Erdbeben in der Türkei und in Syrien: Steuererleichterungen für Hilfsmaßnahmen

Am 6. Februar 2023 ereignete sich im Südosten der Türkei und im Norden Syriens ein verheerendes Erdbeben, das nach bisherigem Kenntnisstand über 50.000 Menschen das Leben kostete und massive Schäden an der Infrastruktur verursachte. Mit dem BMF-Schreiben vom 27. Februar 2023 – IV C 4 - S 2223/19/10003 :019 – wurden Regelungen getroffen, um sowohl Spendenaktionen und Unterstützungsmaßnahmen steuerbegünstigter Einrichtungen als auch die Hilfe durch Unternehmen und Bürger zugunsten der Opfer des Erdbebens in der Türkei und in Syrien zu fördern. Sie gelten für entsprechende Unterstützungsmaßnahmen, die vom 6. Februar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 durchgeführt werden.


Vereinfachter Spendennachweis für Hilfsmaßnahmen


Im genannten Zeitraum gilt ein vereinfachter Spendennachweis für alle Zuwendungen zur Hilfe in den durch das Erdbeben verursachten Katastrophenfällen auf eingerichtete Sonderkonten von inländischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, inländischen öffentlichen Dienststellen sowie von amtlich anerkannten Wohlfahrtsverbänden einschließlich ihrer Mitgliedsorganisationen. Als Nachweise gelten Bareinzahlungsbelege und Buchungsbestätigungen eines Kreditinstituts (z. B. Kontoauszug, PC-Auszug Online-Banking). Die Vereinfachungsregelung ist betragsmäßig unbegrenzt und soll auch für Spenden gelten, die noch auf hierfür nicht speziell eingerichteten Sonderkonten eingegangen sind.

Auch Spendenaktionen Dritter werden unterstützt, sofern die von Dritten gesammelten Mittel zusammen mit einer Liste der Spender und der Beträge an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, eine inländische öffentliche Dienststelle oder eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft weitergeleitet und von dieser durch eine Zuwendungsbestätigung belegt werden.
 

Spendenaktionen und Unterstützungsmaßnahmen steuerbegünstigter Einrichtungen


Um das Engagement aller gemeinnützigen Körperschaften – unabhängig vom eigentlichen Satzungszweck oder regionaler Beschränkung – zu ermöglichen, ist es unschädlich für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft, wenn sie Spenden für die Unterstützung der vom Erdbeben Geschädigten sammelt und unmittelbar selbst für diesen Zweck verwendet oder an eine andere Körperschaft, die mildtätige Zwecke fördert, weiterleitet. Die Körperschaft hat bei der Förderung mildtätiger Zwecke die Bedürftigkeit der unterstützten Person oder Einrichtung selbst zu prüfen und zu dokumentieren. Bei materiellen und finanziellen Hilfen reicht es aus, wenn die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit der unterstützten Person glaubhaft gemacht wird. In diesem Fall sind die Zuwendungsbestätigungen von der steuerbegünstigten Körperschaft, die die Spenden gesammelt hat, unter Hinweis auf die Sonderaktion auszustellen.

Auch bereits vorhandene Mittel der steuerbegünstigten Körperschaften dürfen ausnahmsweise abweichend vom eigentlichen Satzungszweck zur unmittelbaren Unterstützung der Geschädigten des Erdbebens eingesetzt oder Personal und Räumlichkeiten für diese Zwecke überlassen werden. Auch in diesem Fall hat die Körperschaft bei der Förderung mildtätiger Zwecke die Bedürftigkeit der unterstützten Person oder Einrichtung selbst zu prüfen und zu dokumentieren. Unterstützungsleistungen außerhalb der Verwirklichung gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke, z. B. in den betrieblichen Bereich an von dem Erdbeben besonders betroffene Unternehmen, an Selbständige oder an entsprechende Hilfsfonds der Kommunen, sind hingegen nicht begünstigt.

Das BMF weist darauf hin, dass Stiftungen wegen der Zulässigkeit von Tätigkeiten außerhalb des Satzungszwecks zusätzlich die stiftungsaufsichtsrechtlichen Bestimmungen der Länder zu beachten haben.
 

Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen


Sponsoringmaßnahmen zugunsten der Unterstützung der Geschädigten des Erdbebens werden als Betriebsausgaben zugelassen, sofern der Sponsor wirtschaftliche Vorteile insbesondere durch Sicherung oder Erhöhung seines unternehmerischen Ansehens anstrebt. Dies kann beispielsweise durch öffentlichkeitswirksame Berichterstattung erfolgen, in der das Unternehmen auf seine Leistungen aufmerksam macht.

Auch Zuwendungen in angemessenem Umfang an von dem Erdbeben geschädigte Geschäftspartner zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen sind in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar. Gleiches gilt für Zuwendungen an öffentlich-rechtliche oder steuerbefreite Körperschaften zur Berufsvertretung (z. B. Berufskammern und Innungen) im Rahmen von Spendenaufrufen zugunsten der von dem Erdbeben geschädigten Berufsangehörigen.
 

Unterstützung an vom Erdbeben betroffene Arbeitnehmer


Ein wichtiger Baustein des BMF-Schreibens ist die lohnsteuerfreie Möglichkeit, eigene Arbeitnehmer, die von der Katastrophe betroffen sind, zu unterstützen. Demnach sind Zahlungen von bis zu 600 EUR lohnsteuerfrei möglich; auch darüber hinausgehende Unterstützungszahlungen sind lohnsteuerfrei möglich, wenn unter Berücksichtigung der Einkommens- und Familienverhältnisse des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt. Darüber hinaus können auch Darlehen zinsfrei oder -vergünstigt an Arbeitnehmer gewährt werden, ohne dass es zu einer Belastung des Vorteils mit Lohnsteuer kommt.

Daneben kann der Arbeitgeber seinen betroffenen Arbeitnehmern auch andere Vorteile lohnsteuerfrei gewähren, wie etwa Verpflegung oder die Überlassung eines Kfz, einer Unterkunft oder anderer Gegenstände, die beispielsweise bei dem Erdbeben zerstört oder beschädigt wurden. Voraussetzung für die Lohnsteuerfreiheit aller genannten Vergünstigungen ist, dass die steuerfreien Leistungen im Lohnkonto aufgezeichnet werden und die Betroffenheit durch das Erdbeben dokumentiert wird. Ferner müssen Angaben über die Schadenshöhe vorgelegt werden sowie darüber, welche anderweitigen Entschädigungen oder Zuwendungen zu erwarten sind oder bereits erhalten wurden. Die glaubhaft gemachte Schadenshöhe ist demnach auch die betragsmäßige Obergrenze für lohnsteuerfreie Vergünstigungen und Leistungen. 
 

Arbeitslohnspende und Aufsichtsratsvergütungen


Das BMF hat auch Vereinfachungsregelungen für Arbeitslohnspenden sowie Aufsichtsratsvergütungen getroffen. Sofern Arbeitnehmer auf einen Teil ihres Lohns zugunsten einer steuerfreien Beihilfe bzw. Unterstützung an Arbeitnehmer des Unternehmens oder an Arbeitnehmer von Geschäftspartnern, die vom Erdbeben in der Türkei und in Syrien geschädigt sind, oder zugunsten einer abzugsfähigen Spende verzichten, bleibt dieser Teil des Arbeitslohns steuerlich außer Ansatz. Voraussetzung ist die Erfüllung der Verwendungsauflage und deren Dokumentation im Lohnkonto des Arbeitnehmers oder aber eine schriftliche Erklärung des Arbeitnehmers. Letztere ist zum Lohnkonto zu nehmen. Die Regelungen gelten analog für Aufsichtsratvergütungen.
 

Umsatzsteuer

Stellen Unternehmen Gegenstände und Personal unentgeltlich für humanitäre Zwecke an Einrichtungen wie Hilfsorganisationen oder öffentliche Institutionen, die einen unverzichtbaren Einsatz zur Bewältigung der Auswirkungen bei den von dem Erdbeben Geschädigten leisten, zur Verfügung, wird von der Umsatzbesteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe abgesehen. Vorsteuern können unter der Voraussetzung, dass der Unternehmer bereits bei Bezug der Lieferungen bzw. Leistungen beabsichtigte, diese für die genannten Zwecke zu verwenden, dennoch geltend gemacht werden.


Schenkungsteuer


Sofern es sich bei den Zuwendungen um Schenkungen handelt, kommen die Steuerbefreiungen nach § 13 ErbStG unter den entsprechenden Voraussetzungen zum Tragen.


Fazit


Drei Wochen nach dem Erdbeben in der Türkei und in Syrien hat das BMF steuerliche Erleichterungsregelungen auf den Weg gebracht. Diese ähneln in weiten Teilen den bereits bestehenden steuerlichen Erleichterungsvorschriften zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten. Dadurch können Spendenaktionen leichter durchgeführt und Unterstützungsmaßnahmen durch sämtliche steuerbegünstigten Organisationen – unabhängig vom eigentlichen Satzungszweck – erfolgen.
 

Autorin
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Steuerberaterin, Partnerin, Leitung KompetenzTeam Steuern Köln
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Steuerberater, Partner, Leitung KompetenzTeam Steuern Köln

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