Die Stakeholder im Nachhaltigkeitsbericht

Durch die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der Taxonomie-Verordnung sind große Kapitalgesellschaften in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft verpflichtet, bis 2025 eine umfassende Nachhaltigkeitsberichterstattung aufzubauen. Darüber hinaus werden Einrichtungsträger, die nach ihrer Satzung oder ihrem Gesellschaftsvertrag einen Lagebericht aufzustellen haben, zukünftig ihre Berichterstattung ausweiten.


Betroffene Gruppen müssen erstmalig berücksichtigt werden

Im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung müssen erstmalig die Interessen der sogenannten Stakeholder in die Überlegungen der Geschäftsführung einbezogen werden. Der europäische Gesetzgeber differenziert hierbei in den Berichtsstandards sehr formal folgende Hauptgruppen, die von den Entscheidungen des Unternehmens beeinflusst oder betroffen sein können:

Betroffene Stakeholder: Einzelpersonen oder Gruppen, deren Interessen durch die Aktivitäten des Unternehmens und seine direkten und indirekten Geschäftsbeziehungen entlang der Wertschöpfungskette positiv oder negativ beeinflusst werden können.

Nutzer von Nachhaltigkeitsaussagen: Hauptnutzer von allgemeinen Finanzberichten (bestehende und potenzielle Investoren, Kreditgeber und andere Gläubiger, Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen) sowie andere Nutzer wie Geschäftspartner des Unternehmens, Gewerkschaften und Sozialpartner, Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen, Regierungen.
 

Einbindung der Stakeholder ist sehr wichtig

Aus der Sicht der CSRD ist die Einbindung der Stakeholder von großer Bedeutung, um so eine umfassende und aussagekräftige Wesentlichkeitsanalyse zu gewährleisten.

Die Wesentlichkeitsanalyse gemäß der CSRD steht in engem Zusammenhang mit den Stakeholdern. Die Wesentlichkeitsanalyse basiert auf dem Dialog und der Zusammenarbeit mit den betroffenen Stakeholdern. Dabei werden deren Perspektiven, Bedürfnisse und Interessen berücksichtigt, um relevante Themen und Auswirkungen zu identifizieren.

Stakeholder sind demnach Personen oder Gruppen, die von den Aktivitäten des Unternehmens betroffen sein können oder darauf Einfluss haben. Sie bringen verschiedene Perspektiven, Bedürfnisse und Interessen mit sich, die in die Bewertung der Wesentlichkeit einbezogen werden müssen. Durch den Dialog mit den Stakeholdern können Unternehmen wichtige Einblicke gewinnen, um die Auswirkungen ihrer Tätigkeiten besser zu verstehen und angemessene Maßnahmen abzuleiten.

Die Stakeholder-Analyse ermöglicht es Unternehmen, die Erwartungen und Bedürfnisse der Stakeholder zu identifizieren und ihre Nachhaltigkeitsstrategie entsprechend auszurichten.
 

Überblick schaffen – Identifizierung der wesentlichen Stakeholder

In einem ersten Schritt müssen die relevanten Stakeholder identifiziert werden, die z.B. von den Aktivitäten und Entscheidungen eines Krankenhauses oder einer  Pflegeeinrichtung betroffen sein könnten. Für einen Krankenhausträger lassen sich beispielsweise die folgenden Stakeholder und Interessen ermitteln:

  • Patienten und Angehörige: Die Zufriedenheit, Sicherheit und Versorgung der Patienten und der unterstützenden Angehörigen steht im Mittelpunkt.
  • Personal: Die Ärzte, Krankenschwestern, Pflegekräfte und andere medizinische Fachkräfte haben ein Interesse an angemessenen Arbeitsbedingungen, Fortbildungsmöglichkeiten und an einer positiven Arbeitsumgebung.
  • Verwaltung, Führungskräfte: Die Führungskräfte und die Verwaltung haben ein Interesse an einer effizienten Ressourcenallokation und der Erreichung organisatorischer Ziele.
  • Behörden und Aufsichtsorgane: Aus der Sicht der Gesundheitsbehörden und Aufsichtsorgane müssen u.a. die Qualität der Gesundheitsversorgung und der Patientensicherheit gewährleistet werden.

Durch entsprechende Befragungen und Workshops können die relevanten Stakeholder identifiziert und die wesentlichen stakeholderbezogenen Chancen einer nachhaltigen und offenen Zusammenarbeit betrachtet werden. Die Tabelle verdeutlicht jedoch auch, dass eine unzureichende Kommunikation mit den Stakeholdern erhebliche Risiken für das Geschäftsmodell zur Folge haben kann.  

Stakeholder

Instrumente der Stakeholder-Analyse

Chancen

Risiken

Patienten

Interviews, Umfragen, Beschwerde- und Feedbackverfahren

Verbesserung der Patientenzufriedenheit, Aufbau einer positiven Reputation, Identifizierung von Verbesserungspotenzialen

Unzufriedenheit und negative Bewertungen, Mängel in der Patientenversorgung, Reputationsrisiken

Medizinisches Personal

Mitarbeiterbefragungen, Workshops, Führungskräftegespräche

Steigerung der Mitarbeiterzufriedenheit, Identifizierung von Schulungsbedarf

Fachkräftemangel, hohe Arbeitsbelastung, Konflikte im Team

Verwaltung, Führungskräfte

Managementinterviews, Strategieworkshops

Effektive Entscheidungsfindung, Identifizierung von Verbesserungspotenzialen

Mangelnde Führungsqualitäten, Kommunikationsprobleme

Lieferanten

Lieferantenbefragungen, Lieferantenbewertungen, Vertragsverhandlungen, regelmäßige Lieferantenmeetings

Zuverlässige Lieferantenbeziehungen, Sicherstellung von Qualität, Identifizierung von Kosteneinsparungspotenzialen

Lieferengpässe, Qualitätsprobleme, Preiserhöhungen

Behörden, Aufsichtsorgane

Prüfungsberichte, Compliance-Berichte,

Erfüllung von regulatorischen Anforderungen, positive Beziehungen zu Behörden und Aufsichtsorganen, rechtliche Sicherheit

Rechtsverstöße, Bußgelder, Imageprobleme

Krankenkassen

Verhandlungen, Austausch von Informationen zur Abrechnung (Verhandlung)

Sicherstellung einer angemessenen Vergütung, Optimierung Abrechnungsprozesse

Zahlungsrückstände, komplexe Abrechnungsanforderungen

Kooperationspartner

Kooperationsvereinbarungen, Plattformen

Verbesserung der Patientenversorgung, Synergieeffekte

Konkurrenzdenken, Interessens9konflikte

 

Bedürfnisse und Einfluss einschätzen

Analyse: Für jeden identifizierten Stakeholder ist es wichtig, ihre spezifischen Interessen, Bedürfnisse und Erwartungen zu analysieren. Dies kann durch Interviews, Umfragen, Workshops oder Feedback-Mechanismen (siehe Abbildung) erfolgen. Die Erkenntnisse können vielfältig sein, z. B. eine erhöhte Zufriedenheit der Patienten, verbesserte Arbeitsbedingungen für das medizinische Personal oder eine positive Wahrnehmung in der sozialen Raumschaft.

Bewertung des Einflusses: Es ist entscheidend, den Einfluss und die Macht der Stakeholder zu bewerten, da dies ihre Fähigkeit bestimmt, Entscheidungen zu beeinflussen oder auf das Krankenhaus oder die Pflegeeinrichtung einzuwirken.
 

Einbindung in die Unternehmensstrategie

Basierend auf den ermittelten Interessen, Bedürfnissen und dem Einfluss der Stakeholder können geeignete Strategien entwickelt werden, um ihre Einbindung und Kommunikation zu verbessern. Dies kann die Schaffung von Kommunikationskanälen, die Einrichtung von Feedback-Mechanismen oder die Integration von Stakeholder-Interessen in die Unternehmensstrategie beeinhalten.

Ein häufiger Fehler besteht darin, die Ergebnisse der Stakeholder-Analyse nicht in die strategische Entscheidungen und Handlungspläne einzubeziehen. Die Stakeholder-Interessen sollten daher berücksichtigt werden, um die Unternehmensziele und -aktivitäten entsprechend auszurichten.
 

Umsetzung in 2024 starten 

Aufgrund der knappen Zeitschiene und der Komplexität einer CSRD-konformen Berichterstattung ist es ratsam, bereits 2023 eine Stakeholderanalyse, in Abstimmung mit einem branchenerfahrenen Abschlussprüfer, durchzuführen. Hierdurch wird sichergestellt, dass alle wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen Beachtung finden und adressiert werden. Anhand der Analyse kann damit eine Priorisierung der wesentlichen Themen sowie eine strategische Ausrichtung für die nächsten Jahre gestartet werden. 

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