Die Krankenhausreform – Treiber für Transaktionen?

Aktuell ist eine deutliche Zunahme von Transaktionsaktivitäten am Krankenhausmarkt zu beobachten. Die Bewegründe für die Initiierung der dahinterstehenden Prozesse und Gespräche sind sowohl direkt als auch indirekt auf die Inhalte der angekündigten Krankenhausreform zurückzuführen. Allerdings verlaufen die Verfahren aktuell unter erhöhter Unsicherheit mit entsprechenden Herausforderungen innerhalb des Transaktionsprozesses.


Der Aufbau der Krankenhauslandschaft soll mit Hilfe der Krankenhausreform grundlegend umstrukturiert werden. Vorrangig geht es darum, die Patientenversorgung zu verbessern, die Leistungsangebote zu bündeln und die stationäre Versorgung durch ambulante Angebote zu ergänzen bzw. zu ersetzen. Das erscheint zeitgerecht, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich unter den großen Herausforderungen dieser Zeit (Fachkräftemangel, Digitalisierung, Fallzahlrückgang etc.) die finanzwirtschaftliche Lage der Krankenhäuser zunehmend destabilisiert.

Die Einführung des Pflegebudgets und die damit zusammenhängende Umstellung auf aDRG im Jahr 2020 haben – unter zusätzlichem Einfluss der Pandemie – zu teils erheblichen Budgetstaus und Definitionsfragen geführt, so dass die Sorge vieler Häuser berechtigt scheint, ob und wie die Einführung einer weiteren Umfinanzierung zeitnah und ohne Nachteile für die Häuser erfolgen kann. Ein weiteres Vorstrecken von Budgets wird für viele Krankenhäuser nicht möglich sein, da die meisten Häuser ihr Geldpolster weitestgehend abgeschmolzen haben. Auch Insolvenzen im Krankenhausbereich sind mehr und mehr Gegenstand der aktuellen Berichterstattung. Zunehmend wird daher unterstellt, die Reform solle auch ein indirekter Treiber zur „Bereinigung“ ganzer Krankenhäuser sein. Ein strukturierter und politisch vertretener Ausweg, indem Schließungsoptionen und deren Finanzierung aufgezeigt werden, ist bislang nicht innerhalb der Reform verankert und wird wenig öffentlich diskutiert.

Da dennoch eine Bestrebung der Träger wahrzunehmen ist, Leistungen und damit Budgets kontrolliert von A nach B zu verlagern, wird dies aktuell bereits von Trägerseite proaktiv im Wege von Übernahmen und Zusammenschlüssen mit einem nachgelagerten Abbau von Strukturen vorangetrieben. Vor diesem Hintergrund ist seit Ankündigung der Reform eine höhere Aktivität auf dem Transaktionsmarkt zu beobachten. Die dahinterstehenden Prozesse werden vorrangig aus zwei Gründen initiiert: aus finanzieller Not ohne konkrete Aussichten auf kurzfristige Hilfestellung in der Übergangsphase, teils sogar wegen bereits eingetretener Insolvenztatbestände, oder aber aus der Motivation heraus, sich frühzeitig zu positionieren und Marktpotenziale auszuweiten. Insbesondere durch die angestrebte Bündelung von Leistungen im regionalen Umfeld kann also von einem durchaus gewollten Transaktionsschub ausgegangen werden.

Jedoch verlaufen die Verfahren aktuell unter erhöhter Unsicherheit und entsprechenden Herausforderungen. Wo bislang vergangenheitsorientierte Analysen und detaillierte Businessplanungen Basis für eine fundierte Transaktionsentscheidung waren, können die aktuellen Reformpläne allenfalls medizinstrategisch und indikativ, nicht jedoch in dezidierten Zahlenwerken abgebildet werden, da wesentliche Parameter für die Berechnung zukünftiger Erlösstrukturen bislang nicht hinreichend definiert sind. Dies betrifft insbesondere die Höhe und Zuweisung der angestrebten Vorhaltefinanzierung und die Frage, wie Budgetverhandlungen auch unter Berücksichtigung von Leistungsverlagerungen zukünftig gestaltet werden können. Dies führt dazu, dass die ohnehin pandemiegeprägte Vergangenheit nicht mehr als Aufsatzpunkt für Planungszwecke zur Verfügung steht. Folglich ergeben sich zum Teil hohe Bewertungsspielräume sowie ein deutlich höherer Analyse- und Prognoseaufwand.

Kein Krankenhaus wird an der Überprüfung seiner medizinstrategischen Ausrichtung im Zuge der Krankenhausreform vorbeikommen. Insbesondere Häuser und Träger, die sich in Transaktionsgesprächen befinden, sind aufgerufen, sich frühzeitig insbesondere mit medizinstrategischen Fragestellungen, potenziellen Synergieeffekten sowie mit den erforderlichen Integrationskosten und Investitionen zu beschäftigen. Diese Überlegungen können aktuell nur unter der Annahme erfolgen, dass eine sinnvolle Ausrichtung von Leistungen im Sinne der gewollten Neuausrichtung der Krankenhauslandschaft sich auch wirtschaftlich vorteilhaft auswirken wird. Die Kosten der Umstrukturierung müssen jedoch bis zur Erreichung des angestrebten Zielbilds in der Regel vorfinanziert werden, da entsprechende Hilfen bislang nicht in Aussicht gestellt wurden.

Vor dem Hintergrund der angesprochenen Komplexität mit entsprechend hohem Analyse- und Prognoseaufwand, der jedoch für eine fundierte Transaktionsentscheidung unumgänglich ist, kann es nur sinnvoll sein, sich frühzeitig auf den Weg zu machen. Ein gut geführter Transaktionsprozess wird nach wie vor nicht über Nacht zu gestalten sein, so dass die Zeit sinnvoll genutzt werden sollte, die Vorteilhaftigkeit zunächst im medizinstrategischen Bereich zu überprüfen, das neue Zielbild, gegebenenfalls in unterschiedlichen Szenarien, indikativ in Zahlenwerken abzubilden und laufend auf Basis neuer Erkenntnisse entsprechend anzupassen und damit sukzessive zu konkretisieren.
 

Fazit

Ohne eine Konsolidierung von Leistungen gerade im regionalen Umfeld sind die gesteckten Ziele der Krankenhausreform nicht zu erreichen. Um den Kostenapparat insgesamt zu reduzieren und die verfügbaren Mittel auskömmlich werden zu lassen, müssen Strukturen zusammengelegt und insgesamt reduziert werden. Es ist davon auszugehen, dass dies von Trägerseite eher in starken Verbundstrukturen gestaltet wird als durch lose Kooperationen mit geringer Verbindlichkeit und Nachhaltigkeit. Die neu geschaffene Ausgangslage bietet den Häusern also durchaus einen starken Anreiz für Übernahmen und Zusammenschlüsse. Für wirtschaftlich schwächere Häuser drängt die Zeit, weshalb sich viele Träger trotz Planungsunsicherheiten in Bezug auf konkrete Umsetzungsfragen in einen Transaktionsprozess wagen. Entsprechend ist von einer Fortsetzung der Dynamik am Transaktionsmarkt auszugehen – wünschenswerterweise mit einer auf der Zeitachse zunehmenden Umsetzungssicherheit für die agierenden Träger.

Autorin
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Leitung Geschäftsfeld Transaktion und Unternehmensbewertung

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