachlassverfahrens, insbesondere den mit Vermächtnissen Bedachten, nur den diese jeweils konkret betreffenden Inhalt der testamentarischen Verfügungen zur Kenntnis zu geben. Der Rechtspfleger sah das anders und übersandte Eröffnungsprotokoll und Testamente an einen Teil der Vermächtnisnehmer. Hiergegen wandten sich die Testamentsvollstrecker.
Die Entscheidung
Das OLG verwies in seinem Beschluss insbesondere auf den Sinn und Zweck von § 348 Familienverfahrensgesetz (FamFG): Dieser legt fest, dass den Erschienenen der Inhalt der Verfügung von Todes wegen mündlich bekanntzugeben ist. Die Verfügung kann den Erschienenen danach auch vorgelegt werden; auf Verlangen ist sie ihnen vorzulegen. Nach Absatz 3 hat das Gericht den Beteiligten den sie betreffenden Inhalt der Verfügung von Todes wegen schriftlich bekannt zu geben. Die gesetzliche Benachrichtigungspflicht soll Personen von dem sie betreffenden Inhalt Kenntnis geben, wenn ihre Rechtslage durch die in der Verfügung von Todes wegen getroffenen Bestimmungen unmittelbar beeinflusst wird. Sie sollen in den Stand gesetzt werden, das zur Wahrnehmung ihrer Interessen Zweckdienliche zu veranlassen. Mit der Einschränkung der Benachrichtigungspflicht nach Absatz 3 auf denjenigen Inhalt der Verfügung, der den zu informierenden Beteiligten betrifft, soll dabei dem Geheimhaltungsinteresse des Erblassers, des Erben sowie der übrigen Beteiligten im Verhältnis zu dem Benachrichtigungsadressaten Rechnung getragen werden. Das heißt im Umkehrschluss: Ist der Beteiligte von weiteren Anordnungen des Erblassers nicht betroffen, erhält er diese Informationen nicht.
Fazit
Ein Vermächtnisnehmer muss Einblick in den das Vermächtnis betreffenden Teil der letztwilligen Verfügung erhalten. Der Erbe beziehungsweise Testamentsvollstrecker wiederum muss – und gegebenenfalls darf – keinen vollständigen Einblick in den weiteren Teil der letztwilligen Verfügung gewähren.
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