Die elektronische Verarbeitung von Eingangsrechnungen

Die Digitalisierung im Rechnungswesen und damit verbunden die Verarbeitung elektronischer Rechnungen sind wahrlich keine neuen Themen. Mit der Notwendigkeit des verteilten Arbeitens auch aufgrund von Home-Office-Vorgaben im Zuge der Corona-Pandemie hat das Thema indes in den letzten zwei Jahren einen massiven Aufschwung erfahren.

 

Beleuchtung der kritischen Erfolgsfaktoren

Die Digitalisierung im Rechnungswesen und damit verbunden die Verarbeitung elektronischer Rechnungen sind wahrlich keine neuen Themen. Mit der Notwendigkeit des verteilten Arbeitens auch aufgrund von Home-Office-Vorgaben im Zuge der Corona-Pandemie hat das Thema indes in den letzten zwei Jahren einen massiven Aufschwung erfahren – ein guter Anlass, die kritischen Erfolgsfaktoren der elektronischen Verarbeitung von Eingangsrechnungen näher zu beleuchten.

Regulatorische Vorgaben und Risiken

Bereits mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme, kurz GoBS, hatte das Bundesfinanzministerium 1995 erste Regelungen zum Speichern von originär analogen und von digitalen Dokumenten vorgelegt, um die Umsetzung der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen aus § 147 AO bzw. § 257 HGB zu spezifizieren. Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 begann dann der Siegeszug der elektronischen Rechnungsstellung durch die Anpassung von § 14 UStG. Daraufhin wurden mit Wirkung zum 1. Januar 2015 eine wesentliche Überarbeitung und Konkretisierung der GoBS vorgenommen. In den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff, kurz GoBD, finden sich seitdem sehr konkrete Vorgaben, wie eine ordnungsgemäße Verarbeitung und Speicherung von elektronischen und gescannten Rechnungen stattzufinden hat. Mit der Neufassung der GoBD, wirksam seit dem 1. Januar 2020, wurde zudem die Möglichkeit geschaffen, Reisekostenbelege in Sonderfällen mit dem Smartphone zu erfassen. Die Einhaltung der definierten Anforderungen gewährleistet dem Steuerpflichtigen die Ordnungsmäßigkeit der Buchhaltung und stellt bei umsatzsteuerpflichtigen Organisationen den Vorsteuerabzug sicher.

Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verarbeitung und Archivierung – Verfahrensdokumentation

Die elektronische Verarbeitung von Eingangsrechnungen durchläuft klassischerweise folgende Prozessschritte:

Die GoBD definieren konkrete Vorgaben an das Verfahren, das in einer sogenannten Verfahrensdokumentation nachvollziehbar für Dritte festzuhalten ist. Dieses – je Steuerpflichtigen in der Regel individuelle – Verfahren beinhaltet folgende organisatorische und technische Kontrollen:

1.a Extraktion des Mail-Anhangs

  • Nutzung definierter Mail-Adressen für den Empfang von elektronischen Rechnungen, z. B. rechnungen@xgmbH.de
  • Überwachung des IT-Prozesses und Identifikation von Fehlern bei der Extraktion von Anhängen inkl. Verantwortlichkeiten und Dokumentation

1.b Scan der Papierbelege

  • Festlegung, welche Einheiten wann und wo welche Rechnungen erfassen
  • Kontrolle der Scanergebnisse auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Lesbarkeit
  • Regelungen für die Vernichtung gescannter Rechnungen

2. Übernahme der elektronischen Rechnung in das ­Rechnungseingangsbuch

  • Sicherstellung der Übernahme der unveränderten Originalrechnung in das finale Archivsystem
  • Überwachung des IT-Prozesses und Identifikation von Fehlern bei der Übernahme inkl. der Verantwortlichkeiten

3. OCR-Erkennung und Überprüfung nach § 14 UStG

  • Vollständigkeit der Anforderungen an die Rechnung
  • ggf. Prüfung rechnerische Richtigkeit

4. Sachliche und rechnerische Prüfung und Freigabe

  • Nachvollziehbarkeit der Prüfungen, Freigaben, Kontierungen und sonstigen Annotation – i. d. R. mit Hilfe einer Invoice-Software
  • Überwachung auf zeitnahe Freigabe inkl. Verantwortlichkeiten

5. Verbuchung und ggf. Verknüpfung

  • Finale Freigabe und Übernahme in die Finanzbuchhaltung
  • Sicherstellung der vollständigen und richtigen Übernahme der Buchungen

6. Archivierung und Löschkonzept

  • Unveränderbarkeit der archivierten Belege sowie der dazugehörigen Freigaben, Kontierungen und Annotationen
  • Konzept zur Identifikation und Freigabe von archivierten Belegen nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist


Die konkrete Umsetzung dieser Kontrollen orientiert sich selbstverständlich an dem konkreten Prozess des Steuerpflichtigen und muss in der Regel noch durch weitere Kontrollen ergänzt werden.

Die Verfahrensdokumentation muss alle organisatorischen und technischen Verfahren bzw. Abläufe enthalten. Dabei ist es unerheblich, ob diese in einem zentralen Dokument dargestellt werden oder sich strukturell in thematisch getrennte Dokumente aufteilen. Die GoBD nennen als Bestandteile der Verfahrensdokumentation explizit

  • die allgemeine Beschreibung,
  • die Anwenderdokumentation,
  • die technische Systemdokumentation sowie
  • die Betriebsdokumentation.


Letztere beinhaltet die notwendigen technischen IT-spezifischen Maßnahmen rund um das Verfahren wie z.B. die Schnittstellen- und Job-Überwachung, ein Datensicherungskonzept sowie ein angemessenes Konzept zum Change Management der Softwarekomponenten. Oftmals gelten dabei die beim Steuerpflichtigen ohnehin bereits dokumentierten Verfahren im IT-Bereich, so dass in diesen Fällen keine gesonderte Dokumentation notwendig ist, sondern lediglich ein Verweis auf diese Dokumente.

Um einen einfach anzuwendenden Standard zu schaffen, stellt die Steuerberaterkammer unter www.bstbk.de eine sogenannte Musterverfahrensdokumentation zur Verfügung – eine Art Lückentext, in dem Steuerpflichtige ihre spezifische Vorgehensweise ergänzen können.

Kritische Erfolgsfaktoren

Das elektronische Verfahren zur Rechnungsverarbeitung ist grundsätzlich lediglich die digitale Umsetzung eines bisher vorhandenen papierbasierten Verfahrens. Die bisherigen Kontrollen für die Rechnungsverarbeitung werden also in die digitale Welt überführt und müssen zur Anerkennung durch die Finanzverwaltung in der Verfahrensdokumentation nachvollziehbar beschrieben sein. Wir empfehlen daher, das Verfahren und die Dokumentation vor dem Vernichten der Papierbelege von fachkundigen externen Personen überprüfen und bescheinigen zu lassen.

Praxis-Hinweis

Die von der Steuerberaterkammer bereitgestellte Musterverfahrensdokumentation ist durchaus zu empfehlen, muss jedoch noch um die IT-spezifische Betriebsdokumentation ergänzt werden. Gerne unterstützen wir Sie bei der Erstellung einer entsprechenden Verfahrensdokumentation oder bescheinigen die Ordnungsmäßigkeit der implementierten Prozesse, Kontrollen und entsprechenden Dokumentationen. Sprechen Sie uns an!

 

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