Der CO2-Fussabdruck im Nachhaltigkeitsbericht

Nach den Vorgaben der CSRD muss die Berichterstattung zukünftig auch Angaben umfassen, die für das Verständnis der Auswirkungen der Tätigkeiten des Unternehmens im Hinblick auf Umweltaspekte (Environmental) erforderlich sind. Die Nutzer des Lageberichtes müssen demnach verstehen, welche Auswirkungen die Gesundheitseinrichtung auf den Klimawandel hat.

In diesem Zusammenhang erfordert der Berichtsstandards ESRS E1 Climate change erstmalig die Erfassung des CO2-Fussabdruckes (auch GHG-Emissionen genannt). Da die Gesundheitseinrichtungen mit rund 5 % einen signifikanten Anteil an den THG-Emissionen haben, wird der Branche in den nächsten Jahren sicherlich im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung stehen.

 


Offenlegung der Klimastrategie

Der von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelte Berichtsstandard ESRS E1 fordert aktuell u.a. die Offenlegung

  • der unternehmensbezogenen Klimapolitik und -ziele
  • der Treibhausgasemissionen der Gesundheits- und Sozialunternehmen („CO2-Fussabdruck“)
  • einer Darstellung der Maßnahmen zur Emissionsreduzierung
  • der wesentlichen Risiken und Chancen des Klimawandels auf das Geschäftsmodell

Die aufgeführten Schwerpunkte zielen darauf ab, die Umweltauswirkungen von Unternehmen besser zu erfassen und zu bewerten sowie deren Maßnahmen zur Förderung der Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit transparenter zu machen. Im Kern der Betrachtung steht hierbei der CO2-Fussabdruck der Gesundheitseinrichtung. Anhand der Angaben muss demnach beispielsweise nachvollziehbar sein, wie hoch die Emissionen der Gesundheitseinrichtung sind und wie diese reduziert werden sollen.

Die Informationsbeschaffung bzw. die Implementierung der standardkonformen Berichterstattung wird erfahrungsgemäß einen erheblichen zeitlichen Vorlauf in den Bereichen Controlling, Facilitymanagement und Finanzbuchhaltung benötigen. Eine wichtige Frage ist nun, wie sich die Fachabteilungen und Geschäftsführung auf die neuen Herausforderungen einstellen können. 
 

Berichterstattung über Treibhausgasemissionen

Im Rahmen der Berichterstattung sieht der Standard vor, dass die Unternehmen ihren CO2-Fussabdruck – in Form der direkten und indirekten Treibhausgasemissionen - darstellen. Anhand dieser Angaben sollen die Unternehmen ihre Umweltauswirkung messen und einen Vergleich zu anderen Einrichtungen ermöglichen. Im Kern müssen Gesundheitseinrichtungen die folgenden Bereiche im Blick haben: 

  • Treibhausgasemissionen: Gesundheitseinrichtungen müssen ihre direkten (Scope 1) und indirekten (Scope 2 und Scope 3) Treibhausgasemissionen offenlegen. Dies umfasst beispielsweise CO2, Methan und Lachgas. Die Offenlegung wird in Form von absoluten Emissionen sowie in Relation zum Umsatz erfolgen.
  • Energieverbrauch: Die Unternehmen müssen über ihren Gesamtenergieverbrauch (in kWH) berichten. Dies beinhaltet Informationen über den Verbrauch von Strom, Gas, Öl und anderen Energieträgern.
  • Bezogene / eingesetzte Verbrauchsmaterialien, Lebensmittel und Medikamente: Die Einrichtungen müssen auch den CO2-Fussabdruck der eingesetzten Lebensmittel und Materialien ermitteln und ggf. Anpassungsstrategien (z.B. regionaler Lebensmittelbezug; Reduzierung Fleisch, nachhaltigere Lieferanten etc.) prüfen.

In der aktuellen Fassung sieht der Standard vor, dass Unternehmen mit weniger als 750 Beschäftigten im ersten Berichtsjahr auf die Offenlegung von Scope-3-Treibhausgasemissionen verzichten können. Darüber hinaus können bei sämtlichen Unternehmen Angaben über die erwarteten finanziellen Auswirkungen von wesentlichen Risken, Übergangsrisiken und klimabezogenen Chancen im ersten Jahr unterbleiben.
 

Greenhouse Gas (GHG) Protocol

Fraglich ist nun, wie diese Informationen systematisch erfasst werden sollen.

In der Praxis wird u.a. das Greenhouse Gas (GHG) Protocol als Standard zur Ermittlung der Emissionen zugrunde gelegt. Im Kern werden hierbei zur Bilanzierung von Emissionen folgende Klassifizierungen vorgenommen:

  • Scope-1-Emissionen: direkte Emissionen aus eigenen oder kontrollierten Quellen (eigene Erzeugung von Strom und Wärme; Transport mit eigenen Fahrzeugen etc.)
  • Scope-2-Emissionen: direkte Emissionen aus der Erzeugung zugekaufter Energie (erworbener Strom, Wärme etc.)
  • Scope-3-Emissionen: alle indirekten Emissionen, die in der Wertschöpfungskette des Unternehmens anfallen, einschließlich vor- und nachgelagerter Emissionen (u.a. eingekaufte Lebensmittel, Medikamente, Anfahrt / Abreise zur Einrichtung, Dienstreisen etc.)

Im Rahmen der Erfassung, Konsolidierung und Analyse des Energieverbrauchs sind weitere Vorgaben zu beachten:

  • In Konzernstrukturen werden, soweit eine betriebliche Kontrolle vorliegt, auch die GHG-Emissionen von Gemeinschaftsunternehmen und nicht konsolidierten Tochterunternehmen vollumfänglich einbezogen.
  • Gekaufte Kohlenstoffgutschriften oder GHG-Zertifikate werden nicht in die Berechnung des Brutto-Scope 1,2,3 einbezogen. 
  • Zur Berechnung der Emissionen gibt es u.a. Emissionsdaten des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) sowie Emissionsfaktoren der Energieversorger und weitere Datenbanken.

Erste Praxishinweise, auch zur Entwicklung von konkreten Zielen zur Reduktion der klimarelevanten Emissionen, können Erstanwender in den bisher veröffentlichten Nachhaltigkeitsberichten finden. Hierbei ist zu beachten, dass in der Regel noch nicht alle Emissionen erfasst und veröffentlicht wurden.  
 

Erfassung der Emissionen

In den nächsten Jahren muss im Bereich der Gesundheitseinrichtungen eine systematische Datenerfassung der Umweltdaten etabliert werden. Hierbei werden auch Unternehmensbereiche miteinbezogen, die bisher nur wenige Berührungspunkte mit dem Jahresabschluss hatten. Im Rahmen einer Bestandsaufnahme werden die vorhandenen Daten analysiert (Kernfrage: sind die für die CSRD relevanten Informationen vorhanden). Bei Bedarf müssen geeignete Mess- und Datenerfassungssysteme implementiert werden. 

In der Praxis müssen die Fachbereiche Rechnungswesen, Facility Management, Küche, Einkauf die entsprechenden Emissionsquellen identifizieren und die notwendigen Daten anhand von belastbaren Rechnungen, Nebenkostenabrechnungen sowie Reports der Lieferanten etc. zusammentragen.  

Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Unternehmensbereichen ist entscheidend, um eine umfassende Datenerfassung zu gewährleisten. Die Daten sollten regelmäßig aktualisiert und analysiert werden, um Fortschritte zu verfolgen, Bereiche mit Optimierungspotenzial zu identifizieren und gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltleistung zu entwickeln.

Insbesondere die systematische und vollständige Ersterfassung ist von enormer Bedeutung. Fehlerhafte Veröffentlichungen des CO2-Fussabdruckes können ggf. schnell den Vorwurf des Greenwashing zur Folge haben.
 

Handlungsdruck steigt

Durch die Erfassung und Prüfung der THG-Emissionen werden die Auswirkungen der Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen auf die Umwelt erstmalig deutlich und vergleichbar.

Der Handlungsdruck, den CO2-Fussabdruck in den nächsten Jahren deutlich zu reduzieren, wird ab 2025 deutlich zunehmen. Die Entscheidungsträger haben in den nächsten Jahren noch die Möglichkeit, entsprechende Reduzierungsmaßnahmen (energetische Sanierungen, Optimierung Lebensmitteleinsatz, nachhaltige Einkaufsstrategie etc.) einzuleiten und gegenzusteuern.

Im Fokus der finanziellen Betrachtung wird hier v.a. die Frage stehen, ob die jeweilige Einrichtung den Versorgungsauftrag im aktuellen Immobilienbestand nachhaltig sicherstellen kann. Insbesondere Banken, Kostenträger, Gesellschafter und die Beschäftigten werden hier fundierte Daten und Lösungsansätze fordern.  
 

Umsetzung im Jahr 2023 starten 

Aufgrund der knappen Zeitschiene und der Komplexität einer CSRD-konformen Berichterstattung ist es ratsam, bereits 2023 u.a. die Anforderungen des ESRS E1, in Abstimmung mit einem branchenerfahrenen Abschlussprüfer, näher zu betrachten. Hierdurch wird sichergestellt, dass alle wesentlichen Indikatoren Beachtung finden und adressiert werden. 

Die Implementierung der „umweltbezogenen“ Nachhaltigkeitsberichterstattung bedingt eine Überprüfung bestehender Abläufe in den Fachbereichen Facilitymanagement, Beschaffung und Abfallmanagement und der Verwaltung insgesamt. So wird es zur Bereitstellung der geforderten Kennzahlen unvermeidbar sein, organisatorische Verfahrensanweisungen im Hinblick auf die Anforderungen der ESRS E1 zu modifizieren.

 

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