Wahlleistungsvereinbarungen unterliegen strengen Wirksamkeitsvoraussetzungen und werden daher seit jeher von den privaten Krankenversicherungen genau unter die Lupe genommen. Im Rahmen der Wahlleistungsvereinbarungen gilt der strikte Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung durch den benannten Wahlarzt. Dieser kann sich nur dann von seiner Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung befreien, wenn er die Ausführung der Kernleistungen zuvor wirksam auf einen Stellvertreter übertragen hat. Bei einer vorhersehbaren Verhinderung geschieht das in Form einer Individualvereinbarung. Eine weitere auf dem Vormarsch befindliche Gestaltungsvariante stellt die Konstellation des sog. „gewünschten Wahlarztes“ dar, wenn also der Patient ausdrücklich die Leistungserbringung durch einen bestimmten Arzt wünscht. Dass solche Vereinbarungen über „gewünschte Stellvertreter“ nicht per se unwirksam sind, hat zuletzt das Landgericht (LG) Regensburg festgestellt (Urteil vom 22. Februar 2022 – 23 S 63/21).
Der Fall
Ein Privatpatient befand sich wegen einer kardiologischen Erkrankung in vollstationärer Behandlung in der später von seiner privaten Krankenversicherung verklagten Klinik. Geplant war ein Eingriff in Form einer elektrophysiologischen Untersuchung (EPU). Vor Behandlungsbeginn wurde vom Patienten eine Behandlungs- und Honorarvereinbarung über stationäre ärztliche Leistungen abgeschlossen. Unter der Überschrift „Patientenerklärung bei gewünschter Stellvertretung2 war festgehalten, dass der Patient ausdrücklich die EPU als wahlärztliche Behandlung durch eine bestimmte Oberärztin als gewünschte Stellvertreterin und nicht durch den Chef- bzw. Wahlarzt wünschte. Im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt wurden dem Patienten die wahlärztlichen Leistungen in Rechnung gestellt und von diesem bezahlt. Kurz darauf verlangte seine private Krankenversicherung den Rechnungsbetrag allerdings mit der Begründung zurück, dass die Wahlleistungsvereinbarung unwirksam sei, da sie gegen § 17 Abs. 3 KHEntgG verstoße. In dem sich anschließenden Rechtsstreit folgte das Amtsgericht Regensburg dieser Argumentation, gab der Klage der Krankenversicherung statt und verpflichtete das Krankenhaus zur Rückzahlung. Das Krankenhaus legte Berufung ein und hatte Erfolg.
Die Entscheidung
Das LG Regensburg stellte klar, dass eine „gewünschte Stellvertretung“ des Chefarztes durch einen Wahlarzt grundsätzlich und unter engen Voraussetzungen als zulässig angesehen werden kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) habe die Möglichkeit des Wahlarztes, sich im Bereich der wahlärztlichen Leistungen vertreten zu lassen, mit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit begründet. Wenn eine Stellvertretervereinbarung im Wege der Individualvereinbarung geschlossen werde, bestünden gegenüber dem Patienten allerdings besondere Aufklärungspflichten, bei deren Verletzung dem Honoraranspruch des Wahlarztes der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegenstehe. Eine Verhinderung des Chefarztes sei für die Stellvertretung nicht entscheidend. Zudem würde es den Sinn und Zweck einer Wahlleistungsvereinbarung konterkarieren, wenn ein Patient sich nicht von seinem Wunscharzt behandeln lassen könnte bzw. wenn er darauf keinen Anspruch hätte. § 13 Abs. 3 KHEntgG lege lediglich den Kreis der liquidationsberechtigten Wahlärzte und der hieraus folgenden Wahlarztkette fest, nicht aber die Zulässigkeit von Stellvertreterregelungen. Allerdings seien an eine derartige Vereinbarung strenge Anforderungen zu stellen. Insbesondere müsse der Patient hinreichend aufgeklärt werden, außerdem seien hinreichende Qualitätsanforderungen an den behandelnden, den Chefarzt vertretenden Arzt, zu stellen. Denn erst die herausgehobene ärztliche Qualifikation oder eine besondere Vertrauensbeziehung zum Patienten rechtfertige die Zahlung eines zusätzlichen Entgelts.
Fazit
Die Variante des „gewünschten Wahlarztes“ wird von den Gerichten immer häufiger als wirksame Vertragsgestaltung akzeptiert. Diese Entwicklung ist zu begrüßen, da sie der Vertragsfreiheit, vor allem aber dem primären Wahlrecht des Patienten gerecht wird. Allerdings wurde diese Gestaltungsvariante bislang noch nicht durch den BGH bestätigt. Insoweit kann das Urteil des LG Regensburg zwar durchaus den privaten Krankenversicherungen bei Zahlungsverweigerung entgegengehalten werden, sollte aber nicht dazu führen, die Variante des „gewünschten Wahlarztes“ pauschal anzubieten. Vielmehr sollte diese Variante stets an den hohen Anforderungen gemessen und für jeden Einzelfall geprüft werden, ob der gewünschte Stellvertreter über eine herausgehobene ärztliche Qualifikation verfügt bzw. zwischen ihm und dem Patienten eine besondere Vertrauensbeziehung besteht. Der Wunsch des Patienten muss auf jeden Fall ausreichend schriftlich vereinbart und dokumentiert werden. Gerne sind wir Ihnen bei der Erstellung einer entsprechenden Vereinbarung bzw. Klausel behilflich.