Entwurf des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes

Am 29. Januar 2021 fand im Bundestag die erste Lesung zum Regierungsentwurf des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) statt. Geplant sind umfangreiche Änderungen, insbesondere im Bereich des SGB V, des SGB VIII und des SGB IX. Hauptziel des Gesetzes sind Verbesserungen vor allem für junge Menschen, die benachteiligt sind, die unter

Regierungsentwurf im parlamentarischen Verfahren

 

Am 29. Januar 2021 fand im Bundestag die erste Lesung zum Regierungsentwurf des Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) statt. Geplant sind umfangreiche Änderungen, insbesondere im Bereich des SGB V, des SGB VIII und des SGB IX. Hauptziel des Gesetzes sind Verbesserungen vor allem für junge Menschen, die benachteiligt sind, die unter belastenden Lebensbedingungen aufwachsen oder die Gefahr laufen, von der sozialen Teilhabe ausgeschlossen zu werden. Die Gesetzesziele sollen erreicht werden durch gesetzliche Änderungen in fünf Bereichen.

Besserer Kinder- und Jugendschutz

Unter anderem sollen die Anforderungen an die Erteilung einer Betriebserlaubnis für Träger einer Einrichtung, in der Kinder oder Jugendliche ganztägig oder für einen Teil des Tages betreut werden, erhöht werden. Ziel ist es, Aufsicht und Kontrolle deutlich zu verbessern. So soll nach dem Gesetzentwurf der Träger nachweisen können, dass den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Buch- und Aktenführung entsprechende Aufzeichnungen über den Betrieb der Einrichtung und deren Ergebnisse angefertigt werden sowie eine mindestens dreijährige Aufbewahrung dieser Aufzeichnungen sichergestellt wird (§ 45 Abs. 3 SGB VIII n. F.). Die Nachweis- und Aufbewahrungspflicht soll auch die Unterlagen zu räumlichen, wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen sowie zur Belegung der Einrichtung mit umfassen.

Daneben sollen Ärzte für einen effektiveren und qualitativ hochwertigeren Kinder- und Jugendschutz rechtzeitig und auch stärker mit einbezogen werden. Dies betrifft insbesondere Leistungen für Fallbesprechungen bzw. Gefährdungseinschätzungen durch ärztliches Fachpersonal.

Stärkung von Kindern und Jugendlichen, die in Pflegefamilien oder in Einrichtungen der Erziehungshilfe aufwachsen

Die Kostenbeteiligung junger Menschen soll deutlich reduziert werden. So ist geplant, die Kostenbeteiligung bei vollstationären Leistungen von bisher 75 % auf höchstens 25 % des Einkommens zu reduzieren (§ 94 Abs. 6 SGB VIII n. F.). Außerdem sollen Eltern bei Hilfen außerhalb der eigenen Familie – unabhängig von der Personensorge – einen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Beratung, Unterstützung und Förderung ihrer Beziehung zum Kind erhalten (§ 37 Abs. 1 SGB VIII n. F.).

Hilfen aus einer Hand für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen

Die Zuständigkeiten für Leistungen der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen sollen aus dem SGB IX entnommen und zu den allgemeinen und besonderen Regelungen der Kinder- und Jugendhilfe im SGB VIII zusammengeführt werden. Eine Differenzierung – wie bisher – zwischen Kindern und Jugendlichen mit oder ohne Behinderung soll zukünftig vermieden werden. Grundpfeiler sind in diesem Zusammenhang die Verankerung der Inklusion als Leitgedanke, eine grundsätzlich gemeinsame Betreuung in der Kindertageseinrichtungen von Kindern mit oder ohne Behinderung, die engere und verbindlichere Zusammenarbeit der Leistungs- und Kostenträger, eine verbindliche Beratung betroffener Kinder, Jugendlicher und ihrer Eltern sowie ab 2024 die Unterstützung betroffener Eltern durch einen sogenannten Verfahrenslotsen.

Mehr Prävention vor Ort

Die Möglichkeiten der direkten Inanspruchnahme ambulanter erzieherischer Hilfen, also ohne vorherige Antragstellung beim Jugendamt, sollen explizit um Hilfen für Familien in Notsituationen erweitert werden. Klarstellend sieht der Gesetzentwurf vor, dass im Rahmen von Hilfen zur Erziehung unterschiedliche Hilfearten miteinander kombiniert werden können.

Mehr Beteiligung von jungen Menschen, Eltern und Familien

Insgesamt sollen Kinder und Jugendliche einen uneingeschränkten eigenen (also von den Eltern unabhängigen) Anspruch auf Beratung durch die Träger der Kinder- und Jugendhilfe erhalten. Gleichzeitig werden auch die Beschwerdemöglichkeiten für Kinder und Jugendliche in Einrichtungen und in Pflegefamilien erweitert beziehungsweise verbessert. Für Einrichtungsträger bedeutet dies unter anderem, dass nach dem Gesetzentwurf zum Beispiel im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung einer Betriebserlaubnis die Möglichkeiten der Beschwerde auch außerhalb der Einrichtung gewährleistet werden sollen.

Fazit

Der Gesetzentwurf zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) greift viele seit Jahren seitens der Fachverbände geforderte Punkte und Themen auf. Aufgrund der zahlreichen und umfangreichen, zum Teil auch kritischen Stellungnahmen der einzelnen Fachverbände zu dem Gesetzentwurf bleibt jedoch abzuwarten, ob es im laufenden Gesetzgebungsverfahren noch zu Modifikationen kommen wird.

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