Die Gemeinnützigkeit bleibt eine nationale Angelegenheit

Theoretisch können auch ausländische Körperschaften gemeinnützig im Sinne des deutschen Steuerrechts, der deutschen Abgabenordnung sein. Praktisch ist das aber kaum durchsetzbar, weil die jeweilige ausländische Satzung zugleich auch noch die deutschen Anforderungen an die formelle Satzungsmäßigkeit erfüllen muss. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat diese Rechtslage jüngst bestätigt und weitere Klarheit gebracht, zugleich aber auch weitere Hürden bezeichnet (BFH, Urteil vom 18. August 2022 – V R 15 / 20).

 

BFH bestätigt Rechtslage

Zu entscheiden war über eine von Todes wegen errichtete Stiftung mit Sitz in Österreich, die nach österreichischem Recht errichtet und in das dortige Stiftungs- und Fondsregister eingetragen wurde. Die Stiftung verfolgt laut Satzung ausschließlich mildtätige und gemeinnützige Ziele „im Sinne der österreichischen Bundesabgabenordnung“. Zweck der Stiftung ist die Förderung von Kunst und Kultur durch Unterstützung von bedürftigen Künstlern (Geldleistung) und von juristischen Personen und Personengesellschaften, die entsprechende Veranstaltungen durchführen. Während die Klage vor dem Finanzgericht noch Erfolg hatte und das Finanzamt verpflichtet wurde, die formelle Satzungsmäßigkeit festzustellen, nahm die Revisionsinstanz dieses Ergebnis wieder zurück.

Der BFH stellte erneut fest, dass das Unionsrecht und insbesondere die Grundfreiheiten die Mitgliedsländer nicht verpflichten, den gemeinnützigen Status einer ausländischen Körperschaft anzuerkennen (bereits BFH, Urteil vom 25. Oktober 2016 – I R 54/14). Maßstab der Prüfung, ob die formelle Satzungsmäßigkeit gemäß § 60a Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung gegeben ist, ist das nationale Recht – unabhängig vom Sitz der Körperschaft. Es steht den Mitgliedstaaten frei zu entscheiden, welche Zwecke und Ziele sie durch die Gewährung der Steuervergünstigung fördern will. Vor der Anerkennung der Gemeinnützigkeit dürfen sie prüfen, ob die Stiftung die nach nationalem Recht vorgeschriebene Voraussetzung für die Befreiung erfüllt. Dabei genügt es für die Überprüfung der formellen Satzungsmäßigkeit im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 AO – anders als das Finanzgericht dies zunächst festgestellt hatte – nicht, dass die ausländische Satzung materiell vergleichbare Festlegungen enthält. Vielmehr fehlte im vorliegenden Fall im ausländischen Recht eine Entsprechung zu § 53 AO und den dortigen Festlegungen zu hilfsbedürftigen Personen. Die Festschreibung in der Satzung durch die möglichst genaue Beschreibung des Satzungszwecks und der Art seiner Verwirklichung soll es den Finanzbehörden ermöglichen, die Voraussetzungen der Steuerbegünstigung leicht und einwandfrei zu überprüfen. Dies gelingt nicht, wenn – wie hier – in der Satzung auf ausländische Regelungen (hier: die österreichische Bundesabgabenordnung) verwiesen wird, die vom nationalen Recht abweichen.

Dadurch ist mit der Benennung der „österreichischen mildtätigen Zwecke“ ohne Entsprechung der in Deutschland diesbezüglich geltenden Regelungen ein weiterer, nicht gemeinnütziger Zweck in der Satzung enthalten. Die Nennung nicht gemeinnütziger Zwecke neben gemeinnützigen Zwecken führt aber insgesamt dazu, dass die Gemeinnützigkeit nicht gewährt wird – das Ausschließlichkeitsgebot des § 56 AO verlangt ausschließlich gemeinnützige Zwecke in den Statuten einer als steuerbegünstigt anerkannten Körperschaft.


Fazit


Dass es schon bislang schwierig bis kaum möglich war, in einer ausländischen Satzung die formellen Anforderungen für die Gemeinnützigkeit nach deutschem Recht niederzulegen, ist nicht neu. Das Urteil dokumentiert aber nochmals in besonderer Weise die Schwierigkeiten und die Genauigkeit, mit welcher die deutschen Finanzämter und Finanzgerichte an diese Frage herangehen (müssen): Es genügt nicht, irgendwie dem deutschen Gemeinnützigkeitsrecht nahezu zu kommen, sondern die Ausführungen müssen klar und eindeutig den deutschen abgabenrechtlichen Vorschriften entsprechen. Unklarheiten gehen dabei zulasten der Satzung – gemeinnützig gemeinte Zwecke können zu steuerpflichtigen Zwecken werden und wegen des Gebotes der Ausschließlichkeit dann insgesamt die Gemeinnützigkeit verhindern. Dies ist eigentlich nicht überraschend – diese Grundsätze werden tagtäglich bei der Beurteilung nationaler Körperschaften angewandt. Es zeigt aber, dass eine ausländische Körperschaft in der Praxis kaum den deutschen Anforderungen gerecht werden kann, jedenfalls solange sie sich auch oder hauptsächlich im ausländischen Rechtskreis bewegt, der andere Anforderungen an die Satzung stellt. Ohne entsprechende Beratung im Vorfeld werden sich in den meisten Fällen die deutschen und die nationalen bzw. internationalen Anforderungen im Wege stehen.

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Steuerberaterin, Partnerin, Leitung KompetenzTeam Steuern Köln

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