Klimawandel betrifft auch die Sozialimmobilie
Steigende Energiekosten, Extremwetterereignisse und die Diskussion um die verschärften energetischen Anforderungen für den Immobilienbestand wirken sich immer stärker auf die Unternehmen in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft aus. Regulatorische Vorgaben führen zusätzlich zu einer verschärften Kreditvergabe und steigenden Bau- und Sanierungskosten, was sich wiederum auf traditionelle Geschäfts- und Finanzierungsmodelle auswirkt. Die EU-Kommission geht hierbei davon aus, dass auf die Immobilien rund 40 % des Energieverbrauchs entfallen. Um die ehrgeizigen Energieeffizienz- und Klimaziele zu erreichen, muss nach den vorliegenden Plänen die jährliche Renovierungsquote deutlich gesteigert und die Zielerreichung eines klimaneutralen Gebäudebestandes quantifizierbar werden. Hierbei spielt die Nachhaltigkeitsberichterstattung eine zentrale Rolle.
Berichterstattung erhöht die Transparenz
Durch die Umsetzung der CSRD und der Taxonomie-Verordnung sind die betroffenen Einrichtungsträger verpflichtet, bis 2025 eine umfassende energetische Betrachtung der Bestandsimmobilien sowie der notwendigen Anpassungsstrategien (v.a. „Beitrag zu Klimaschutz“ und „CO2-Reduktion im Immobilienbestand und Neubau“) vorzunehmen. Unter Beachtung der zahlreichen Anforderungen der Stakeholder und der Wesentlichkeitsanalyse muss die Geschäftsführung darlegen, wie das Ziel eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestandes innerhalb der nächsten rund zwei Jahrzehnten erreicht werden kann.
Die immobilienbezogenen Ziele, Maßnahmen und Ergebnisse sowie ihr Zusammenspiel müssen für den Adressaten des Lageberichtes nachvollziehbar sein, wobei explizit auf kurz-, mittel- und langfristige Nachhaltigkeitsrisiken einzugehen ist. In diesem Zusammenhang müssen die umfassenden Vorgaben der ESRS und Taxonomie-Verordnung zwingend angewendet werden.
Konkrete Vorgaben für den Immobilienbestand
Im Rahmen einer „robusten Klimarisiko- und Vulnerabilitätsbewertung“ müssen u.a. Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit der Patienten bzw. Bewohner und den Betrieb sowie mögliche Anpassungslösungen (z. B. Gebäudekühlung, Sonnenschutzsysteme) bewerten. Diese Anpassungslösungen werden anhand vordefinierter Indikatoren überwacht und gemessen.
Zur Umsetzung der Klimaschutzziele definiert die Taxonomie-Verordnung für die Entwicklung von Bauprojekten beziehungsweise den Erwerb von Gebäuden sowie die Renovierung bestehender Gebäude und die Installation von energieeffizienten Geräten bestimmte Grenzwerte, die in den nächsten Jahren zu beachten sind. Anhand der Parameter Umsatzerlöse, Investitionsausgaben und Betriebsausgaben muss demnach dargestellt werden, wie hoch der Anteil der taxonomiekonformen (nachhaltigen) Wirtschaftstätigkeiten an den Gesamtaktivitäten der Gesundheitseinrichtung ist. Zusätzlich erfolgt erstmalig eine ökologische Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus der Immobilien.
Klimaschutzfahrplan verdeutlicht wirtschaftlichen Druck
Eine zentrale Rolle in der nachhaltigen Transformation nimmt der ESRS E1 „Climate change“ ein, der eine Vielzahl von erstmalig offenzulegenden Leistungsindikatoren vorgibt. Anhand konkreter Emissionsreduktionsziele sollen demnach die Träger ab 2025 in rollierenden Fünfjahreszeiträumen Meilensteine und Zielerreichungsgrad sowie konkrete Aktionspläne offenlegen. Für den ersten Zielzeitraum (z. B. 2026 bis 2030) kann ein aktuelles Basisjahr zwischen 2022 und 2025 zugrunde gelegt werden. Die aus dem Betrieb resultierenden Treibhausgasemissionen werden anhand standardisierter Verfahren umgerechnet und in CO2-Äquivalenten (in Tonnen) dargestellt.
Unter Berücksichtigung der vorgegebenen Leistungsindikatoren muss die trägerbezogene Klimaneutralität schrittweise im Rahmen eines langfristigen Klimaschutzfahrplans angestrebt und für Dritte nachvollziehbar dokumentiert werden. Die notwendige Gesamtbetrachtung der laufenden und investiven Aufwendungen (Wirtschaftlichkeitsbetrachtung) bildet in Verbindung mit den angestrebten Emissionseinsparungen letztlich den (langfristigen) finanziellen Handlungsspielraum des Trägers ab.
Aus Unternehmenssicht müssen damit frühzeitig Investitionsbedarfe und Finanzierungslücken sowie notwendige Anpassungen des Geschäftsmodells (z.B. Exit, Bau von kleineren Einheiten) strategisch betrachtet werden. Hierbei zeichnet sich bereits heute ab, dass die aktuellen Förderprogramme für Klimaschutzmaßnahmen nicht ausreichend sind und alternative Finanzierungslösungen gefunden werden müssen.
Umsetzung in 2023 starten
Aufgrund der knappen Zeitschiene und der Komplexität einer CSRD-konformen Berichterstattung ist es ratsam, bereits 2023 den Aspekt „Klimaneutraler Gebäudebestand“, in Abstimmung mit einem branchenerfahrenen Abschlussprüfer, näher zu betrachten. Hierdurch wird sichergestellt, dass alle wesentlichen Immobilienthemen Beachtung finden und adressiert werden.
Die Implementierung der „immobilienbezogenen“ Nachhaltigkeitsberichterstattung bedingt eine Überprüfung bestehender Abläufe im Immobilienmanagement und der Verwaltung insgesamt. So wird es zur Bereitstellung der geforderten Kennzahlen unvermeidbar sein, organisatorische Verfahrensanweisungen im Hinblick auf die Anforderungen der ESRS und Taxonomie-Verordnung zu modifizieren. Insbesondere die Erfassung des CO2-Fussabdruckes sowie die Planung einer strukturierten Umsetzung zur Reduktion der CO2-Intensität erfordert erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen sowie eine fundierte Investitionsplanung.